1. Juni 2019 - Seattle
Hm, das war eine… sagen wir mal... abwechslungsreiche Nacht. Draußen auf der Straße war ganz schön viel los, und dank der schlecht isolierten Fenster durfte ich am Großteil davon zumindest akustisch teilnehmen. Autos, Sirenen, Besoffene mit ausgeprägtem Mitteilungsbedürfnis und erstaunlich umfangreichem Wortschatz… Gegen zwei Uhr früh hat irgendein Typ lautstark mit einem anderen Typen Schluß gemacht, wenn ich das richtig verstanden habe…
Gegen vier fotografiere ich mal die Szenerie draußen…
…und schlafe dann bis sechs weiter. Huch, das Columbia Center ist verschwunden!
Gegen sieben schaue ich erstmal am Lobby-Computer ins Forum und gehe dann in den Frühstücksraum, der relativ übersichtlich ist (und leider sind einige Tische von Leuten besetzt, die längst fertig sind, aber noch an ihrem Handy rumspielen müssen ). Das Angebot, obwohl nur Continental, ist sehr umfangreich – es gibt Waffeln, Bagels, Toast, Muffins, süße Teilchen, sogar abgepackte Frühstücksburger aus dem Warmhaltedingens, verschiedene Cereals, Joghurt, Mandel- und Sojamilch, Berries, Granola und und und – leider alles abgepackt in Miniplastikpäckchen, aber immerhin gibt’s echtes Geschirr.
Weil es danach draußen immer noch trüb und neblig ist (dabei hatte man mir Sonne versprochen), laufe ich erstmal zu Fuß los und erkunde den Pipi… äh… Pioneer Square.
Danach geht’s kreuz und quer durch den historischen Kern der Stadt. Ganz nette alte Gebäude hat’s hier, und für die braucht man nicht unbedingt strahlenden Sonnenschein. Am Occidental Square gerate ich fast in eine Obdachlosenfütterung…
Ein Stück weiter befindet sich der Waterfall Park, ein nettes, idyllisches Fleckchen mitten in der Großstadt an der „Geburtsstätte von UPS“. Hammer. Hier lege ich ein kleines Päuschen ein, bis ein halbes Dutzend Chinesen auftaucht, das sogar das Geräusch des Wasserfalls übertönt…
Mehr durch Zufall lande ich im Klondike Goldrush NHP und schaue mich dort ausgiebig um. Es gibt sogar eine kleine Goldwasch-Demonstration eines gut informierten Rangers.
Anschließend geht’s zurück Richtung Pioneer Square...
...und dort auf einen Blick (oder zwei) zu Utilikilts – schon ein bißchen schräg, das Ganze.
Apropos schräg, schräg gegenüber entdecke ich eine ATM der U.S. Bank, die ich gleich mal (ganz legal!) um 200$ Cash erleichtere. Sehr viel mehr als die 3$ für das Bahnticket gestern hatte ich ja auf der Anreise nicht dabei.
Dann laufe ich das kurze Stück zum Hotel zurück in der Absicht, auf das kostenlose Waterfront Shuttle zu warten, das wegen der Abrißarbeiten des Viaducts von der Stadt angeboten wird und das praktischerweise eine Haltestelle direkt vor dem Hotel hat. Allerdings muß ich gar nicht warten, denn das Shuttle kommt in dem Moment, als ich die Haltestelle erreiche. Mit dem extrem gesprächigen Fahrer namens Mike (dem ein Antiaggressionstraining im Straßenverkehr nicht schaden würde) geht’s erstmal um einige Ecken in die „Altstadt“ und Chinatown und dann am Wasser entlang gen Norden. So langsam füllt sich das Shuttle – gut, daß ich an einer der ersten Haltestellen eingestiegen bin! Die meisten wollen zur Space Needle, aber mein Ziel ist der Olympic Sculpture Park, denn erstens kenne ich ja die Needle schon, und zweitens würde es sich jetzt nicht lohnen, raufzufahren, denn bei dem Nebel würde man eh nichts sehen.
Der Sculpture Park ist nicht unnett, auch wenn ich mit der „Kunst“ nicht wirklich viel anfangen kann. Für einen Adler mit vier Beinen braucht man offenbar noch mehr Fantasie als bei mir vorhanden ist…
Während ich mich auf einen der fotogenen roten Stühle setze und ein bißchen People Watching betreibe, kommt doch tatsächlich innerhalb von ein paar Minuten die Sonne raus. Na also, geht doch!
Weil’s gerade so schön ist, laufe ich am Wasser entlang noch ein Stück weiter bis zu einem gewissen Myrtle Edwards Park, wo es sogar einen kleinen Strand gibt. Hier ist angenehm wenig los, hauptsächlich Locals. Und man sieht von einigen Stellen aus Pier 91, wo ich übermorgen auf große Fahrt gehen werde. Da liegt sogar schon eins der Käseschiffe von HAL am Dock…
Mein Rücken spielt dank Infiltration sehr gut mit, deshalb laufe ich an der Waterfront zurück und verzichte auf das Shuttle. Wenn’s läuft, dann läuft’s. Die Kitschhochburg Miners Landing schaue ich mir ebenso an wie das Riesenrad und die Abbrucharbeiten am Viaduct.
Am City Dock liegt die Norwegian Joy, einer dieser Riesenpötte, auf die man mich nicht für viel Geld kriegen würde.
Gegen halb drei bin ich wieder im Hotel, wo erstmal ein Päuschen angesagt ist. Auf der Straße fahren ständig Rikschas mit dröhnender „Musik“ vorbei; die Fahrer sind teilweise sogar maskiert (möglicherweise hat Batman aber auch einen Nebenjob gebraucht).
Etwas später raffe ich mich nochmal auf und gehe wieder runter zum Shuttle, auf das ich diesmal etwas länger warten muß. Juhu, der Fahrer ist wieder Mike… Bis wir die Space Needle erreichen, ist es sechs, und weil das letzte Shuttle um halb acht fährt, verichte ich darauf, hochzufahren. Macht ja auch keinen Spaß, wenn man dauernd auf die Uhr schauen muß. Stattdessen bummle ich ausgiebig auf dem Gelände des Seattle Center herum...
...gucke eine Weile den kleinen und großen Kids beim Springbrunnen zu...
...umrunde das MoPop und sehe auf diese Weise deutlich mehr als 2014.
Um viertel nach sieben bin ich schließlich wieder an der Shuttle-Haltestelle. Diesmal kommt nicht Mike, und weil jetzt weniger Verkehr ist, geht’s geringfügig schneller, bis ich das Hotel erreiche. Bin total happy, daß mein Rücken so gut mitgespielt hat – bestimmt habe ich heute ca. 5 Meilen geschafft, das sind mindestens 4½ mehr als sonst. Allerdings hat mich die Sonne heute im Gesicht ganz schön erwischt, und dank Sonnenbrille sieht das schon wieder aus wie die österreichische Flagge…
Heute halte ich es immerhin schon fast bis zehn aus. Geht doch. Zum Anschluß gibt‘s nochmal ein Foto von der Aussicht.