Tag 5
15.9.2024
Ilulissat
Teil 2
Nachdem ich nach der grandiosen Bootstour im Eisfjord im wahrsten Sinne des Wortes wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen bin, fahre ich mit dem von Seabourn bereitgestellten Shuttlebus zum Isfjordscenter, einem supermodernen Gebäude, das gleichzeitig Ausstellungshalle, Besucherzentrum und Ausgangspunkt mehrerer Wanderungen ist.
Eintritt muss ich nicht bezahlen, das hat Seabourn schon übernommen. Bevor man sich darin umsehen kann, muss man allerdings entweder die Straßenschuhe gegen bereitstehende Puschen tauschen oder in ein Paar Plastiküberzieher schlüpfen. So kann man auch Reinigungskosten sparen.
Besonders viel gibt‘s hier nicht zu sehen - man könnte sich einen Film über den Eisfjord anschauen, aber mich zieht‘s nach draußen, denn das Wetter ist gut und es gibt da ja noch etwas zu sehen, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Erstmal kaufe ich aber noch einen 100% biologischen Lippenpflegestift, weil ich seit ein paar Tagen dank der niedrigen Luftfeuchte ziemlich trockene Lippen habe. Kostet umgerechnet stolze 6 Euro, aber das bleibt auch erstmal das einzige Souvenir. Ein paar Kunstwerke, die an Eisberge erinnern sollen, schaue ich mir schnell noch an, bevor ich das Gebäude wieder verlasse.
Gleich draußen beim Parkplatz beginnt ein etwa eineinhalb Kilometer langer Boardwalk, von dessen Ende man einen tollen Blick auf den Eisfjord haben soll. Klingt erstmal wie ein netter kleiner Spaziergang, aber der Weg führt auf dem Hinweg fast nur bergab, und leider gibt es auf der gesamten Strecke keine einzige Bank oder irgendeine andere Sitzgelegenheit. Mein Rücken ist mal wieder begeistert, vor allem nachdem ich bei der Bootstour heute ohnehin schon etwa eineinhalb Stunden im Stehen verbracht habe, was er gar nicht mag.
Die Schönheit der auf den ersten Blick kargen Tundralandschaft und der Blick auf den Eisfjord macht aber vieles wett.
Besonders faszinierend finde ich ja die kleinen Details, die robusten und teilweise schon herbstlich gefärbten Pflänzchen und die flauschigen Wollweiden, die ich im Mai auch schon auf Island gesehen habe.
Am Ende des Weges geht‘s noch über eine Treppe bergauf, und von dort kraxle ich ein Stück über die Felsen, bis ich einen idealen Blick auf den auch vom Land aus beeindruckenden Eisfjord habe. Wow, da hat sich die Anstrengung doch absolut gelohnt!
Nachdem ich auf einem der Felsen ein Päuschen eingelegt, dem Rücken etwas Entspannung gegönnt und den wunderbaren Ausblick in Kombination mit der unglaublichen Stille ausgiebig genossen habe, nehme ich den Rückweg - natürlich jetzt alles bergauf - in Angriff. Auch wieder ein echter Härtetest für mein Kreuz.
Nach insgesamt zwei Stunden bin ich wieder am Ausgangspunkt und mehr als pünktlich für das letzte Shuttle um viertel nach vier, das mich und ein paar andere Passagiere zuverlässig zum Hafen zurückbringt.
Mit dem Zodiac geht‘s zurück zur Venture. Die legt etwa eine Stunde später auch schon ab, dümpelt aber noch eine Weile vor der grandiosen Kulisse des Eisfjords herum. In dem kleinen Boot war es natürlich noch beeindruckender, aber auch jetzt kann ich mich nicht losreißen und verpasse so auch das Briefing für den nächsten Tag. Das gibt‘s aber ohnehin demnächst auch als Aufzeichnung über den Fernseher in der Kabine zu sehen, daher ist das nicht so schlimm. Man muss schließlich Prioritäten setzen.
Ein Stück des Trails, den ich heute nachmittag gemacht habe, ist auch zu erspähen.
Zwischendurch schaue ich auch mal in der Constellation Lounge vorbei, wo es ein paar Häppchen gäbe, aber ich will mir ja nicht den Appetit aufs Abendessen verderben.
Dann versichere ich mich, dass die Zodiacs gut verstaut sind.
Zum Abendessen stehe ich aber pünktlich auf der Matte. Heute bin ich zusammen mit ein paar anderen, unter ihnen Sandy, am Tisch von Cruise Director Olivia eingeladen. Mittlerweile habe ich richtig Kohldampf (schließlich ist ja das Lunch ausgefallen), und ausgerechnet heute dauert‘s besonders lang. Bin ich bei Seabourn gar nicht gewohnt. Aber das Essen ist wie immer lecker; es gibt isländisches Fish & Seafood Stew (mit mehr Gemüse als Fisch und Meeresfrüchten), Lachs und als Nachtisch ein Stück vom Geburtstagskuchen von Sandy, die heute ihren 80. feiert, was sie uns bis zuletzt verschwiegen hatte.
Nach dem Essen geht‘s noch ans Reisetagebuchschreiben, bei dem ich nach diesem gut gefüllten Tag mit viel frischer Luft schon fast einschlafe. Glücklicherweise habe ich morgen nicht ganz so viel vor!
Today‘s Trivia
Wusstet ihr, dass der Eisberg, mit dem die Titanic zusammengestoßen ist, höchstwahrscheinlich aus dem Ilulissat-Eisfjord stammte? Der Gletscher Sermeq Kujalleq, von dem der Fjord hauptsächlich gespeist wird, ist einer der aktivsten Gletscher der Welt. Jeden Tag kalben etwa 70 Millionen Tonnen Eis in den Fjord!