Sonntag, 20.9.15: Auf Shafer Trail und Potash Road
Der erste ganze Sonntag im Südwesten! Für heute habe ich mir vorgenommen, kein Programm abzuspulen. Alles auf mich zukommen lassen und gemächlich angehen. So beginne ich bereits beim Frühstück im Hotel. Später checke ich draussen gemütlich das Wetter und die nähere Umgebung. Der Himmel lässt keine Wünsche übrig. Was also tun?
Obwohl Moab seit Jahren fast immer Bestandteil meiner Südwest-Reiserouten gewesen ist, bin ich die spektakuläre Dirtroad über den Shafer Trail und die Potash Road, welche vom Canyonlands NP dem Colorado River entlang nach Moab zurück führt, bisher noch nie gefahren. Irgend etwas ist immer dazwischengekommen. Das wär doch was für heute! Im Hotel bleiben kommt auch an einem «Ruhetag» nicht in Frage.
So besorge ich mir im nahen City Market alles, was zu einem guten Picknick gehört, auch eine Riesenpackung Wasser und verstaue es im Fond meines Wagens. Nachdem beim Patriot der Tank aufgefüllt ist, kann`s losgehen. Zuerst auf der 191 Richtung Norden, dann bei der Abzweigung zum Canyonlands NP die UT 313 nehmen. Die Bergstrecke zum Nationalpark hinauf erlebe ich immer als Vergnügen: wunderschöne Landschaft und breite Strasse mit zahlreichen, schön angelegten Kurven: ein grosser Fahrspass.
Innerhalb des Parks klappere ich zuerst verschiedene Viewpoints ab. Ich will die Gegend, die ich bald befahren werde, zuerst von oben betrachten.
Vom Shafer Canyon Overlook lässt sich der Streckenverlauf schön einsehen. Der Trail mit den zahlreichen Switchbacks sieht vielversprechend aus.
Nun fahre ich ein Stück zurück. Im Visitor Center will ich mich zur Sicherheit über den Zustand von Shafer Trail und Potash Road informieren. «Alles bestens», meint der Ranger, als er hört, womit ich unterwegs bin, «nur zu!»
Eine kleine Strecke talwärts zweigt der Shafer Trail nach rechts ab. Offiziell heisst die Road «Lower Colorado Scenic Byway». Die Berechtigung für diese Ehrenbezeichnung werde ich unterwegs bestens erkennen. Hier oben befinde ich mich auf 1804 Metern über Meer. Die Strecke führt nach 5 Meilen Shafer Trail und 13 Meilen Potash Road am Ende nach Moab (1227 m.ü.M.) zurück. Nach den ersten paar Metern warnt ein Schild deutlich vor den Gefahren der Strecke.
Kein Wunder, trauen sich viele Leute nicht auf diese Strecke. Bei mir steigert sich die Lust, solche Strecken zu befahren, interessanterweise mit jeder Südwestreise.
Nach einem flachen Beginn führt das Strässchen nun in den engen Kessel und dort über zahlreiche Kehren steil hinunter. Auf kurzer Strecke wird hier ein grosser Höhenunterschied bewältigt.
Im Talgrund verläuft dann die Strecke erstmal recht geradeaus weiter.
Unterwegs kommt mir der eine oder andere Biker entgegen. Alle Achtung für diese Leistung! Müsste ich selber aber nicht wirklich haben. – Andere Autos dagegen sind auf dem Trail kaum zu sehen.
Die kurvenreiche Fahrt nach unten bereitet viel Spass. Wer oft auf Alpensträsschen unterwegs ist, redet hier – zumindest bei die Bedingungen, die heute herrschen – sicher nicht von einer allzu gefährlichen Strecke.
Von unten gesehen mag es kaum glaublich erscheinen, dass ein Weg durch den Kessel hinunter führt.
Nachdem das Gelände flach geworden ist, zweigt die Potash Road nach links ab. Geradeaus führt der White Rim Trail zuerst ein Stück weit dem Colorado River entlang.
Auch so eine Strecke, die mich ungemein reizt. Es ist aber im Normalfall eine 2-Tage-Tour, und Campen nicht so mein Ding. So fahre ich denn gern auf der Potash Road weiter. Nach wenigen Minuten gelange ich an die Stelle, wo die Schlussszene von «Thelma und Louise» gedreht wurde. Diese Traumlocation ist der richtige Ort für mein Picknick. Ich lasse den Patriot unweit des Colorado-River-Abgrunds stehen und bewege mich so weit wie möglich auf eine Klippe hinaus, bis ich fast direkt über dem mächtigen Fluss stehe. Welch ein Ausblick bietet sich mir:
Aber der gefährliche Standort auf dem Felsvorsprung ermöglicht noch eine andere Perspektive: Mit passender Brennweite lässt sich beinahe die ganze Breite des Colorado-Goosenecks einfangen. An dem entstandenen Bild freue ich mich sehr, denn diese Ansicht sieht man im weltweiten Web eher selten.
Etwas weiter zurück, wo keine Absturzgefahr mehr droht, geniesse ich mein mitgebrachtes Essen. »Wo in aller Welt könnte es denn noch schöner sein als hier?» sage ich mir. – Im Rückblick gehört dieses Picknick definitiv zu einem der schönsten Erlebnisse auf meiner Südwestreise 2015.
Da mittlerweise die Zeit schon weit fortgeschritten ist, setze ich mich bald wieder hinters Steuer des Jeeps. Doch schon wenige Fahrminuten später lohnt es sich bereits wieder, anzuhalten. Vom Wegrand aus richte ich den Blick steil hinauf und sehe 600 Höhenmeter weiter oben den bekannten Dead Horse Point Overlook.
Mit 400 mm Brennweite erkennt man die Aussichtsplattform des Overlooks noch besser.
Auf der weiteren Strecke wird die Welt um mich herum noch farbiger. Zuerst fahre ich am «Red Lake» vorbei.
Nach einigen Meilen gelange ich auf einer zunehmend rauheren Road nach Potash. In den dortigen Werken wird über grosse Stollen Wasser vom Colorado River in mehrere riesige Becken geleitet und durch Verdunstung Kalisalz (Pottasche) gewonnen.
Über eine eigens dafür angelegte Eisenbahnstrecke wird das Kalisalz schliesslich abtransportiert.
Die auffälligen Verdunstungsbecken mit dem blau gefärbten Wasser sind von den umliegenden Aussichtspunkten wie Dead Horse Point State Park oder von der Passhöhe des Hurrahpasses auf der anderen Coloradoseite sehr gut zu sehen. Die Potash Road führt direkt daran vorbei. Auch hier schalte ich einen kurzen Halt ein und erklimme eine höher gelegene Felsplattform, wo sich mir diese tolle Aussicht bietet:
Der letzte Streckenabschnitt bei den Potash-Werken zeigt sich als veritable Gravelroad. Bis hinunter an den Colorado River wird es etwas mühsam bleiben. Unten am Fluss wechselt der Belag dann auf Teer. Die in wunderschöner Landschaft angelegte Strasse folgt nun den Flusswindungen durch die Klus.
Wenig später fahre ich an der einstigen Uran-Abbaustätte vorbei und biege in die US 191 ein. Auf der komfortablen Strasse erreiche ich die Stadt Moab und bald auch das «Moab Valley Inn».
Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Im Moab Grill an der South Main Street lasse ich mir ein saftiges Steak servieren. Zurück im Hotelzimmer resümiere ich den Tag – sprich: schaue mir die Bilder an – und erledige ein paar Kleinigkeiten. Dann geht`s zu Bett. Der spontan durchgeführte Tag ist zu einem wunderschönen Erlebnis geworden. Damit lässt sich gut einschlafen.