In der Nacht, bei der Schlummerzigarette, habe ich sie ja schon entdeckt, die Dachterrasse vom Hotel. Da musste ich morgens nach dem Frühstück gleich wieder hin, nun aber mit Stativ und Kamera bewaffnet. Tausend und eine Nacht liegt einem zu Füßen, wie soll man es sonst beschreiben?
Einzig die Stromleitung stören, also habe ich sie mal grob und hastig entfernt.
Buchara, die zweite Perle der Seidenstraße. Noch vor 150 Jahre für Ausländer eine verbotene Zone. Wer es dennoch versuchte und erwischt wurde, bezahlte dies mit seinem Tod. Buchara, eine alte Stadt, sie existiert seit über 2500 Jahren.
Die Medrese Olim Khan, liegt direkt gegenüber unserem Hotel, besucht man sie, hat man die Möglichkeit auch auf ihr Dach zu steigen. Sie stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde vom letzten Khan von Buchara errichtet, eben Olim Khan, einem Zeitgenossen, dem keiner eine Träne nachweinte, als die Russen 1920 Buchara, nach nur 4 Tagen Kämpfen, einnahmen.
So warf er von seinem Turm im Sommerpalast, außerhalb von Buchara, gerne Juwelen in seinen Gartenteich, die dann von seinen Haremsdamen möglichst anmutig wieder herausgefischt werden sollten. Auch seine Vorfahren, nicht unbedingt edle Zeitgenossen. So wird Nasrullah Khan, der sich selbst gerne als "Schatten Gottes auf Erden" bezeichnete, nachgesagt, das er noch auf seinem Sterbebett (1860) miterleben wollte, wie seine Frau und Töchter abgemurkst werden, damit er sicher seien konnte, das ihre Keuschheit über seinen Tod hinaus gewahrt wurde. Olim Khan floh ins Exil nach Kabul.
Schräg gegenüber erhebt sich seit 1127 das Kalon Minar. Sehr einfallsreich die Namensgebung, so heißt Kalon nichts weiter als "groß". Nun groß ist es mit 49,50 Höhe und somit von den Karawanen schon weit draußen in der Wüste zu sehn, wie ein Leuchtturm. Hierin mag man den Grund sehen, warum Minarette Minarette heißen, so heißt das doch im ursprünglichen Sinn nichts weiter als Leuchtturm.
Es ist nicht das erste Minarett an diesem Platz, sein Vorgängerbau brannte bei einer Belagerung ab, der Nachfolgebau, nun ganz aus Ziegel, stürzte schon kurz vor seiner Vollendung ein, das Fundament war zu schwach auf Sand gebaut. Eine Legende nach, es wird heute ein Legendenreicher Tag , soll der Baumeister 2 Jahre in die Wüste verschwunden sein, damit man ihn nicht zwingen konnte, auf dem noch nicht vollständig getrockneten Fundament weiter zu bauen.
Die Dekoration der Außenwände, nichts weiter als verschiedene Bänder von Ziegelmustern, einzig direkt unter dem Stalaktitengewölbe (Muqarnas) der Laterne ist ein schmales Band blauer glasierter Ziegel, eines der frühesten Beispiele in Zentralasien von Farbe zur Verwendung als Dekoration von Außenwänden. Bei der Einnahme Bucharas durch die Russen, bekam die Laterne einen Treffer ab und wurde 1924 schon wieder restauriert, der Rest des Turms ist aber mehr oder weniger original, also gut 900 Jahre alt. Ich spar mir mal ein paar Bilder und zeige das Minar in seiner ganzen Pracht.
Das Minarett hatte neben der Bestimmung, das von hier der Muezzin die Gläubigen zum Gebet rief, noch andere Bedeutungen. Neben Wachturm, Wahrzeichen und Siegesturm, hatte es noch eine makabere Funktion, als Schafott. So wurden zum Tode Verurteilte in einem Sack gesteckt und von der Laterne in den Tod gestoßen, zuletzt 1884. Praktisch veranlagt waren sie ja, so erspart der Sack doch das Aufwischen.
Das Kalon Minar gehörte einst zur Freitagsmoschee, die der Karakhaniden-Herrscher Muhammad Arslan Khan (1102-1129) errichten ließ, die heutige Kalon Moschee ist aus timuridischer Zeit und wurde erst 1534 unter den Shaibaniden vollendet. Neben dem Minar, sind noch Teile der Ostmauer von der ursprünglichen Moschee, wie man an dem Ziegelmuster noch heute erkennen kann.
Auch wenn sie erst unter den Shaibaniden vollendet wurde, ist sie zur Gänze in timuridischer Bautradition errichtet und nach der Bibi Khanum die zweitgrößte Moschee Zentralasiens. Sie ist um 25% kleiner als die Bibi Khanum in Samaqand, aber das ist nicht der einzigen Unterschied. Es fehlen die Eckminarette und die flankierenden Minarette am Eingangsportal. Auch sind die Säulen des Innenhofs gemauert, nicht die Schlanken von Samarqand, deswegen stehen sie auch noch heute und tragen noch immer das aus 289 flachen Kuppeln gebildete Kuppeldach des Innenhofs. Durch das Eingangsportal gelangt man auf geraden Wege zum Innenhof, betritt man aber die Moschee durch die Seiteniwane muss man sich erst durch die Säulenhalle wuseln um in den Innenhof zu gelangen.
Wie man oben auf dem Bild sieht, ist der Innenhof rechteckig und bot 12000 Gläubigen Platz. Die beiden Seiteniwane teilen den Innenhof in zwei Quadrate, das Achsenkreuz zwischen allen vier Iwanen ergibt 4 Rechtecke mit den gleichen Proportionen wie der Innenhof. Mit 127 m x 78 m Außenmaß kommt dies dem Goldenen Schnitt sehr nahe, allerdings war dies nie eine islamische Proportion, zudem sind Außenmaße für einen Betrachter vollkommen unerheblich, steht die Moschee doch in einer engen Altstadt, so das man sie nie im ausreichenden Abstand sehen kann. Eine islamisches Bauwerk wirkt von innen, nicht von außen, auch wenn man das nach dem Registan Platz in Samarqand und der Bibi Khanum kaum glauben mag.
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Was auffällt, im Gegensatz zu Samaqand wenig Kufiinschriften als Dekor, nur florales Kufi und Thuluth-Schriftbänder. Kann nix dafür, so nennt man das Zeugs nun einmal.
Auf dem obigen Bild sieht man schön den Durchblick vom Innenhof auf die Straße und von dort in den Hof der Medrese, die der Kalon Moschee gegenüber liegt. Betritt man nun den Innenhof, fällt dem aufmerksamen Bobachter auf, das alle 44 Arkaden ein anderes Muster aufweisen. Nein keine Sorge, es kommen jetzt nicht 44 Bilder, auch wenn Birgitt die tatsächlich alle geknipst hat.
Die Qibla (Gebetsnische) in der Kalon Moschee ist recht nüchtern gehalten, wie auch alle Innenwände des Säulenhofes schlicht weiß gekalkt. Die Qibla ist die Gebetsrichtung gen Mekka.
Die Uhren zeigen die Zeiten für die 5 täglichen Gebete, vor dem Sonnenaufgang, mittags, nachmittags, bei Sonnenuntergang und bei Einbruch der Nacht, die freitags für Männer verpflichtend sind und für Frauen empfohlen. Das Ason (arab. Adhān) ist der Aufruf zum Gebet, Takbīr (am größten) ist zu Beginn der täglichen Gebete zu sprechen.
Also nicht die Uhrzeiten von London, New York, Rio, Tokio. Diese Uhren sind an vielen Moschee zu finden.
So nun aber genug vom Islam.
Von der Kalon zur Ark, dem Herrscherpalast, Kerker und Festung von Buchara ist es nur ein kurzer Weg durch eine Shoppingmeile.
Die Stempel, sind Brotstempel, in den frischen Teig gedrückt, ergeben sie ein Muster.
Auch eine andere Besonderheit lernen wir kennen. Was wie Pfeifen aussieht, sind Drainagen fürs kleine Geschäft der Babys. Der Tragekorb, Kinderwagen sieht man fast nie, in Usbekistan werden die Kiddies auf dem Arm getragen, hat dafür ein Loch. Die Babys werden fest darin verschnürt, der Pfeifenkopf entsprechend positioniert und alles flüssige findet den Weg nach draußen, na das spart doch Windeln.
Neben der Fleischerei,
dürfen Teppiche auch nicht fehlen. Dazu muss man aber schon durch die Türen in die angrenzenden Innenhöfe der Gassen schauen, Schaufenster wie bei uns, gibt es nicht.
Dann liegt sie vor uns die Ark, die Festung, mit ihrer außergewöhnlichen Form der Festungswände, alles aus getrockneten Lehmziegel. Die runden Holzstücke sind Reste der Baugerüste, im Original versengter, hat man sie bei der Restaurierung weniger knapp abgesägt, der Veranschaulichung wegen.
Hier im Schatten der Außenwand hat man sie noch länger belassen, wenn ich mir jetzt das dazugehörige Gerüst vorstelle, nein lieber nicht.
Während unser Führer die Eintrittsgelder bezahlt, betreten wir die Anlage durch einen düsteren Gang, der uns nach oben führt. Von diesem Gang zweigen links und rechts die Eingänge in die Kerker ohne Wiederkehr ab. Die Ark war einst eine kleine Stadt. Neben Moschee, Audienzhalle, Herrscherpalast und Harem, waren hier u.a. auch die Münze und die Wohnungen für die Würdenträger des Staates.
Die Krönungshalle des Amirs von Buchara,
und nachfolgend der "Thronsaal" des Amirs, von drei Seiten von Säulenkolonnaden eingefasst, den Ayvanen, die auf schlanken Holzsäulen ruhen. Gegen Bares kann man sich als Amir ablichten lassen, wovon die Schulklasse regen Gebrauch machte.
Uns hingegen verschlägt es nach einer kurzen Raucher- und Eindrückverarbeitungspause in die gegenüberliegende 40 Säulen Moschee Bolo Khaus , das einzige Gebäude, welches von bucharischen Registan übrig geblieben ist.
Warum 40 Säulen? Es gibt doch nur 20? Nun man muß die Säulen, die sich im Wasser spiegeln, mitzählen.
Achtung, vor dem Betreten der Moschee bitte Schuhe ausziehen, diese Moschee ist kein Museum, sondern immer noch in Gebrauch. Es muß kein Eintritt gezahlt werden, Spenden für die Erhaltung werden natürlich gerne angenommen. Im Innern wölbt sich eine fast schlichte weiße Kuppel vor einer goldenen Qibla.
Auch draußen vor dem Tore der Moschee versucht man unser Geld zu kommen, selbstgebrannte Musik CDs mit usbekischer Folkmusik suchen neue Besitzer. Einige finden den auch.
Für 5€ kann man auch nicht viel falsch machen.
Nun folgt das Chasma Ayyub was Quelle des Hiob bedeutet.
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Der Legende nach soll hier der Prophet Hiob den Bewohner von Buchara einen Brunnen gestiftet haben. Und tatsächlich befindet sich in dem schlichten Bau ein Brunnen. Über 4 Jahrhunderte wurde der Bau immer wieder verändert, der älteste Teil ist der mit dem kegelförmigen Dach, welcher aus dem 12 Jhd. stammt. Einer weiteren Legende nach ist es auch das Mausoleum von Hiob, der liegt aber nicht begraben, sondern vermutlich im Nordosten des Irak oder der Ost Türkei. Nun das spart den Pilgern eine längere Wegstrecke.
Ein Stückchen weiter durch eine Parkanlage und man erreicht das Samaniden-Mausoleum, das älteste arabische Bauwerk in Zentralasien, im 9. Jhd. errichtet. Einziges Schmuckwerk sind Ornamente aus Ziegel, Vorbild für das Kalon Minar.
Während die Karawane hineingeht, schau ich mich außen um, auch dort gibt es nette Dinge zu sehen.
Der Magen knurrt, Erschöpfung macht sich bei dem ein und anderen breit, Zeit für das Mittagessen. Unser Bus steht bereit um uns zum Restaurant zu bringen. Obwohl es ein Neubau ist, die stillen Örtlichkeiten finden sich nicht im Keller, sondern in einer Wellblechhütte draußen auf dem Parkplatz. ich zeige morgen mal ein Bildchen von so was, bei einer anderen Örtlichkeit. Und endlich gibt es Spieße. Nicht nur die Fleischmenge ist endlich mal groß, die Spieße selber eignen sich gut für Schwertkämpfe. und natürlich gibt es auch hier wieder Rote Beete. Mein zweites Dessert nehme ich zum Glück draußen ein. Zum Glück, weil gerade eine usbekische Trachtenkapelle anrückt. nein nicht für uns, es sind noch andere Gäste da und die feiern gerade Pinkelparty. Hier allerdings in Anwesenheit der Frau.
Nach dem Essen hat es sich zugezogen, von einstigen blauen Himmel ist nüscht mehr zu sehen. Bevor uns der Bus wieder bei der Altstadt von Buchara auslädt, fährt er uns zum Chor Minar, welches mitten in einem Wohngebiet außerhalb der Altstadt liegt. Chor Minar bedeutet vier Minarette, ursprünglich als Teil einer ganzen Medresen-Anlage gebaut, ist heute lediglich dieses Eingangsportal erhalten geblieben. Erbaut im Jahre 1807 von dem reichen Turkmenen Kalif Nijazkul, ist es durch seinen ungewöhnlichen Stil zu einem Wahrzeichen Bucharas geworden. Hat man die enge Treppe nach oben erklommen, gewinnt man einen schönen Überblick über Land und Leute.
hop, hop, zurück zum Bus. Nächstes Ziel, der Platz Lyabi Hauz.
Vor der Medrese Chanaka Devon Begi begrüßt uns Mullah Nasruddin auf seinem Esel, der weltweit bekannte orientalische Eulenspiegel, der Protagonist unzähliger Geschichten voller vordergründigem Witz und hintergründiger Weisheit. Hier sitzt er im Schatten auf seinem Esel, die personifizierte Botschaft, durch Narrheit zur Weisheit, die Welt gelassener zu nehmen.
In der Mitte des Platzes Lyabi Hauz befindet sich ein Wasserbecken, eingerahmt von alten Maulbeerbäumen. Lyabi Hauz bedeutet „beim Reservoir“. Einst gehörte das Grundstück einer Legende zufolge einer alleinstehenden Frau, die ihr Haus dort hatte und es nicht verkaufen wollte. So befahl der Wesir unter dem Haus der Frau einen Kanal anzulegen, der die Grundmauern des Hauses unterspülen und zum Einsturz bringen soll. So musste die Frau nun doch verkaufen und der Baumeister Nodir Divan-begi konnte die geplante Gebäude errichten.
Drei Medresen gruppieren sich um diesen Platz, die Medrese Chanaka Devon Begi im Osten,
die Medrese Kukeldash(1568-1569) im Norden, mit 80 x 60 Metern die größte in Buchara und nach dem Staatsmann und Truppenführer Kubalcaa Kukeldash benannt.
Die ungewöhnlichste ist die Medrese Nadir-Devon-Begi im Westen. Ursprünglich als Karawanserei erbaut mit einem Durchgang zum Hinterhof für das liebe Vieh. Als jedoch kurz vor Ende der Bauarbeiten der gar nicht so liebe Khan durch die Straßen ritt und die schöne "Medrese" bewunderte, musste das Gebäude kurzerhand zu eben einer solchen umgeändert werden.
Als ich als Letzter aus der Medrese trete ist keiner mehr da, weg waren sie. Ich sehe zwar den letzten noch in einer Gasse verschwinden, aber als ich die Gasse erreiche, ist niemand mehr zu sehen. So schnell sind die doch sonst nicht zu Fuß. Ein hastiger Blick in die Seitentüren in die Höfe - nix. Sie waren bei einem Puppenbauer verschwunden.
Nun dann schlürn wir eben auf eigene Faust durch Buchara, sie werden schon wieder auftauchen.
Verlässt man den Platz Lyabi Hauz indem man an der Medrese Nadir-Devon-Begi vorbei nach Westen geht, kommt man zu einem der drei Kuppelbasare von Buchara, dem Toqi Sarrafon.
Ein Kuppelbasar ist ganz profan die Überdachung einer Straßenkreuzung. Tritt man hindurch landet man auf einen weiteren Platz mit alten ausgegrabenen Fundamenten eines Tempels aus vorislamischer Zeit und der Moschee Magoko Attori. Bereits unter den Samaniden errichtet, wurde sie im 12 Jhd. vollständig umgebaut. Durch den Müll der Jahrhunderte scheint sie im Boden versinken zu wollen.
Immer noch nichts von den anderen zu sehn. Also weiter an der Medrese Ulugh Beg vorbei,
und der ihr gegenüber liegenden Medrese Abdulaziz Khan, zusammen bilden sie ein weiteres Kosh Ensemble.
Ein weiterer Kuppelbasar, der Tok-i-Zargaron, der Basar der Juweliere.
hat man ihn durchquert findet man dort eine Schmiedemuseum mit lauter kleineren "Hochöfen". Ich denke, hier werden sie doch sicherlich bald erscheinen, aber nix passiert. Ich gehe die wenigen Schritte weiter zum Hotel und versuche in der Rezeption mich verständlich zu machen, ob man nicht unseren Guide anrufen könnte. Schließlich gelingt es, durch es nimmt keiner ab. Ich verkrieche mich aufs Zimmer und warte auf besseres Wetter, wortwörtlich. Ich habe Glück, nach einer Stunde kämpft sich die Sonne durch die Wolken und ich bekomme doch noch die Mir-i-Arab Medrese im schönsten Licht zu sehen. sie liegt der Kalon Moschee gegenüber (Kosh Prinzip) und lag heute morgen noch im Schatten. errichtet von 1530-1536 ist sie immer noch eine islamische Hochschule und somit für Besucher nicht zugänglich.
Der nördliche Kuppelturm dient als Beisetzungsstätte für den jemenitischen Scheich Abdullah, der den Beinamen Miri Arab trug und im 16. Jahrhundert großen Einfluss in Buchara hatte.
Quelle
Die größte Sehenswürdigkeit scheine wohl ich zu sein, wie man auf dem letzten Bild sieht. Zwischen den ganzen Paparazzi vor und neben mir, muß ich mich um freies Schussfeld bemühen, wer weis wie lange die Wolkendecke offen bleibt. Alles gut, alles prima und um 17 Uhr wird auf der Hotelterrasse Wiedersehn gefeiert.