NIX ausser radeln: Bikejoe rides Venice

Dienstag, 31. Mai 2011
3. Etappe: Imst - St. Leonhard im Passeier

Heute wird’s richtig ernst, denn heute will ich den höchsten Punkt meiner Tour erreichen, das Timmelsjoch auf 2509 m. Ich weiß noch nicht, was da auf mich zu kommt, denn da war ich noch nie.

Aber erst mal muss ich ein Plätzchen für's Frühstück finden. Ganze Busgesellschaften sitzen schon da, als ich runter komme. Doch das Hotel hat ein System. Die grünen Tische sind für die Individualreisenden reserviert, so wie mich. Also setze ich mich an einen Tisch mit grünem Tischtuch und weißer Serviette. „Nein, nicht da“, sagt die freundliche Bedienung, „an einen Tisch mit grüner Serviette!“ Ach so.

Nachdem das geklärt ist schlage ich mir den Bauch mit Eiern und Speck voll. Heute brauche ich Kraft und Ausdauer.
Ich gebe es zu, vor dem Timmelsjoch habe ich gehörigen Respekt.

Nach der Stärkung sattle ich mein Pferdchen und los geht’s.

Erst radle ich lange am Inn entlang. Dort ist ein wunderbarer Radweg abseits jeder Straße. Nur die Bahnlinie läuft nebenan.

Es geht durch die Imster Schlucht, in der ich vor etlichen Jahren schon mal zum Rafting war.

Nun sehe ich den Inn vom Radweg aus, es ist traumhaft schön.

Nach ca. 10 km biege ich rechts ab ins Ötztal. Ab hier beginnt unbekanntes Terrain für mich. Zu Beginn des Ötztals steht auf dem Schild: „Timmelsjoch 59 km“ .
O Mann, und das fast nur bergauf. Himmel, ob ich da je ankomme?

Jammern nützt NIX also gehen wir's an!

Langsam aber sicher kurble ich das Tal hinauf. Der Verkehr auf der Straße ist manchmal nervig, aber im Großen und Ganzen hab ich ihn mir schlimmer vorgestellt. Eigentlich komme ich ganz gut voran. Wieder habe ich Rückenwind, die Steigung ist mäßig, ab und zu kommen ein paar Serpentinen, aber dann ist es auch wieder flach. Es macht Spaß.

Die Ötztaler Ache begleitet mich lange Zeit.

Kurz vor Sölden zeigt mir mein Navi, ich soll auf eine Nebenstraße abbiegen, links von der Hauptstraße. Ich hoffe auf eine angenehme Abwechslung, aber nach den ersten Metern merke ich, dass es darauf extrem steil den Berg hinaufgeht.
Neee, nicht mit mir. Ich muss heute noch genug Steigungen bewältigen. Also mache ich ein Dreherle und fahre zurück zur Hauptstrasse. Von da aus sind es nur noch 5 km bis Sölden.

In Sölden kaufe ich mir im Supermarkt die Mittagsverpflegung ein. Cola, Bananen, Brezeln, Kaminwurzen.

Letztere verspeise ich gleich auf der Stelle auf einem Bänkchen mitten in Sölden.
Die Bananen hebe ich als Notration für das Kommende auf.

Und das Kommende kommt schnell. Gleich nach Sölden geht’s los. Hier beginnt die eigentliche Steigung des Timmelsjochs. Ich fahre durch Galerien, der Verkehr wird deutlich weniger.

Dann kommt Zwieselstein, ein letztes flaches Stück.

Dahinter beginnt die Rampe hinauf nach Obergurgl. Oh mei muss ich schnaufen!!!
Wie in Trance kurble ich Meter um Meter nach oben.
Endlich taucht Obergurgl auf.

Hui, hier muss ich erst mal pausieren.
Außerdem drücke ich mir eine Tube „Liquid Energy“ in den Mund. Ich hoffe, das hält jetzt vollends bis oben. Leider kann ich nirgends meine Wasserflaschen auffüllen. Die sind schon deutlich geleert.

Weiter geht’s die Serpentinen hinauf nach Hochgurgl. Ächz und Stöhn!

In Hochgurgl ist ein zugänglicher Wildbach. Hier fülle ich meine Flaschen.

Da ist die Mautstation. Nicht für mich. Ich rausche kostenlos durch.

Danach geht’s ein kurzes Stück wieder bergab, bevor dann eine lange, fast gerade Steigung bis zum Horizont führt. Hier liegen noch viele Schneereste, die Straße wurde ja auch erst vor 1 ½ Wochen für den Sommerverkehr geöffnet.

Ärgerlicherweise weht mir ausgerechnet jetzt auch noch ein starker Wind vom Joch her entgegen. Der Berg wehrt sich!
Kurz vor dem Joch kommen noch ein paar Serpentinen. Hier liegt der Schnee noch höher als mein Rad und ich zusammen.

Dann endlich bin ich oben! Hurra! Ich hab's geschafft! Was für ein Gefühl wieder!

Nun bin ich an der Grenze zu Italien. Bevor ich dort hinunter fahre ziehe ich mir alle warmen Klamotten an, die ich dabei habe, denn es ist schon ganz schön frisch hier auf 2509 m über dem Meer.

Die Abfahrt bietet herrliche Blicke hinunter nach Südtirol. Und je weiter ich hinunter komme, desto wärmer wird es wieder. Die warmen Klamotten kann ich in Moos wieder ausziehen.

Dann erreiche ich St. Leonhard im Passeiertal. Kurz überlege ich noch, ob ich die 17 km bis Meran weiterfahren soll, aber dann überzeugt mich dieses schöne Städtchen mit seinen Hotels und Pensionen doch ganz schnell, lieber hier zu bleiben, anstatt in der Großstadt Meran nach einer Unterkunft zu suchen.

Ich bekomme ein 3-Bett Zimmer. im Frickhof. Das ist klasse, da habe ich Platz!

Und das Rad kommt wieder in die Garage. Dort ist zwar ziemlich viel Gerümpel, aber es wird schon gehen.

Nach dem Duschen begebe ich mich auf die Hotelterasse zum Abendessen. Es gibt Tiroler Zwiebelrostbraten. Guuuuuuuuuuuuuuut!!!

Nach dem Essen schaue ich mir den Ort wieder zu Fuß an. Was für ein schönes Städtchen unterhalb der Jaufenburg.

Dabei realisiere ich jetzt erst so richtig, dass ich innerhalb von 3 Tagen mit eigener Muskelkraft nach Südtirol gekommen bin. Das hätte ich ja früher nie für möglich gehalten. Und den härtesten Pass dieser Tour habe ich schon hinter mir.
Die Endorphine tun ihre Wirkung! Wohlgefühl macht sich breit! Ich könnte Bäume ausreißen und die Welt umarmen!

Hier das Profil der heutigen Etappe:

Zitat von Globi

Danke für die ausführlichen Erläuterungen, Johannes .

Gerne!
Mir sind noch 2 Dinge eingefallen bei der Aufzählung des Gepäcks:
Mein dickes Fahrradschloss war auch noch dabei. Das wiegt alleine schon geschätzt über 1 kg. Ist bei den 9 kg aber nicht mitgezählt.
Eine leichte Windjacke war auch noch oben drauf gezurrt. Die schützt auch vor leichtem Regen, aber gegen richtige Regentage hatte ich keinen Schutz dabei. Ich hätte in so einem Fall abbrechen müssen.

Zitat von Globi

Über Eitelkeit habe ich doch gar nichts geschrieben , war auch keine Kritik oder erhobener Zeigefinger oder sonst was, sondern sollte nur zeigen, wie aufmerksam ich deinen Bericht verfolge .

Danke! Hab's auch so verstanden.

Zitat von wernerw

Kalb? Oder doch Schwein?

Was für eine Frage. Ich schrieb "original" das sagt doch alles!

Zitat von Fistball

Wenn er schreibt "original"?

Eben!

Zitat von wernerw

Er hatte ja Rückenwind, also halb so toll.

Pffft!

Zitat von Fistball

das teilweise mit dem Radlbus.

Das ist ja ein Sakrileg!!!!

Zitat von Fistball

2 bis 3 Mass auf 100 km

Boahhh! Was für ein Spritverbrauch!

Zitat von wernerw

stinken tuts in beiden.

Richtig!

Zitat von rehsde

ich müsste einfach den Fahrraddoktor noch mal anrufen

Dazu brauchst Du einen Doc? So was repariert man doch selber! Ich seh schon, das wird NIX mehr bei Dir!

Dankeschön für die Anerkennung.
So schlimm ist es ja aber gar nicht. Man ist zu viel mehr fähig, als man glaubt. Ich bin selber immer wieder überrascht.

Zitat von Canyonmurmel

Südtirol ist wunderschön, ich glaub, da sollten wir auch mal wieder hin

Unbedingt!

Zitat von luray

nach unserer Rückkehr aus dem Urlaub

Wie schon zurück? Ihr wart doch eben noch mit Ernst und Helga in Escalante!
Wie dem auch sei: Wilkommen daheim!

Zitat von eausmuc

Ich würde völlig KO im Bett liegen.

Hast Du den Rostbraten gesehen? Und das Bier? Danach ist die Anstrengung gegessen!

Zitat von sarahbonita

Deine Bilder sind übrigens toll und geben einen guten Eindruck.

Danke!

Zitat von wundernase

Wie hat der Allerwerteste die beiden Tage verkraftet?

Wider Erwarten null Problem! Ich hatte auch Befürchtungen. Aber es war NIX.