Auf "Wüsten"-Pisten im Südwesten

Zitat

Original von Canyoncrawler
Heinz, das klingt gar noch nicht nach Urlaub.

Urlaub sollte es ja gar nicht sein. Wovon auch!? Aber etwas Entspannung vom Alltagstrott hatte ich doch erwartet.

Als ich heute morgen nach guter Nacht aufwachte, stand für mich fest, wenn noch etwas passiert, fliege ich nach Hause. Meine Nerven liegen blank. Was noch an Kleinkram kaputt ist, was noch zu Hause rumliegt, weil ich es im Abreisestress vergessen habe, damit will ich euch gar nicht langweilen. Aber mir reichts. Solch eine Pechsträhne habe ich noch nicht erlebt.

Als Brigitte heute am Telefon nach der Rechnung für den Mac fragte, um ihn zur Reparatur zu bringen, wollte ich sagen, sieh mal... Doch: Nein, die Buchungen für 2006 und 2007 sind ja alle hin. Die hatten wir beide ja noch mühsam schnellstens vor meiner Abreise erledigt. Also muss sie die Ordner durchsuchen. Papier ist geduldiger als Strom.

Trotz aller Bedenken wegen meiner Pechsträhne bin ich heute dann tatsächlich ins Hinterland gefahren. Ich bin nicht abergläubisch, aber psychologisch leicht angehaucht. Wenn man erwartet, dass etwas schiefgeht, dann geht es auch schief. Trotzdem!!! *fußaufstampf* Und Leute, ihr ahnt es, stimmts? Auf völlig ebener, einfacher, glatter Gravelroad bei mäßigem Tempo platzt mir der linke Hinterreifen in tausend Stücke.

Unmittelbar hinter mir hatte ich in staubfahnensicherer Entfernung ein Fahrzeug gesehen. Schnell hat es mich erreicht und hält an. Aus steigt ein frommer Mormone, der heute wohl noch kein gutes Werk getan hat, zwei Jahre in Hannover missionierte und sich freut, dass ich noch am Freitag in der Duisburger Innenstadt missionierende, singende amerikanische Mormonen gesehen habe.

Er wechselt das Rad, ich bin ganz stolz, das ich weiß, wo die Bedienungsanleitung für das "Loch" ist - falls ihr wisst, was ich meine - gibt mir Geleitschutz bis Saint George und fährt dann winkend zu seinen Frauen und Kindern. Auch ich rufe meine Frau an. Sie stimmt mir in meinem Vorhaben zu, noch den Death-Valley-Tag mit Escalante zu verbringen und dann nach Hause zu kommen. Mein schlechtes Gewissen, ihn evtl. mit in meine Scheiße-Orgie zu ziehen, erwähne ich nicht.

Ich nehme mein Schicksal in die Hand und lasse mich nicht darauf ein, in Saint George von National oder irgendwelchen Reifendiensten auf "mañana"vertröstet zu werden. Ich werde nach Las Vegas fahren. Entweder laß ich die Karre dort stehen und geh zu Fuß zu Condor oder... Keine Ahnung!?

Vorher fahre ich aber noch zu meinem Motel, um die drei Eintrittskarten für mein Zimmer abzugeben. Ich hatte vergessen, mich auszuschecken. Und warum drei Karten statt der üblichen zwei? Ich hatte mich ausgesperrt und kriegte deswegen eine Dritte.. Ich bin total von der Rolle.

Der Annehmer von National will mich behandeln wie jedermann. Ich öffne den Kofferraum und zeige ihm den zerfetzten Reifen. Der Typ kriegt geradezu glänzende Augen funkt Hinz und Kunz an und erzählt ihnen von dem ... Schiet, vergessen.. "Blust" oder so ähnlich?

Irgendwie habe ich mich jetzt wieder eingekriegt. Vielleicht liegt es daran, dass ich geradezu ehrehrbietig sonderbehandelt wurde. Ich hatte die freie Auswahl unter fast allen Autos, egal, ob von Alamo oder von National. Außerdem: Ich bin ja nicht n u r blöd: Die Reifen hatte ich sonderversichert!

Jetzt bin ich im Best Western von Pahrump, NV. Was ich morgen machen werde, weiß ich noch nicht. Jedenfalls nicht abreisen. Ich bin davon überzeugt, dass die Pechsträhne jetzt zu Ende ist. Es ist genug!!! *faustaufdentischschlag*

Das neue Auto hat drei Meilen auf dem Buckel. Es riecht noch ganz jung. Aber es ist ein Mann.

Den Reisebericht wollte ich eigentlich begraben, aber ich bin auf einmal optimistisch, dass aus dem Chaos doch noch etwas Schönes erwächst.