8. Oktober 2019 - Vancouver-Oak Harbor
Kurz vor sechs Uhr morgens meldet sich der Wecker. Draußen ist es noch zappenduster, und ich hätte locker noch ein, zwei Stündchen schlafen können, aber nein, ich muß ja unbedingt die Lions Gate Bridge sehen, wenn wir untendurchfahren. Das Frühstück kommt heute mal nicht überpünktlich, und heute besteht der Kellner darauf, den Tisch zu decken.
Das frühe Aufstehen lohnt sich dann aber tatsächlich, und spätestens beim Anlegemanöver ab viertel vor sieben wäre ich eh hellwach. So bin ich wenigstens vorbereitet und kann die Brücke und die Skyline ausgiebig bewundern.
Nach dem Frühstück packe ich meine letzten Sachen zusammen und verlasse zwei Minuten vor acht (um acht muß jeder aus der Kabine raus) mein Quartier der letzten 12 Tage und Nächte. Buhuuuuuuu, ich will hierbleiben!!!
Im Club kann man bequem warten, bis die zugeteilte Gruppe aufgerufen wird, aber ich gehe zwischendurch auch ein bißchen nach draußen aufs Deck, weil um diese Zeit das Licht richtig toll ist.
Gegen viertel vor neun muß ich dann endgültig von Bord.
Meine Koffer finde ich blitzschnell; der Weg zu Alamo ist auch nicht schwer zu finden, aber da stehe ich dann gleich mal wieder in der Schlange. Gibt blöderweise auch nur einen Angestellten dort, der die Kunden bedient. Übermäßig freundlich ist er auch nicht gerade, und dann bekomme ich auch noch eröffnet, daß der Tank meines Mietwagens nur zu 1/4 gefüllt ist - die Tankstelle hätte heute geschlossen. Ah ja. Natürlich soll ich den Wagen auch so wieder zurückbringen. Ist das jetzt die neueste Masche, daß die darauf spekulieren, daß man das vergißt und vor der Rückgabe volltankt?
Im Parkhaus darf ich erstmal ewig meinen Mietwagen suchen. Die Autos stehen hier wild verstreut; System ist keines zu erkennen. Erst denke ich ja, der hier wäre für mich...
Als ich den Wagen, einen dunkelgrauen RAV4, dann endlich gefunden (und gleich ein Beweisfoto der Tankanzeige gemacht) habe, ist es damit noch nicht getan, denn man muß ja irgendwie aus dem Parkhaus rauskommen. Das ist leichter gesagt als getan, denn es handelt sich hier ja um ein öffentliches Parkhaus, wo Alamo nur eine Fläche angemietet hat. Um nicht bezahlen zu müssen, braucht man ein gelbes und ein weißes Ticket. Das gelbe kriegt man vom Alamo-Angestellten (muß allerdings auch erstmal danach fragen), das weiße soll angeblich auf dem Armaturenbrett liegen. Tut es aber nicht. Also wieder zurückgedackelt zum Alamo-Mann, der mir aber sagt, das würde ich beim Ausgang auch kriegen. Also zum nächstgelegenen Ausgang gefahren, wo ich dann aber über die Sprechanlage erfahre, daß ich zu einem anderen Ausgang muß. Oh Mann. Also fahre ich zum anderen Ausgang, wo ich über die Sprechanlage erfahre, daß ich, um das Ticket zu kriegen, ins Office muß. Glücklicherweise stehen hinter mir keine anderen Autos, denn die Fahrer wären auch nicht so begeistert, wenn ich vor der Schranke einfach aussteige und weggehe. Das Office ist zwar nur ein paar Meter entfernt, aber das Ganze ist doch reichlich umständlich. Dort bekomme ich dann auch das weiße Ticket und kann endlich das Parkhaus verlassen. Naja, ich habe ja sonst nichts zu tun...
Endlich in Freiheit, finde ich zielsicher den Weg zur 99 gen Süden.
Die Strecke ist erstmal wenig spektakulär - zunächst geht‘s durch die Stadt und dann durch einige Vororte, und nach einer Weile erreiche ich schon die Grenze beim Peace Arch, den ich schnell mit dem Handy aus dem Fenster knipse (leider schief).
Natürlich schaffe ich es, wieder die langsamste Schlange zu erwischen. Der Officer dort nimmt es aber auch besonders genau und befragt mich ausführlich, ehe er mich reinläßt. Oh Mann, ist heute „Macht-Claudia-das-Leben-schwer-Tag“?
Auf der I-15 geht‘s weiter gen Süden. In Ferndale fahre ich raus und tanke gleich mal voll, und dann geht‘s ohne Stop bis Bellingham und dort auf den Old Fairhaven Parkway. Am Wasser in Fairhaven finde ich hier ein steiles Pier mit angeschlossenem Boardwalk, von dem aus sich tolle Blicke auf den Sturmhimmel und ein paar Boote bieten.
Allerdings wird‘s kurz darauf richtig stürmisch, so daß ich zum Auto zurücklaufe und erstmal einen heftigen Regenguß abwarte, ehe ich ins Zentrum von Fairhaven fahre und dort noch ein wenig herumbummle. Sehr charmant, das Örtchen.
Weiter geht‘s auf dem historischen Chuckanut Drive, der mit moosbewachsenen Bäumen und gelb leuchtenden Bigleaf Maples aufwartet. Gefällt mir gut, auch wenn sich nur wenige Gelegenheiten zum Anhalten bieten und man das Meer nicht sehr oft zu sehen kriegt.
Mittendrin fängt‘s an zu hageln, und das nicht zu knapp - die Straße ist ganz weiß!
Ein Stück weiter, wieder auf Meeresniveau, wird es ländlicher mit vielen Bauernhöfen - und hier schüttet‘s jetzt richtig.
Auch als ich Fidalgo Island erreiche, wird es nicht besser, deshalb fahre ich ohne Stop durch bis Anacortes, wo ich aber auch nicht wirklich viele Fotomotive finde. Zwar hat der Regen etwas nachgelassen, aber Bummeln macht unter diesen Bedingungen auch keinen Spaß.
Also fahre ich zurück zur 20 und bei etwas besserem Wetter weiter bis zum Deception Pass. Leider sind dort wegen Bauarbeiten die Pullouts nördlich der Brücke gesperrt bzw. mit Baufahrzeugen vollgestellt, so daß ich nur südlich davon an der Day Use Area halten kann. Nur für ein paar schnelle Bilder die 10$ Day Use Fee zu bezahlen, sehe ich nicht ein, zumal der Trail, von dem aus sich vielleicht bessere Ausblicke bieten könnten, ohnehin gesperrt ist.
Zügig geht’s dann weiter nach Oak Harbor, wo ich im Best Western reserviert habe. Hier bekomme ich ein schönes, geräumiges Zimmer im 3. Stock - auch mit Balkon, aber leider bewegt sich die Landschaft davor nicht.
Nachdem ich mein Zeug hochgebracht habe, fahre ich noch schnell zum etwas versteckt liegenden Walmart und kaufe ein paar Vorräte, u.a. das Dinner für heute abend. Leider nur ein Gang, und ich muß es auch noch selber zubereiten. Den Stuhl rückt mir auch keiner zurecht. Zustände sind das!
Weil gleich um die Ecke eine Naval Air Station ist, donnern hier ständig die Jets im Tiefflug drüber - hoffe mal, die machen das nicht auch in der Nacht... Wenn Flugshow, dann doch bitte als Einstimmung auf eine Kreuzfahrt!
Abends wird das Wetter dann etwas besser; der Sonnenuntergang ist allerdings arg dezent.
Nach einem Schlückchen Baileys geht’s in das leider nicht schwankende Bett (da hätte ich etwas mehr trinken müssen).