Tag 19: Montag, 17. Oktober 2016
Over- and Underground - Bermuda - Teil 2
Unterwegs steige ich aber noch einmal aus, denn ich will die Fantasy & Crystal Caves besuchen, die ich beim letzten Mal ebenfalls aus Zeitmangel auslassen musste. Über eine tropische Zufahrt laufe ich zum Eingang.
An der Kasse zahle ich $30 für beide Höhlen. Ein ziemlich stolzer Preis. Aber Bermuda ist kein Billigreiseziel. Der hohe Lebensstandard als britische Kronkolonie schlägt sich auch in den Preisen nieder. Die Touren starten alle 20 Minuten und ich habe Glück, dass es immer mal wieder Einzeltickets gibt, sodass ich nicht warten muss. Die Höhlen sind erst seit etwas mehr als 100 Jahren bekannt. Im Jahr 1907 die Teenager Carl Gibbons und Edgar Hollis Cricket spielten, verschwand ihr Ball plötzlich in einem Loch im Boden. Da der Ball jedoch für sie wertvoll war, begannen sie mit der Suche. Den Ball fanden sie zwar nicht, dafür aber eine bis dato völlig unbekannte Höhlenwelt, in die ich nun auch eintauchen will.
Mit einem Guide geht es zum Eingang der Fantasy Cave. Es ist ein aus Stein gebauter Eingang mit einem Eisentor, der auch zu einem Gebäude führen könnte. Dahinter verbirgt sich ein gepflasterter, aber glitschiger Weg mit vielen Stufen, der in die Tiefe führt.
Das Highlight der Höhle sind die unzähligen Gesteinsformationen, die sich teilweise in einem unterirdischen See spiegeln. Umso tiefer wir kommen, desto beeindruckender wird die Höhle. Natürlich gibt es größere und beeindruckendere Höhlen auf dieser Erde, von denen ich auch schon einige besucht habe, aber irgendwie sind die Höhlen hier schon faszinierend. Besonders wenn man bedenkt, dass dies hier eigentlich winzige Gesteins und Korallenblöcke im riesigen Ozean sind. Und die Kraft des Wassers bekommen wir auch zu spüren, denn auf Grund des vielen Niederschlags durch Hurrikan Nicole, sind einige Teile der Höhle noch geflutet.
Aber kommen wir zurück zur Geschichte der Höhlen. Mit der Entdeckung der beiden Jungs begann die Geschichte nämlich nur. Das Land hier gehörte bereits seit 1884 der Familie Wilkinson, die sofort mit weiteren Erkundungen begann. Julian Wilkinson band seinen 14-jährigen Sohn Bernard mit einem Seil an einem Baum fest und ließ ihn in die Höhle hinab. Nur mit einer Fahrradlampe in der Hand, wurde der Junge über 40 Meter abgeseilt und erkundete die Höhle. Das, was er fand, war mehr, als sich die Familie je erträumt hatte. Es war eine unterirdische Wunderwelt, die nun erschlossen wurde. Die Höhlen gehören übrigens auch heute noch der Familie Wilkinson, die sie nun schon seit über 100 Jahren Besuchern zeigt.
Nach einer knappen Stunde bin ich wieder im Tageslicht und warte auf meine zweite Tour. Sie hier lässt sich hingegen gar nicht von den Besuchern stören und blockiert mal locker eine der Bänke.
Der Eingang zur Crystal Cave verbirgt sich in diesem Gebäude. Diesmal läuft man eine gepflasterte Schräge herunter, die in die Tiefe führt. Die Crystal Cave ist besonders für ihre türkisblauen Seen bekannt und man bewegt sich auf schwimmenden Stegen auf dem Wasser.
Besonders interessant ist die optische Täuschung, die man hier hat. Während es so aussieht, als ob der Grund des Sees ganz nah ist, ist das Gewässer jedoch um die 15 Meter tief. Und beim Hinunterschauen tritt dann ein weiteres Phänomen auf. Unzählige Touristen lassen hier anscheinend ihre Sonnenbrillen unfreiwillig ins Wasser plumpsen. Es sind wohl so viele, dass einmal im Jahr ein Taucher kommt, um sie wieder herauszufischen. Auch ich sehe einige am Grund liegen.
Einer der ersten Prominenten, der die Höhlen besuchte, war übrigens der Schriftsteller Mark Twain, der gerne nach Bermuda reiste. Er sagte auch den berühmten Satz: "You can go to heaven if you want. I'd rather stay in Bermuda."
Nach guten 2 Stunden habe ich meinen Besuch beendet und stehe wieder an der Straße, um auf den nächsten Bus zu warten. Puh, nach der kühlen Höhlenwelt ist es hier draußen ganz schön warm. Und der Bus lässt auf sich warten. Bald gesellen sich noch zwei Frauen zu mir und wir wundern uns, wo der Bus so lange bleibt. Auf der anderen Linie sind schon etliche vorbeigekommen. Doch dann kommt er endlich und wir fahren zurück nach Hamilton.
Zurück in Hamilton laufe ich noch etwas durch die Stadt. Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten hatte ich ja schon 2014 besucht und so schlenderte ich durch einen Stadtpark, wo ich tatsächlich noch ein paar Schäden von Hurrikan Nicole sehe, der die Insel vor nicht einmal 4 Tagen traf. Ansonsten ist es erstaunlich, wie schnell man hier aufgeräumt hat. Aber man merkt, dass Bermuda und wohlhabende britische Kronkolonie ist und kein armer Karibikstaat ist. Da kann man verstehen, warum sich die Insulaner gegen die vollständige Eigenständigkeit entschieden haben. Der Lebensstandard auf Bermuda ist sehr viel höher als auf anderen Inseln.
Es ist schon später Nachmittag als ich beschließe die Fähre zurück nach Kings Wharf zu nehmen. Auf die Gezuckel mit dem Bus habe ich heute keine Lust mehr. Nach 25 Minuten bin ich zurück am Schiff, doch hier herrscht anscheinend gerade Hochbetrieb. Kein Wunder, denn viele Leute mögen gerne um 18 Uhr essen. Da ich nicht dazu gehöre, habe ich auch keine Lust mich da anzustellen und drehe noch eine Runde durch Nelsons Dockyard, das früher ein Stützpunkt der britischen Armee war.
Nach ein paar Minuten Fußweg erreiche ich den Victualling Yard, ein Gebäudekomplex, den es so überall gibt, wo die britische Navy einst vor Ort war. Hier wurden Lebensmittel hinter hohen Mauern gelagert, um Diebstahl zu verhindern. Heute liegt der Gebäudekomplex ziemlich verlassen da. Erst seit einigen Jahren erlebt das Gebiet um Kings Wharf eine Renaissance. Viele Jahre wurden die Gebäude vernachlässigt, doch seit hier der einzige Hafen für große Kreuzfahrtschiffe angelegt wurde, wird mehr und mehr saniert.
Ein bisschen England Feeling darf dann auch nicht fehlen.
Nach etwa einer Stunde bin ich wieder am Schiff. Jetzt gibt es keine Schlange mehr und ich kann direkt zur Ausweis- und Sicherheitskontrolle vorgehen. Na also, geht doch, trotz mehr Menschen an Bord. Nach den vielen Besichtigungen heute, habe ich keine Lust noch großartig ins Restaurant zu gehen, sodass ich mich heute mal am Buffet im Windjammer Cafe verpflege.
Hier an den Wänden hängen unzählige Bilder von Leuchttürmen an der Ostküste der USA. Die meisten von ihnen habe ich auch schon abgelichtet. Es scheint fast so, als hätte jemand meine Bilder aufgehängt.
Den Abend lasse ich ganz gemütlich auf meinem Balkon ausklingen. Und das hier ist nicht etwa die Sonne, sondern der Vollmond, der sich hinter den Wolken versteckt. In der Ferne glänzen die Lichter von Bermuda und auch das Signal des Leuchtturms ist deutlich zu sehen.
Heute Nacht bleiben wir im Hafen. Das ist immer etwas ungewöhnlich, denn normalerweise ist man nachts immer auf See. So aber fallen die typischen Schiffsgeräusche und -bewegungen aus. Nur das Meer plätschert ein ganz kleines Bisschen gegen die Schiffswand.
Wetter: 20-26 Grad, heiter