Auf "Wüsten"-Pisten im Südwesten

  • Zitat

    Original von Westernlady
    Bitte schnell weiter schreiben!


    Ja, ganz schnell das nächste Häppchen.


    ST. 08.3.2008
    Death Valley, The Racetrack – Lone Pine über Hunter Mt. Road
    Teil 1


    Ich hatte eine beschissene Nacht voller Selbstvorwürfe. Warum habe ich mich nicht nach dem Straßenzustand erkundigt? Eine Meile hinter der Kontrollstation bei Scottys Castel hatte ich noch daran gedacht, wollte aber nicht umkehren. Es war schon spät. Die Sonne…


    Aber wer hatte denn stolz die Pfützen-Umfahrung gefunden? Ich doch nicht? Nein! Wir waren beide gleich doof. Wie einfach ist doch die Überlegung, dass Schnee auch mal zu tief und nicht nur zu glatt sein kann!! Klar! Jetzt weiß ich es! Die Karre kommt mit Schwung in den Schnee, sitzt auf und schaufelt sich kurzerhand die Hufe frei, bis nur noch Luft drunter ist und lässt dann die Beine baumeln. Ehrlich! Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Mal ganz ehrlich! Der eine oder andere von euch auch nicht?


    Um 6:40 Uhr marschieren wir los. Meine Bergsteiger und Bergwanderer-Reflexe lassen mich das einpacken, was für eine Überlebensnacht notwendig ist. Kein Foto, keine Technik, nur Essen und Trinken und warme Klamotten.


    Escalante macht sich Gedanken um meine Kondition. Da ist es wieder: Nach langen, langen Stunden schmunzele ich wieder. Aber nur innerlich. Wir kennen uns zwar schon länger, aber nicht intensiv. Klar, dass er sich Gedanken darüber macht, dass er vielleicht nicht nur seine wertvolle Fotoausrüstung schleppen muss, sondern auch noch einen bierbauchigen Schlappschwanz mit Herzkasper.


    Der erste Anstieg vor meinem Oliven wird ihn in seinen Befürchtungen bestätigen, „fürchte“ ich. Ich bin ein sehr langsamer aber dafür endlos lange durchhaltender Bergauf-Geher. Escalante durchschaut nach wenigen zig Metern mit medizinischem Könnerblick meinen (für ihn überraschend guten) konditionellen Zustand. Seine wohl größte Sorge kann er damit getrost ablegen.


    Wir stiefeln durch den Schnee; nein: auf dem Schnee; denn er ist noch gefroren und wir kommen gut voran. In solchen Situationen habe ich das Bedürfnis nach einer guten Zeiteinteilung. Das hilft bei der Orientierung, der Einschätzung von Entfernungen und bei der eigenen Tempobestimmung.


    Etwa zwei Stunden hatte ich bis zur Saline Valley Rd. gerechnet. Um 8:53 Uhr sind wir da, also trotz Schnee und manchen Höhenmetern haben wir die gut acht Kilometer in etwas mehr als zwei Stunden gepackt. Und wir sind voll fit. Das gibt neuen Mut.


    Fotos kann ich euch leider keine liefern. Meine Kamera habe ich im Auto gelassen, weil: Fotoapparate kann man nicht essen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe gerade mal ganz kurz drüber nachgedacht:
    Wenn mir das passiert wäre, so im Schnee und festgefahren.....


    Dann hätte ich garantiert keinen Schlafsack dabei gehabt,
    und Bärbel auch nicht....


    Ich glaube, dann hätten wir uns ganz schnell und ganz viel warm gehalten....

    • Offizieller Beitrag

    Richtig, Joe,


    denn sonst wären wir ganz schnell erfroren.
    Die Energie beim "mit Schnee abreiben" geht schnell wieder verloren,
    wenn man nichts danach hat.


    Da bleibt nur noch das schnelle Umarmen und fest aneinander drücken.........


    Und an nix denken, sondern nur noch richtig schlafen.

  • Bin im Beste Western in Page gelandet und habe endlich stabiles Internet. Bevor es instabil wird, hier schnell der nächste Abschnitt:



    ST. 08.3.2008
    Death Valley, The Racetrack – Lone Pine über Hunter Mt. Road
    Teil 2


    Links vom Grat das Panamint Valley. Da ganz weit hinten im Dunst erahne ich Panamint Springs. Rechts das Saline Valley.


    Es ist kaum zu erwarten, dass jemand hier vorbei kommt und uns mitnehmen kann. Die Hunter Mt. Rd. ist zu und warum sollte jemand in aller Herrgottsfrühe zur Saline Valley Rd. fahren? Und dann müsste derjenige unseretwegen ja auch noch zig Meilen wieder zurück fahren…


    Nur etwa einen Kilometer sind wir gelaufen, da hören wir hinter uns Motorgeräusche. Tatsächlich! Es kommt ein Auto und zwar wider erwarten von hinten und nicht von vorn. Escalante stellt sich quer zur Fahrbahn. Wir sind gerettet!


    Ein Steine sammelndes Ehepaar, er: bekennender Pazifist, sie: eine hübsche Frau, machen auf der Rückbank ihres Fullsize-SUV einen Platz frei, indem sie das Gepäck aufs Dach verbringen. Der andere von uns muss weiterlaufen. Das Lauf-Los fällt auf mich. Nee! Und wenn ich Escalante auf den Schoß nehme, ich komme mit, denkt es in mir schon wieder und redet nicht.


    Ich zeige der Frau meine schlanken Finger und beweise damit, dass wir beide, Escalante und ich, auf den einen freien Sitz passen. Ich kann schon wieder lachen! Richtig lachen und Blödsinn machen.


    Kurz drauf sehen wir drei bunt gekleidete Motorradfahrer. Die hätten uns bestimmt auch geholfen. Wir sind froh; so richtig froh!


    Unsere Retter waren mehrere Tage im Saline Valley. Jetzt bringen uns nach Lone Pine. Dort wollen wir entweder die Death Valley Ranger alarmieren oder uns selbst nach einem Abschleppdienst umschauen.


    Gleich rechts, noch vor dem Ort, finden wir einen bestens ausgestatteten Abschleppdienst. Beim Schneemarsch hatten wir noch überlegt, was unsere Autos wohl aus ihrer Lage befreien könnte. Ein Trecker, war Escalante eingefallen! Ja, unter dem würde es wohl nicht gehen, es sei denn, man würde das Feld von hinten aufrollen und 250 Meilen und mehr durch das ganze Death Valley fahren, um uns über Teakettle Junction zu befreien. Das wären dann ja nur ein paar Hundert Meter Schnee und keine sechs Meilen.


    Die Abschlepper wirken amüsiert. „Wat dem einen sin Uhl, is dem Anneren sin Nachtigal!“ Ja, sie leben von solchen Blödköppen wie wir. Das war diesmal kein Pech, das war (schnee-)bodenlose Dummheit. Vor uns haben sie in den letzten Tagen allerdings schon einen Jeep rausgezogen und einen Hummer. Beide kamen aber nicht von Norden aus, wie wir. Sie sind von Süden gekommen und schon nach wenigen Hundert Metern verreckt. Der Hummer übrigens schneller als der Jeep.


    Vor zwei Wochen hat es hier einen gewaltigen Schneesturm gegeben, erfahren wir. Das wird nun so manch einem zum Verhängnis (und füllt deren Kassen, denkt es in mir schon wieder).


    Wir leben!, und zwar gut!! Werden in den Ort gefahren, wo wir uns erst einmal stärken können. Wir hatten beide nichts essen mögen. Der Chef der Abschlepper kommt zu uns ins Restaurant. Ein feiner, freundlicher, solide wirkender Mann unseres Jahrgangs, der das schon machen wird. Er fragt uns fachmännisch nach den Straßen- und Schnee-Verhältnissen. Er hat eine Lösung. Sein „Baby“ wird es schaffen.


    Das Baby ist ein Pick Up, dem man um die Füße in dreiecksform Gummiketten gewickelt hat. Baby macht einen Vertrauen erweckenden Eindruck. Baby wird es schaffen.



    Es geht los: Vorne Baby auf der Ladefläche eines mittelschweren Trucks, dahinter ein Begleitfahrzeug, in dem auch ich – wieder auf der rechten Arschbacke – zusammen mit Escalante unterkomme. Mein Rucksack liegt auf der Ladefläche. Hier drinnen ist kein Platz dafür.


    Wir fahren die vielen Meilen bis zum Einsatzort. Dort wird Baby abgeladen. Ich darf rein. Escalante fährt im Begleitfahrzeug mit. Der Truck bleibt stehen.


    Nicht weit, kommt auch Escalante ins von Cheffe gefahrene Baby. Die Crew sitzt auf der Ladefläche. Das Begleitfahrzeug bleibt auch stehen. Nur Baby kann weiter.


    Erst jetzt merken wir, wie tief der inzwischen wieder aufgeweichte Schnee stellenweise ist. Selbst das Kettenfahrzeug kommt immer wieder ins Schlingern. Da wären wir mit unseren Jeeps nie, nie, nie durchgekommen.


    Die Crew hat übrigens beschlossen, dass Baby unsere beiden Jeeps gemeinsam rausziehen wird. Das würde Zeit und somit auch Geld sparen. Gemacht hatten sie es bis dahin noch nicht, aber jetzt sollte es sein.


    Die unterhaltsame Baby-Fahrt endet irgendwann einmal, und zwar an meinem Oliven. Wir steigen aus und….



    Liebe Forianer, Gäste, Besucher, Freunde und Freundinnen…oder auch umgekehrt… könnt ihr euch den absoluten Super-Gau vorstellen, der jetzt … ja! Genau jetzt in diesem Moment… eintritt und mich wünschen lässt, ich sei nie, nie…. nie geboren worden?


    Ja, ihr werdet es wissen! Oder ahnen? Traut euch, es zu sagen. Verachtet mich, lacht über mich, sprecht nicht mehr mit mir, stellt mich auf „ignore“. Oder tröstet mich… Nehmt mich in den Arm oder auf den Arm! Ich stehe dazu. Es ist mir nun einmal passiert….

  • Zitat

    Original von Westernlady
    Autoschlüssel vergessen???


    Treffer! :schaem: Der Rucksack (samt Autoschlüssel) war ja auf der Ladefläche des Begleitfahrzeugs. Und das ist irgendwann stehen geblieben, ohne dass ich mir darüber Gedanken gemacht, habe, dass da meine Sachen drauf sind. Die Crew aber auch nicht, obwohl von denen welche auf der Ladefläche mitgefahren sind. Aber wie sollten sie auch!?

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