The undiscovered Country - USA Herbst 2013

  • Tag 11: Sonntag, 06. Oktober 2013

    Great River Stories - von Muscatine nach Dubuque

    Das schöne Wetter hat mich wieder, glaube ich zumindest, als ich heute Morgen aus dem Hotel komme. Zwar ist es wieder empfindlich kalt, doch die Sonne strahlt von einem blauen Himmel.

    Zuerst drehe ich eine kleine Runde durch Muscatine, denn dazu war ich gestern einfach zu müde und mit Sonne und blauem Himmel sieht sowie alles viel schöner aus. So fahre ich rund um das Courthouse, vorbei an viktorianischen Häusern und hinunter zum Mississippi, oder besser gesagt erst einmal hinauf, denn den schönsten Blick auf Fluss und Brücke habe ich vom Mark Twain Overlook.



    Doch auch direkt ans Ufer des großen Flusses fahre ich. Das kann man im Süden ja seltener, denn dort ist er meistens durch Dämme eingefasst. Hier aber kann man direkt bis ans Wasser gehen.



    Vorbei an der großen Heinz Ketchup Fabrik, hier werden die ganzen kleinen Tütchen hergestellt, die es überall gibt, fahre ich weiter, wieder tiefer ins Landesinnere von Iowa. Dort gibt es ein kleines, unscheinbares Städtchen, das der zukünftige Geburtsort eines weltberühmten Herrn ist, James T. Kirk, Captain des Raumschiffes Enterprise und der Ort ist Riverside in Iowa.


    Viel zu sehen gibt es hier allerdings nicht. Besonders die Mainstreet des Städtchens scheint mir eher verlassen. Kaum vorstellbar, dass hier einmal im Jahr das große Trekfest stattfindet und dann Fans aus der ganzen Welt hierher strömen.



    Doch dann entdecke ich zumindest die Enterprise. Auf einem Parkplatz steht, für jedermann sichtbar und ganz nah, fast wie aus einer anderen Zeit.



    Dahinter ein kleiner Shop mit Museum. Beides hat jedoch heute leider zu. Wie blöd, doch im Internet gab es kaum Informationen darüber, sodass ich die Öffnungszeiten nicht vorher herausfinden konnte.



    So bleibt mir nur die Bank vor der Tür anzusehen, die von William Shatner gestiftet wurde.



    Etwas enttäuscht fahre ich weiter und meine Laune hebt sich auch nicht gerade, als ich die dicke Wolkenfront vor mir sehe. Na toll, eben noch azurblauer Himmel und nur Minuten später ist alles grau in grau. Da hilft auch der kurze Stopp am ersten Kapitol von Iowa in Iowa City nicht wirklich meine Laune zu heben.



    Eigentlich hatte ich vor, heute noch in die Herbert Hoover Presidential Library zu fahren, doch das fällt dank Shutdown ja nun leider auch ins Wasser. Doch bevor ich mir so richtig überlegen kann, welche Richtung ich denn nun einschlagen will, huscht ein Schild an mir vorbei.



    Huch, das war doch Deutsch? Was hat das denn mitten in Iowa zu suchen? Ich bin neugierig und beschließe dem Abzweig zu folgen. Von den Amana Colonies habe ich noch nie zuvor etwas gehört. Kurze Zeit später erreiche ich das Städtchen Amana, wo ich zuerst zum Visitor Center fahre. Dort hoffe ich zu erfahren, was es mit den Amana Colonies auf sich hat. Schon bei reingehen springt mir überall deutsche Sprache ins Auge. Das verspricht interessant zu werden. Bin ich doch immer auf der Suche nach deutschem Erbe in den USA.



    Im Visitor Center geht es dann gleich so weiter. Bevor ich überhaupt zum Desk komme und nach Broschüren fragen kann, sehe ich schon diese Stücke an der Wand. So werden hier die Holzarbeiten der ansässigen Tischlereien näher betrachtet.



    Gleich daneben wird die Blechschmiede vorgestellt, die hauptsächlich Artikel für die Gemeindeküche herstellte. Mit dem Ende der Küche wurde 1932 auch die Schmiede geschlossen.



    Die Amana Colonies bestehen aus insgesamt 6 Siedlungen, die auf einer 32 Meilen langen Rundfahrt besucht werden können. Auch ich habe diese Fahrt gemacht und fand besonders den Hauptort Amana sowie High Amana sehenswert.


    Die Amana sind eine christliche Glaubensgemeinschaft, die auf die pietistische Bewegung der Inspirierten in Deutschland zurückgeht. Von Deutschland wanderte im 19. Jahrhundert eine Gruppe von etwa 800 Personen nach Amerika aus. Diese siedelten von 1843 an unter dem Namen Ebenezer Society bei Buffalo, New York. Um 1854 wanderten sie weiter nach Iowa.




    In der Nähe von Iowa City gründeten sie unter dem Namen Amana 6 Dörfer, die bis heute bestehen. Die Kolonien wurden nach dem im Hohen Lied Salomos genannten Hügel Amana benannt. Bis 1932 kannte die Gemeinschaft kein Privateigentum. Die Große Depression zwang jedoch zur Aufgabe der Gütergemeinschaft, doch noch heute stellen die Dörfer der Amana eine kulturell eigenständige Struktur dar, die immer noch stark vom Deutschen geprägt ist, auch wenn seit 1960 auf Englisch gepredigt wird.



    Dieses hier ist übrigens das älteste Haus in Amana und war bis in die 30ziger die Gemeinschaftsküche. Heute ist es, wie fast alle Häuser, in privater Hand.




    Vielleicht ist es ja schon jemandem aufgefallen, dass auf keinem der Fotos Autos vor den Häusern stehen. Das gibt dem Städtchen noch einen besonderen Charme, denn hier hat man sich Gedanken gemacht und die Parkplätze hinter den Grundstücken eingerichtet. Das macht auch beim Fotografieren Spaß, denn so habe ich nicht immer mehr Auto als Haus im Bild.




    Im General Store finde ich dann auch neudeutsche Produkte.



    Natürlich gibt es auch authentische Restaurants und Bäckereien. Und die sind wirklich gut. Der Bäcker, bei dem ich mir ein paar Teilchen hole hat wirkliche leckere Sachen, wie Windbeutel, Blätterteigtörtchen und auch Schwarzbrot (das ich aber nicht kaufe). In den Restaurants gibt es alles vom Sauerbraten bis zum Wiener Schnitzel, vom Rhabarber- bis zum Streuselkuchen und auch deutsches Bier.



    Manche der Häuser sehen auch fast so aus, als ob man sie aus Deutschland importiert hätte. Besonders die, die aus Backstein sind und die kleinen Fenster haben, erinnern mich schon sehr an einige Dörfer hier in der Gegend.




    Nach meiner Besichtigung von Amana entscheide ich mich dazu, auch die Rundfahrt durch die 5 anderen Dörfer noch zu machen. Besonders ein Besuch des High Amana Store wurde mir im Visitor Center ans Herz gelegt. So biege ich nun in das kleine Örtchen ein und es dauert auch gar nicht lang, bis ich das Geschäft finde.


    Der Tritt mit den 2 Stufen dran, der hier im Vordergrund zu sehen ist, wurde übrigens errichtet, damit die Kunden besser aus ihren Kutschen aussteigen konnten, wenn sie einkaufen gehen wollten.



    Der High Amana Store wurde 1857 gegründet und ist seitdem praktisch nicht mehr verändert worden. Alle Regale, der Boden, ja sogar einige Auslagen sind noch aus dieser Zeit. Selbst die Kasse ist noch ein Kästchen, in dem das Geld verwahrt wird. Trotzdem kann man hier auch einkaufen. Der Laden ist sowas wie eine Mischung aus Museum und Geschäft.




    Irgendwann reiße ich mich dann doch los von den Amana Colonies und beschließe aber, hier nicht das letzte Mal gewesen zu sein. Als ich auf die Uhr schaue, bin ich leicht erschrocken, wie spät es schon ist. Eigentlich hatte ich vor noch Brucemore in Cedar Rapids zu besichtigen, doch die Tour muss nun aus Zeitgründen leider gestrichen werden. Einzig ein Foto mache ich noch und muss wohl auch hierher noch einmal kommen.



    Mitten durch Iowa fahre ich weiter gen Norden und bin erstaunt, wie hügelig es doch hier ist. Schon vorher hatte ich ja gelesen, dass sich die Wälder des Staates fast ausschließlich im Osten befinden und auch das kann ich bestätigen. Nirgends sonst habe ich so viele Bäume gesehen. Leider fängt es unterwegs immer mal wieder an zu tröpfeln, sodass ich auf Zwischenstopps verzichte.


    Am späten Nachmittag erreiche ich schließlich wieder den Mississippi. Hier oben grenzt allerdings schon Wisconsin an Iowa und dorthin will ich noch einmal einen Abstecher machen.



    Hier in der Kleinstadt Prairie du Chien steht die Villa Louis, ein Herrenhaus, dass man eher in New York, Chicago oder St. Louis erwartet. Es wird, genau wie Black Point, von der Wisconsin Historical Society verwaltet, doch anders als in Black Point erklärt man mir hier gleich, dass ich innen nicht fotografieren dürfe. Wenn ich die Tour trotzdem machen wolle, kostet das $10 und es geht sofort los. Natürlich will ich trotzdem, zumal ich nun schon so weit gefahren bin, nur um hierher zu kommen.


    Die italienisch angehauchte Villa wurde 1871 für H. Louis Dousman erbaut, der hier unter anderem Pferde züchtete. Zum Grundstück gehörte sogar einmal eine eigene Pferderennbahn. Heute ist davon aber nichts mehr erhalten.


    Im Haus begrüßt mich Janet, die die heutige Tour gibt. Sie ist eine wahre Perle und ich habe wirkliches Glück gerade in ihrer Gruppe gelandet zu sein. Janet erzählt alles über die Dousman Familie, die dieses Anwesen hier draußen im Nirgendwo errichtete. Zu jener Zeit erreichte man das Haus nur per Boot auf dem Mississippi und später auch per Bahn.



    Von der Terrasse ist der Mississippi dann auch direkt zu sehen. Bei Hochwasser kommt das Wasser manchmal sogar bis an die Tür, erzählt Janet, überflutet wurde das Haus jedoch noch nie. Anders als viele der Häuser, die ehemals hier in der Gegend standen. Sie wurden alle abgerissen und die Menschen etwas weiter vom Fluß entfernt angesiedelt.



    Erst 2 Stunden später kann ich mich von der Villa Louis verabschieden. Die Tour war wirklich einmalig und eine der Besten, die ich jemals in solch einem Herrenhaus gemacht habe. Das war zum großen Teil natürlich auch Janet zuzuschreiben, die den Besuch zu einem einmaligen Erlebnis gemacht hat.


    Als ich abfahre fängt es wieder an zu tröpfeln und umso näher ich meinem heutigen Etappenziel komme, desto kräftiger wird der Regen. Was soll's, Pläne hatte ich für heute sowieso nicht mehr. Als ich über die Mississippibrücke nach Dubuque fahre, regnet es so heftig, dass man den Fluss kaum sieht. Zum Glück hält dieser Schauer nicht lange an und als ich am Fairfield Inn vorfahre, nieselt es nur noch etwas.



    Da ich keine Lust habe nochmal groß durch die Stadt zu fahren und der Olive Garden gleich auf der anderen Seite des Parkplatzes liegt, fällt die Entscheidung auch nicht schwer, wo es heute Abendessen gibt.


    Meilen: 279
    Wetter: 7-10 Grad, früh sonnig, später wolkig mit Schauern
    Hotel: Fairfield Inn, $95.20


    ;arr: ;arr: ;arr: A Princess, a President and a Blacksmith - von Dubuque nach Chicago

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Die Amana sind eine christliche Glaubensgemeinschaft, die auf die pietistische Bewegung der Inspirierten in Deutschland zurückgeht.


    ?(?(
    Papisten kenn ich ja, aber Pietisten ?(
    Aber hübsch ist es anzuschauen.


  • ?( ?(
    Papisten kenn ich ja, aber Pietisten ?(
    Aber hübsch ist es anzuschauen.


    Der Pietismus ist nach der Reformation die wichtigste Reformbewegung der kontinentaleuropäischen Protestanten gewesen. KLICK


    Mir hat es da super gefallen. Da würde ich auch nochmal hinfahren und sogar mal übernachten wollen. ;;NiCKi;:

  • Papisten kenn ich ja, aber Pietisten


    Siehste mal,ich kenne keine Papisten aber dafür die Pietisten - die Gemeinde in die ich gehe,ist auf der Grundlage der Pietistischen Glaubensbewegeng enstanden.


    Von Amana hatte ich allerdings noch nie gehört.Finde es aber total interessant - ich wiederhole mich - was Du wieder alles entdeckst,genial ;;NiCKi;:


    Gefällt mir sehr Deine Tour - manchmal hat man richtig Glück mit so nem spontanen Sidestep ;;NiCKi;:

  • Nun habe ich also nicht nur alle 50 Bundesstaaten sondern auch alle 50 Hauptstädte mit den dazugehörigen Kapitolen besucht.


    :resp: Das ist ja eine stolze Leistung! Ich nehme an, nicht mal sehr viele Amerikaner können das von sich behaupten :EEK:

    In der Haupthalle des Museums bin ich dann wirklich beeindruckt. Über 60 historische Trucks stehen hier.


    Das würde mir auch gefallen :!! Es ist doch bestimmt total spannend, die wunderbar gepflegten, alten Trucks zu besichtigen :clab:

    Auch in der Ausstellung zu sehen sind historische Maschinen aus dem Hause John Deere.


    Besonders beeindruckend, wenn man den Unterschied der antiken Maschinen gegenüber der hochmodernen Technologie vergleichen kann :!!


    Das waren zwei abwechslungsreiche, interessante Tage und das Wetter hat alles in allem gesehen, doch wieder ganz gut mitgemacht :SCHAU:


    Ups - gerade entdeckt, dass ich den letzten Tag noch gar nicht gelesen habe :schaem: Wird gleich erledigt ;;NiCKi;:

    • Offizieller Beitrag

    Der Pietismus ist nach der Reformation die wichtigste Reformbewegung der kontinentaleuropäischen Protestanten gewesen.


    Hab ich auch noch nie was von gehört.


    Was es nicht alles gibt. Aber prima, dass Du uns so was nahe bringst :!!

  • Und gleich noch ein spannender Tag :!!


    Die unerwartete Besichtigung der deutschen Glaubensgemeinschaft ist ja interessant :app:


    Aber auch der Besuch mit Führung des eleganten Herrenhauses hat bestimmt Spass gemacht!


    Etwas mehr Sonne wäre schön gewesen und der Shutdown ist manchmal etwas lästig - aber Du machst ja das Beste draus :clab:

  • Wow wieder tolle Häuser und Geschichten von Dir. Danke.


    Gerne. =) Brucemore und Villa Louis sind auch im Buch.


    Der Laden sieht ja richtig toll aus,das machen die Amis aber auch immer gut.


    ;;NiCKi;: Absolut Klasse, wie sie den Laden in Schuß gehalten haben.


    leider nicht so schönes Wetter


    Das wird wieder. ;;NiCKi;:


    die Gemeinde in die ich gehe,ist auf der Grundlage der Pietistischen Glaubensbewegeng enstanden.


    :EEK: Das finde ich ja jetzt spannend, dass das jemand hier kennt.


    Von Amana hatte ich allerdings noch nie gehört.Finde es aber total interessant - ich wiederhole mich - was Du wieder alles entdeckst,genial ;;NiCKi;:


    Ich kannte es ja auch nicht. Hatte das nicht mal bei der Vorrecherche auf dem Schirm gehabt.


    manchmal hat man richtig Glück mit so nem spontanen Sidestep ;;NiCKi;:


    ;;NiCKi;: Das stimmt. Manchmal entdeckt man so wirklich interessante Sachen.


    Gibt's net schon nen eigenen Rezeptthrread ?(


    ;;NiCKi;: Gibts.


    :resp: Das ist ja eine stolze Leistung! Ich nehme an, nicht mal sehr viele Amerikaner können das von sich behaupten :EEK:


    ;danke: Glaube ich auch nicht nicht, dass das zu viele Leute behaupten können.


    Es ist doch bestimmt total spannend, die wunderbar gepflegten, alten Trucks zu besichtigen :clab:


    ;;NiCKi;: Unbedingt. Und es waren so viele dort.


    Besonders beeindruckend, wenn man den Unterschied der antiken Maschinen gegenüber der hochmodernen Technologie vergleichen kann :!!


    ;;NiCKi;: Fand ich Klasse.


    Zitat von »betty80«
    Der Pietismus ist nach der Reformation die wichtigste Reformbewegung der kontinentaleuropäischen Protestanten gewesen.



    Hab ich auch noch nie was von gehört.


    Ich vorher auch nicht. Habe mich erst nach dem Besuch belesen.


    Etwas mehr Sonne wäre schön gewesen und der Shutdown ist manchmal etwas lästig - aber Du machst ja das Beste draus :clab:


    Das Wetter wird wieder. Nur der Shutdown war erst am Abflugtag vorbei. :wut1:


    .! :resp: Was Du so alles rausfindest (ob geplant oder zufällig). :clab: :clab: :clab:


    Recherche und Entdecken liegt mir im Blut. :MG:

    • Offizieller Beitrag

    ich kenne keine Papisten


    Katholiken. Die haben einen Papst als Kirchenoberhaupt.
    Eine abwertenten Bezeichnung für Katholiken, vor allem von den Protestanten. (die Protestierer von Speyer)
    Der Ausdruck entstand in der englischen Reformationszeit und reduzierte bewust den Katholizismus auf das Papsttum.

  • Das war zum großen Teil natürlich auch Janet zuzuschreiben, die den Besuch zu einem einmaligen Erlebnis gemacht hat.

    Mit dem Guide steht und fällt eine Tour, finde ich. Toll, wenn man einen so tollen Guide wie Janet erwischt. Aber die Führungen in den USA sind ja meistens sehr gut gemacht.

    Im General Store finde ich dann auch neudeutsche Produkte.

    Mini-Wini-Würstchen? ;haha_

  • was es doch abseits des Mainstreams so zu sehen gibt.


    ;;NiCKi;: Das ist inzwischen so ziemlich mein Hauptaugenmerk bei Reisen, besonders in den USA, Sachen zu suchen und zu finden, die interessant sind, aber nicht gleich überall bekannt.


    Da kann ich nur sagen, wirklich gut recherchiert.


    ;danke:


    Mit dem Guide steht und fällt eine Tour, finde ich.


    ;;NiCKi;: Und die war besonders Klasse.


    Zitat von »betty80«
    Im General Store finde ich dann auch neudeutsche Produkte.


    Mini-Wini-Würstchen? ;haha_


    :D

  • Tag 12: Montag, 07. Oktober 2013

    A Princess, a President and a Blacksmith - von Dubuque nach Chicago

    Der Regen von gestern scheint nun aber endgültig abgezogen, denn der Himmel ist wieder azurblau, als ich nach dem Aufstehen aus dem Fenster schaue. Laut Wetterbericht soll es ab heute auch wieder wärmer werden und die Stürme endgültig abgezogen sein. Da hält es mich dann auch nicht mehr lange auf dem Zimmer und ich packe flink meine Sachen.


    Mein Weg führt mich zum historischen Mathias Ham House. Doch rein komme ich hier leider mal wieder nicht. Warum geschlossen ist, kann ich allerdings auch nicht herausfinden. Es gibt keinerlei Hinweis an Tür oder Zaun.



    Unbedingt besuchen wollte ich den Fenelon Place Elevator, seitdem ich darüber bei der Planung gestolpert bin. Ich mag diese kleinen Bahnen und haben schon viele von ihnen auf der ganzen Welt bestaunt. Hier in Dubuque ist liegt die kürzeste und steilste dieser kleinen Bahnen auf der ganzen Welt. Nicht einmal 100 Meter lang ist die Strecke hoch auf den Berg.



    Seit 1882 schon fährt die Bahn den Berg hinauf und herunter, von April bis November jeden Tag von 8-22 Uhr. Ich zahle $3 für den Roundtrip. Bezahlt wird erst oben, denn nur dort gibt es eine Kasse.



    Oben angekommen geht man durch dieses Drehkreuz und dann schwebt mein Blick über Dubuque, den Mississippi und die 3 angrenzenden Staaten.



    Während der Vorbereitung auf die Reise, bin ich auch auf den Maquoketa Caves State Park getroffen. Höhlen hier in Iowa? Das klingt interessant. Das wollte ich mir genauer ansehen. Blöderweise ist Anfang Oktober hier keine Saison und als ich am State Park ankomme, herrscht gähnende Leere. Eine Weile überlege ich, ob ich hier trotzdem herumwandern will, entschließe mich dann aber dagegen, zumal das Licht am Morgen auch nur suboptimal erscheint.



    Na gut, es ist ja nicht so, als ob es mir hier an Orten mangelt, die ich noch besuchen will. Einer von ihnen ist das Putnam Museum in Davenport. Auf die Ausstellung hier bin ich zum ersten Mal bei der Planung meiner Großbritannienreise im Juni gestoßen. Damals wollte ich eigentlich auch nach Althrop House, dem Familiensitz der Spencer fahren. Leider ist der nur im Juli und August zu besuchen und ich war ja schon im Juni dort. In einem Nebensatz las ich aber, dass die Diana Ausstellung gar nicht mehr dort gezeigt wird, denn im Testament der Prinzessin ist wohl vermerkt, dass wenn beide Söhne 30 Jahre alt sind, alles in ihren Besitz übergehen wird. Da dies nun bald der Fall sein wird, werde die Ausstellung zu einer Abschiedstournee durch die USA unterwegs sein. Ich war platt und erst recht als ich las, dass der erste Ausstellungsort, das Putnam Museum, genau auf der von mir geplanten Route liegen würde. So stand für mich fest, dass ich mir das mal anschaue.


    Das Putnam Museum wurde bereits 1867 gegründet und war eines der ersten Museen, die westlich des Mississippi eröffnet wurden. Heute zeigt es mehr als 160.000 Exponate aus Geschichte und Wissenschaft. Unter anderem finde ich Objekte deutscher Siedler, die sich hier in Davenport niederließen.



    Der kleine Rundgang durch den Rest des Museums (ich habe mir nicht alles angesehen, denn das hätte sicher einige Stunden in Anspruch genommen) hat mich auch nichts extra gekostet, denn wenn man das Ticket für die Sonderausstellung erwirbt, ist der reguläre Eintritt inkludiert. Die Sonderausstellung befindet sich in einem Extratrakt des Museums und hat auch eine separate Einlasskontrolle. Sie ist so konzipiert, das sie durch das gesamte Leben der Prinzessin führt und, man glaubt es kaum, ich darf hier überall fotografieren.




    Herzstück der Ausstellung sind natürlich die Roben, die die Prinzessin zu unzähligen Anlässen getragen hat. Es ist ein bisschen wie im Kensington Palace in London, wo es ja eine ähnliche Ausstellung gibt.




    Einmalig ist aber das Hochzeitskleid, dass Diana damals 1981 trug, als Milliarden ihre Eheschließung vor dem Fernseher verfolgten. Und jetzt mal ganz ehrlich, ich finde es potthässlich. Ich habe 2004 auch das Hochzeitskleid der dänischen Kronprinzessin Mary gesehen, was um Länger hübscher war. In dem Fummel würde ich nicht mal beerdigt sein wollen, geschweige denn heiraten. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden und ihren ganz eigenen Stil hat Diana, was man an ihren anderen Kleidern sehen kann, auch erst viel später entwickelt.



    Das Ende der Ausstellung beschäftigt sich dann mit ihrem Tod. So gibt es z.B. ein Original Notenblatt von Elton John zu sehen, auf dem "Good Bye Englands Rose" geschrieben hat. Auch ein ganzes Regal an Kondolenzbüchern aus aller Welt gehört dazu.



    Nach etwa 90 Minuten bin ich dann wieder draußen, wo es sich jetzt merklich erwärmt hat und die Sonne richtig vom Himmel brennt. Ein letztes Mal überquere ich nun den Mississippi zurück nach Illinois. Hier im Westen ist der Staat genauso flach und trostlos, wie ich es aus dem Süden her kenne. Ich habe einmal auf der Fahrt von Chicago nach St. Louis gesagt, dass es hier so flach sei, dass man die Erdkrümmung erkennen kann, wenn man sich auf einen Stuhl stellt. Und so komme ich mir hier auch vor.



    Mitten in dieser Einöde erreiche ich schließlich das 800-Seelen Städtchen Tampico. Hier erblickte am 6. Februar 1911 Ronald Reagan das Licht der Welt und darauf ist der kleine Ort sichtlich stolz. Sogar ein Denkmal will man ihm jetzt setzen, doch das ist bei meinem Besuch noch verhüllt. Sonst ist hier aber nicht viel los. Ich kann sogar unbehelligt in der Mitte der Main Street stehen, ohne dass ein einziges Auto kommt.



    Im ersten Stock dieses Hauses wohnten John und Nelle Reagan als ihr Sohn an einem verschneiten Februartag auf die Welt kam. Als ich das Visitor Center im Erdgeschoss betrete, werde ich von Sharon begrüßt, die sichtlich stolz ist, auch aus Tampico zu sein. In Dixon, sagt sie, behaupten sie immer, dass das Reagans Heimat sei, doch geboren ist er schließlich hier. Nach Dixon sei die Familie erst später gezogen. Ich finde diese Rivalität irgendwie niedlich, denn Dixon liegt vielleicht 30 Minuten von hier entfernt und ich will dort später auch noch hin. Erst einmal aber lasse ich mir von Sharon die Wohnung der Reagans zeigen.



    Erstaunlich geräumig ist sie und gut ausgestattet, das hätte ich nicht erwartet. Die meisten anderen Präsidenten, deren Geburtshäuser ich besucht habe, kamen da aus viel ärmlicheren Verhältnissen.



    Die Reagans aber hatten Platz. 4 Zimmer, Küche und ein Bad, dass man aber noch nicht wirklich als solches bezeichnen kann, denn die Toilette, die befand sich auf dem Hof.



    Etwa eine Stunde schwatze ich mit Sharon über Reagan, das Leben hier und auch ihren Blick auf die USA, besonders da wir ja gerade im Shutdown sind. Es ist schon immer wieder interessant, wenn sich Menschen einmal öffnen und mich als Besucher so ein Stück weit an ihrem Leben teilhaben lassen. Besonders übel nimmt Sharon Obama, dass er ja einer von hier aus Illinois ist, das aber komplett zu vergessen scheint, wie wohl die meisten Politiker, die ja nicht mal mehr in der Hauptstadt Springfield wohnen, sondern nur noch in Chicago sind. Der Rest von Illinois existiere für sie gar nicht mehr, sagt sie frustriert. Diese Ansicht werde ich später übrigens noch von einem weiteren Einwohner aus Illinois hören.


    Ich aber fahre erstmal weiter durch die Kornfelder von Illinois und auf den Spuren eines vergangenen Präsidenten. Einem der, laut Sharon, zwar auch ins ferne Kalifornien zog um sein Glück zu machen, aber seine Wurzeln nie vergessen hat.



    Angekommen in Dixon stehe ich ihm dann auch gegenüber, zumindest seiner Statue. Es ist zwar nicht das erste Mal, denn ich war schon 2x in der Reagan Presidential Library in Kalifornien, doch etwas anders, denn hier, wo heute die Statue steht, spielte der kleine Ronald früher als Kind.



    Und in diesem Haus war die Familie zu Hause. Leider darf ich hier, im Gegensatz zu Tampico, mal wieder nicht fotografieren und auch die Führung ist etwas unpersönlich, sodass ich den Besuch in Tampico um Längen besser fand.



    Nur wenige Meilen weiter hat aber noch ein berühmter Bürger aus Illinois seine Wurzeln. Da heute Montag ist und die Historic Site geschlossen sein soll, erwarte ich nicht viel von dem Besuch, doch wenigstens einmal dort gewesen sein, das will ich schon. Und so mache ich mich auf den Weg, denn die John Deere Historic Site liegt nur etwa 5 Meilen außerhalb von Dixon, kein allzu großer Umweg also.



    Als ich den Ort erreiche, wo die erste Schmiede von John Deere stand, bewahrheitet sich auch, was ich vorher gelesen hatte, es ist geschlossen. Da das Grundstück aber einen ganzen Straßenblock umfasst, kann ich wenigstens von außen schauen. Auf der Rückseite entdecke ich das Wohnhaus und mache ein paar Fotos. Da kommen zwei Mädchen im Alter von ca. 4 und 7 Jahren auf mich zu und fragen, warum ich denn ein Foto von diesem alten Haus machen würde, das ihrer Grandma wäre doch viel hübscher und ich solle doch lieber das ablichten. Ich erzähle den Beiden dann wo ich herkomme und dass ich mich hier ein bisschen umsehen will. So stehen wir eine Weile auf der Straße, bis ein Mann auf einem Aufsitzrasenmäher vorbei kommt. Eines der Mädchen läuft zu ihm hin und erzählt ihm, von wo ich komme. Plötzlich kommt er herüber, stellt sich als der Hausmeister der Historic Site vor und fragt mich, ob ich nicht Lust hätte, mal hereinzukommen. Da sage ich natürlich nicht nein.



    Und so bekomme ich doch noch eine kleine Tour durch die John Deere Historic Site. Ich kann mich zwar nicht ganz so lange umsehen, aber dafür habe ich einen persönlichen Guide und das Ganze kostet mich nicht einen Dollar. Ich sehe nicht nur das Innere des Wohnhauses, sondern auch die nachgebaute Schmiede, in der heute an Besuchertagen auch wieder ein Schmied tätig ist. Einen kleinen schmiedeeisernen Anhänger darf ich mir auch als Souvenir aussuchen. Zum Abschluß darf ich noch einen kurzen Blick in das Museum werfen. Hier befindet sich eine Ausgrabungsstelle und diese wiederum ist der Original Standort der Schmiede von John Deere. Unzählige Stücke haben die Archäologen über die Jahre hier ausgegraben und die sind hier auch ausgestellt.



    Ich bin ganz begeistert, dass ich dieses tolle Erlebnis haben konnte und bedankte mich noch einmal ganz herzlich dafür. So etwas gibt es auch nur in Amerika.


    Mit guter Laune fahre ich weiter gen Chicago. Zum Starved Rock State Park werde ich es zwar nun nicht mehr schaffen, aber man kann halt nicht alles haben und irgendwas muss ja auch noch für den nächsten Besuch übrig bleiben.



    Mit dem Sonnenuntergang erreiche ich Tinley Park, wo ich das Sleep Inn für mich reserviert habe. Dieses ist eines der Sleep Inn, die in den letzten Jahren ein völlig neues Design bekommen haben. Viele Leute haben mir davon schon vorgeschwärmt. Ich bin allerdings etwas enttäuscht, denn so toll ist es hier bei genauerem Hinsehen leider nicht. Ich hatte mehr erwartet.



    Den Abend verbringe ich aber heute sowieso nicht im Hotel. Eigentlich hatte ich auch geplant, erst morgen früh wieder nach Chicago zu fahren, doch dann viel mir ein, dass ich ja so Chicago auf dieser Reise gar nicht bei Nacht sehen würde. Also wurde der Plan geändert und hier bin ich nun, zurück in der Windy City, allerdings ohne Wind und mit sternenklarem Himmel, der ein Traumpanorama ermöglicht.



    Bevor ich das jedoch ansehe, fahre ich noch einmal zur Buckingham Fountain, die bei Nacht wunderschön angestrahlt wird. Hier ist ganz schön was los und immer wieder laufen mir Menschen durchs Bild, alle sind sie hier, um dieses Spektakel zu sehen.



    Auch ringsum erleuchten die Wolkenkratzer von Chicago. Viele mit pinken Spitzen, denn es ist Breast Cancer Awareness Month.



    Und dann ist es soweit. Die Fontäne der Buckingham Fountain schießt in die Höhe. Die Menschen bleiben stehen und staunen. Selbst die Asiaten, die die ganze Zeit geschnattert haben, sind nun ganz still. Nur das Klicken der Kameras und das Rauschen des Wassers sind zu hören. Ein magischer Moment und ein toller letzter Abend auf diesem Teil der Reise.



    Ich will mich aber mit diesem Panorama nicht zufrieden geben und fahre noch einmal zum Adler Planetarium. War der Blick auf die Skyline von hier am Tage schon fantastisch, so ist er jetzt gerade zu atemberaubend. Ganz Chicago glänzt und funkelt, die Spiegelung im Lake Michigan auch wunderschön. Das letzte Mal habe ich so eine tolle Skyline in Hong Kong gehabt. Dafür hat sich die Fahrt nach Downtown definitiv gelohnt.



    Erst gegen 22 Uhr bin ich zurück im Hotel, wo ich ja auch noch meinen Koffer packen muss, denn morgen fliege ich nach Phoenix. Zum Glück habe ich aber noch nicht so viel gekauft, sodass alles noch ganz gut passt und auch zugeht.


    Meilen: 322
    Wetter: 10-22 Grad, sonnig
    Hotel: Sleep Inn Tinley Park, $75.59


    ;arr: ;arr: ;arr: My kind of town Chicago is - von Chicago nach Phoenix

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