Tag 8 – 16. Mai
Moab
Some like it hot (I don't!)
Nachdem es irgendwann mitten in der Nacht dank eines heftigen Fünf-Minuten-Sturms schön abgekühlt hat, schlafe ich bei offenem Fenster richtig gut bis halb acht. Das Frühstück fällt heute ein wenig mager aus, aber das wußte ich ja vorher schon. Es gibt nur Kaffee und Mini-Muffins, aber auch davon wird man satt.
Weil mein Knöchel immer noch etwas wehtut und der Tag wieder ziemlich heiß zu werden verspricht, entscheide ich mich definitiv gegen den eigentlich eingeplanten Trail zum Hidden Valley (da soll’s tolle Petroglyphs geben) und für einen etwas flacheren mit mehr Schatten, nämlich den Negro Bill Canyon bis zur Morning Glory Bridge (ca. 2 1/4 Meilen one-way). Den hab’ ich vor einigen Jahren schon mal gemacht und als relativ leicht in Erinnerung. Tja. Damals war ich auch noch jünger und die Temperatur deutlich niedriger.
Auf jeden Fall bin ich trotz zweier Baustellen-Ampeln (offenbar wird entlang der 128 ein extra Radweg gebaut) recht schnell am Trailhead – der ist ja nur gut 3 Meilen vom Abzweig entfernt. Natürlich parken hier schon einige Autos, und der Trail ist gut besucht, aber das ist keine wirkliche Überraschung. Ist halt eine sehr populäre Wanderung.
Umgeben von den für Moab so typischen roten Felsen stiefle ich los.
Leider ist es schon wieder total heiß, und so viel Schatten wie ich dachte hat’s auch nicht. Die Sonne knallt an den meisten Stellen ganz schön runter, und schon der Hinweg ist ganz schön anstrengend und zieht sich furchtbar. Immerhin gibt’s eine riesige Auswahl an Blümchen – Wildrosen, Globemallows, wunderschöne weiße Columbines, Cliffrose, Indian Paintbrush, Primrose und einiges andere, das ich nicht persönlich kenne. Nur die Kakteen sind leider bis auf einige wenige Schnellzünder noch nicht so weit.
Die Landschaft ist natürlich auch toll, und es macht Spaß, den Bach immer mal wieder zu überqueren. Hin und wieder tapse ich ein bißchen ins Wasser, aber bei dieser Hitze macht das gar nichts.
Nach einem etwas längeren Päuschen an einer schattigen Stelle mit Felsen, die sich im Gegensatz zu den meisten halbwegs an den Allerwertesten anpassen (hier unterhalte ich mich sehr nett mit einer kleinen Gruppe Engländer, die eine Busrundreise mit Wanderausflügen macht), nehme ich das letzte Stück zur Bridge in Angriff. Zieht sich auch nochmal furchtbar… Und dann ist natürlich – auch keine Überraschung – das Licht bei der Bridge für richtig gute Fotos einfach ungeeignet. Überhaupt läßt sich das zugegebenermaßen imposante Teil nicht besonders gut ablichten.
Aber egal, ich bin erstmal froh, es überhaupt bis hierher geschafft zu haben. Ich suche mir ein schattiges Plätzchen, tauche meine Bandana ins Wasser (fühlt sich kurzzeitig herrlich an, aber innerhalb von geschätzten 15 Sekunden verschwindet die Kühle wieder), futtere ein paar Nüsse und trinke gefühlte drei Liter.
Leider taucht irgendwann ein Rudel quäkender Tussis auf, die offensichtlich nicht wissen, daß man sich hier auch in normaler Lautstärke unterhalten darf. Und dann erscheinen auch noch die männlichen Gegenstücke irgendwo oben auf der Bridge und plärren mindestens genauso laut durch die Gegend. Mir leuchtet schon ein, daß sie den Mädels den Erfolg ihrer Expedition irgendwie kundtun müssen und es wahrscheinlich nicht das gewünschte Ergebnis bringen würde, wenn sie sich auf ihre Hühnerbrüste trommeln würden, weil man das nicht bis unten hören würde, aber nach ein paar Minuten nervt mich dieses Machogehabe so sehr, daß ich wieder aufbreche.
Der Rückweg ist fast noch anstrengender als der Hinweg, obwohl es mehr bergab als bergauf geht – aber es ist halt mittlerweile noch heißer geworden, die Sonne steht höher und verdrängt den Großteil vom Schatten, und mein Knöchel ist auch mit schwindender Begeisterung dabei. Deshalb fotografiere ich auch nicht mehr so viel wie auf dem Hinweg, aber ein paar schöne Blümchen, die mir zuerst nicht aufgefallen sind, werden doch noch auf die Karte gebannt.
So richtig k.o. komme ich schließlich – endlich – wieder zum Parkplatz. Puuuh, das war echt heftig, vor allem dank der Hitze. Beim letzten Mal hatte ich den Trail ja im Herbst gemacht, da war’s schön kühl, und das macht eine Menge aus. Bei mir jedenfalls. Aber egal, ich hab’s ja geschafft.
Jetzt werden erstmal Wanderschuhe gegen Sandalen getauscht, die Klimaanlage aufgedreht und zum Motel in Moab zurückgeheizt. Kann man mit der Klimaanlage auf Kalt überhaupt heizen?
Das Zimmer ist glücklicherweise jetzt um zwei schon gemacht. Der Service hier funktioniert halt einwandfrei. Nach einer erfrischenden Dusche lege ich ein kleines Nickerchen ein, das hilft erfahrungsgemäß am besten, wenn ich so platt bin. Und schwupps, schon ist es zwei Stunden später. Dafür geht’s mir aber auch wieder richtig gut. So langsam kriege ich Kohldampf, deshalb gibt’s jetzt erstmal Futter, kaltes Büffet sozusagen.
Gegen sechs mache ich mich dann nochmal auf den Weg nach Downtown Moab, werfe einen Schwung Postkarten ein (daß ich gestern vor dem Einchecken noch Briefmarken gekauft habe, habe ich euch im Tagesbericht übrigens verschwiegen, natürlich nicht mit Absicht ) und schaue mich im Infocenter und in dem Buchladen mit den vielen interessanten archäologischen Büchern um, aber überall komme ich mit leeren Händen raus. Ist vielleicht auch besser so – sowohl für den Geldbeutel als auch für das Gepäck beim Rückflug. Meine Fotoausbeute hält sich ausnahmsweise auch in Grenzen – ein einziges Bild findet den Weg auf die Speicherkarte.
Eigentlich hatte ich überlegt, zum Sonnenuntergang nochmal schnell in den Arches zu fahren, aber inzwischen hat sich’s rundrum richtig zugezogen, deshalb verzichte ich darauf und mache mir stattdessen wieder einen gemütlichen Abend im Motel. Meinen Knöchel versorge ich auch noch – mit Bandage und dem Rosskastanienextrakt, den mir mein Orthopäde vor Jahren mal gegeben hat. Der hilft bei sowas immer ganz gut, und mir ist dabei vollkommen egal, ob’s der Placido Placebo-Effekt ist oder nicht.
Trotz des kurzen Nickerchens heute nachmittag heißt es schon um halb zehn: Licht aus. Hab’ aber morgen auch einiges vor.
Tagesfazit
Highlight des Tages: mal wieder die vielen Blümchen
Lowlight des Tages: die Hitze und mein blöder Knöchel
gefahrene Meilen: 10
Übernachtung: Adventure Inn – siehe gestern