Es ist eines der letzten großen Abenteuer in Neuengland - na ja okay, so dramatisch ist es vielleicht nicht - aber ein kleines Abenteuer ist die Fahrt auf den Mt. Washington schon. Der mit 1917 Metern höchste Berg im Nordosten der USA macht es dem Besucher nicht immer ganz einfach die Spitze zu erreichen. Als erste Hürde gilt es das Wetter zu überwinden.
Regen, Nebel, Wolken oder Schnee machen die Fahrt auf den Gipfel oft unmöglich. Wer dann Glück hat und einen sonnigen Tag erwischt, der musst aber immer noch die Strecke nach oben überwinden. Nicht umsonst prangt auf den Autos derer, die es geschafft haben, stolz der Sticker: “This Car Climbed Mount Washington”.
$25 kostet die Fahrt auf den Berg pro PKW inklusive Fahrer. Für jeden weiteren Passagier werden noch einmal $8 fällig. Bezahlt wird am Kassenhäuschen im Tal, wo man auch besagten Sticker sowie eine Audio Tour auf CD erhält, die sehr empfehlenswert ist. Dann ist es endlich geschafft, die Fahrt zum Gipfel kann beginnen. Im unteren Verlauf ist die Straße noch geteert und relativ gut befahrbar. An manchen Stellen ist es zwar etwas eng, aber sonst komme ich gut mit den vorgeschriebenen 25mph voran.
Nach und nach ändert sich die Vegetation, während ich im Auto den Geschichten über die Menschen lausche, die diese Fahrt lange vor mir unternommen haben.
Dann plötzlich wird die Straße immer enger und die Steigung immer steiler. Bis zu 27% muss mein Auto nun überwinden. Jetzt wird mir richtig klar, warum nicht jedes Auto diese Fahrt antreten darf. Mühsam quäle ich mich also die Steigungen hinauf und fahre manches Mal ganz schön dicht am Abgrund. Mit der Baumgrenze ändert sich dann auch der Straßenbelag. Das letzte Stück nach oben ist die Straße nur noch ungepflastert und deshalb auch nicht bei jedem Wetter befahrbar. Doch langsam aber sicher überwinde ich auch dieses Stück auf dem Weg zum Gipfel. Und dann bin ich plötzlich da - der Gipfel des Mount Washington ist erreicht, zumindest der Parkplatz, wo ich das Auto abstellen muss.
Mein erster Weg auf dem Gipfel führt mich zum Summit Stage Office. Hier befand sich von 1932 bis 1937 auch das Mt. Washington Observatory, wo am 12. April 1934 die höchste Windgeschwindigkeit, die jemals von Menschen gemessen wurde. Ganze 231 Meilen pro Stunde, oder fast 372 Stundenkilometer schnell war die Windboe, die über den Gipfel hinweg fegte. So windig ist es zwar heute nicht, aber ich kann mir gut vorstellen wie es sein muss, hier während einem richtigen Sturm zu sein - bestimmt nichts für mich. Nach einem kurzen Foto mache ich mich dann auch weiter Richtung Gipfel auf.
Zuerst gilt es, eine ziemlich steile Treppe bis zum Tip-Top House zu überwinden. Das Tip-Top House war für die ersten Besteiger des Mt. Washington die einzige Möglichkeit zur Übernachtung. Heute ist es ein Museum, in dem ich einen Einblick in diese längst vergangene Zeit bekomme. Schon 1853 wurden hier Gäste bewirtet, lange bevor es eine Straße oder Bahn auf den Berg gab. In Doppelstockbetten und Mehrbettzimmern übernachteten die Mutigen, die sich bis auf den Gipfel trauten.
Und dann liegt er endlich vor mir, der Gipfel des Mt. Washington. Nur noch wenige Schritte sind es bis zum Schild, das die höchste Stelle markiert. Es ist gar nicht so einfach den Gipfel mal ohne Menschen zu fotografieren, denn ständig will jemand das Schild berühren und sich damit fotografieren lassen. Nachdem auch ich mein obligatorisches Foto mache, genieße ich allerdings lieber die Aussicht. Und die ist spektakulär. Weit schweift das Auge über die Presidental Range, eine Bergkette, die nach amerikanischen Präsidenten benannt ist. Da gibt es den Mt. Adams, Mt. Jefferson, Mt. Clay, Mt. Madison und ebend den Mt. Washington, auf dem ich ja gerade stehe.
Wer sich übrigens nicht traut, die Straße auf den Mt. Washington selbst zu bewältigen, für den gibt es auch geführte Touren. Und dann führt auch noch die Cog Railway auf den Berg. 1869 als die erste Bergbahn eröffnet, quält sich die kleine Bahn auch noch heute über die 3 Meilen lange Strecke auf den Mt. Washington.
Nach einigen Stunden Aufenthalt auf dem Gipfel mache ich mich dann auch wieder auf den Weg ins Tal. Einfacher wird die Fahrt bergabwärts aber auch nicht. Stotterbremse und ein niedriger Gang heisst das Zauberwort, denn sonst kann es zu einer gefährlichen Überhitzung des Autos kommen. Mein funkelnagelneuer Miet-SUV bewältigt jedoch auch diese Strecke ohne Probleme und so erreiche ich nach einem aufregenden Tag glücklich und zufrieden das Kassenhäuschen, an dem mein Abenteuer "Mt. Washington" an diesem Morgen begann.
Den Aufkleber kann ich mir allerdings nicht an die Stoßstange kleben, denn das Auto muss ja am Ende der Reise zurückgegeben werden. Ein bisschen stolz bin ich trotzdem. Und so bekommt der Sticker einen Ehrenplatz an der Heckscheibe, um zumindest für eine paar Tage zu beweisen, dass auch dieses Auto den Mt. Washigton hinauf gefahren ist.