Hiking Southwest - 230 km zu Fuß durch den Südwesten

  • Samstag
    Die Sonne strahlt auf new-mexikanischen Boden. Stechend blauer Himmel begleitet uns nach dem Frühstück in die Rockies. Selbst hier keine Wolke zu sehen. Auf der Interstate 25 führt uns die Straße wieder durch weites, ebenes Land bis Raton. Kurz darauf erreichen wir Colorado und schon kommen erneut die Berge. Wir sind in Trinidad, eine schöne alte Stadt, die aus der Ferne an Durango erinnert. Und obwohl so ein Fahrtag keinerlei körperliche Anstrengung bedeutet, stürmen wir den Burger King.


    Die US 160 führt nun ins Grasland. Weit und breit nicht einmal ein Hügel. Eigentlich könnte man bis Chicago sehen, denn gen Osten kommen nur noch die Ebenen in denen die kalte Luft der Rockies auf die warmen Winde der Golf Region trifft. Tornado Alley! Aber hier ist nichts los. Man kann sich nicht vorstellen, dass noch etwas anderes kommt, als flache Steppe. Im Rückspiegel erheben sich die schneebedeckten Rocky Mountains. Kim, eine gottverlassene Ortschaft, in der es nicht einmal eine Tankstelle gibt, dient als Zigaretten-Pause-Lokation. Echt spannend hier, aber Menschen gibt es, wir haben sie nur nicht gesehen.


    Nach 300 Meilen sind wir an einer Straße, die wir noch 33 Meilen fahren müssten, um unser nächstes Ziel, den Wisdom Tooth Arch, zu erreicht. Zurück müssen wir auch wieder und als wir so 66 mal 1,609 rechnen, strecken wir die Nase in den Wind und lassen den Steinbogen dort, wo er ist. Kurz vor La Junta bröckelt die Ebene in tiefe Canyons hinab. Es sind nur die Ränder zu erkennen, aber morgen werden wir einen dieser Canyons durchwandern.


    La Junta, ein Eisenbahnknotenpunkt, auch wunderbar! Schön, dass wir mal hier Station machen. Die Innenstadt besteht aus Läden, deren Fenster mit Spannplatten vernagelt sind, keine Restaurants, nur Fastfood. Pepperoni Lover im Pizza Hut, dazu ein eiskaltes Sprite, - ein Traum! Am Abend im Hampton Inn, übrigens ein nettes Hotel, erkundige ich mich bei den Hiesigen an der Rezeption nach der Anfahrt für morgen. Man hat mir bestätigt, dass meine Planung stimmt und dies der einzige Weg sei, um den Picketwire Canyon zu bezwingen. Also, bitte merken, denn morgen werden wir dahingehend eine ernüchternde Überraschung erleben.


    Sonntag
    Als wir kurz nach 8 Uhr von der 109er in die ungeteerte 802 in Richtung Vogel- und Picketwire Canyon einbiegen, sind es noch 17 Meilen bis zum Trailhead. Nur die letzte Meile war etwas ruppig, aber vor Ort stehen bereits Autos und das waren auch PKWs.


    Ein gut gekennzeichneter Trail führt vom flachen Land in den Canyon hinunter. Und unten angekommen geht es ohne nennenswerte Höhenunterschiede zügig voran. Es ist schön hier. Wir treffen Mountain-Biker, die wir immer wieder einholen, da sie sich einen Stein nach dem anderen ansehen. Zu guter Letzt haben sie dann noch einen Reifenschaden und wir erarbeiten uns einen massiven Vorsprung. Der Fluß Purgatoire begleitet uns, bringt jedoch keine Kühlung. Von Stunde zu Stunde wird es wärmer.



    Nach knapp vier Meilen stehen wir vor einem alten Friedhof. Die kleine Kapelle ist zerfallen, das Kreuz nur noch teilweise sichtbar. Die Grabsteine sind gut erhalten. Na ja, nicht so unser Ding, aber die Wanderung ist sehr schön und abwechslungsreich. Und dann kommt bald der Hammer. Es geht noch eineinhalb Meilen voran. Wir freuen uns, dass das Ziel in greifbare Nähe rückt und zwei besondere Steinbögen auf uns warten. Und dann passiert's. Unmittelbar vor dem Window Rock, dort, wo vor Jahrtausenden Dinosaurier ihre Spuren hinterlassen haben, stehen Nachweise der modernen menschlichen Zivilisation. Nassgeschwitzt und durchaus erschöpft blicken wir in die Kühlergrills von fünf Autos. Ich glaube ich spinne! Das ist ungefähr so, als wenn du mit letzter Kraft vom letzten Höhenlager am Gipfel des Mount Everest ankommst und oben wird gerade der Kioask aufgemacht, an dem sie Wiener Schnitzel und Bratwurst verkaufen. Oh Mann! Man könnte sich nun auf den Standpunkt stellen, dass man das, was man nicht erwandert hat, auch nicht richtig gesehen hat. Da bin ich aber momentan ganz anderer Meinung.



    Der interessante Window Rock steht auch unmittelbar an der Dirtroad und nachdem ich mit dem Fotografieren fertig war, haben wir uns eine kleine Pause gegönnt und mussten schon wieder darüber lachen. Erstens wollten wir ja wandern und zweitens interessiert sich hier kein Schwein für die Arche. Alle gehen zu den Saurier Tracks und ich wünsche ihnen, dass es sich um Tritte von Kühen handelt, die vor 80 Jahren durch einen frisch betonierten Estrich gewandert sind. Was sagen die Heinis von der Nationalparkverwaltung oft: Nobody knows! Wir ziehen weiter zum Picture Window, ein ebenfalls aus schönem Felsen geformter Bogen. Ich nehme an, dass Lava ist.



    Na ja, wir schauen uns jetzt mal die Kuhtritte an und finden sie ganz nett. Aber ehrlich gesagt kann das alles sein und wenn ich die Abstände zwischen den Spuren sehe, dann sind das vielleicht 50 Zentimeter. Dinosaurier und 50-Zentimeter Schrittmaß? Ok, ich bin jetzt sehr subjektiv und denke noch kurz an die gute Frau an der Rezeption. Es ist unvorstellbar, dass die das nicht wußte. Obwohl, ... Es bleibt zu erwähnen, dass wir in Flußnähe noch einen dritten Steinbogen entdeckt haben. Wir taufen ihn Little Picketwire Arch.


    Als wir nach fast 20 Kilometern vor der Steigung zum Canyonausgang stehen, sind wir doch ziemlich am Ende. Der Schweiß fließt in Strömen und nur der Gedanke an das kalte Getränk im Auto sichert das Vorankommen. Nach gut 6 Stunden sind wir zurück. Eine tolle Wanderung, trotz allem, zu zwei wunderbaren Steinbögen.


    Wir waren wieder sehr früh im Hotel und bevor wir uns nochmal das Abendessen in diesem Nest antun, entschließen wir uns, lieber 65 Meilen nach Pueblo zu fahren. Die Hoffnung war, dass wir an der Interstate bestimmt ein vernünftiges Restaurant finden. Das Essen im Red Lobster war gut. Es mag ja sein, dass es verrückt ist, zwei Stunden dafür zu fahren. Aber so sind wir halt ;-)


    Fortsetzung folgt ... Nachdem die Bilder bereits online sind [siehe Updates] - werden sukzessiv und parallel zu diesem Bericht die Wanderungen erstellt. Den Fortschritt könnt Ihr gut über die "Updates" verfolgen!

  • Ich glaub, ich wäre wie Rumpelstilzchen rumgesprungen und hätte mir vor Wut ein Bein ausgerissen, obwohl, nach so langer Wanderung könnte ich ja nicht mehr springen :gg::gg::gg:


    Fritz, da hätte ich wirklich gerne Dein Gesicht gesehen, wie Du die Autos entdeckt hast :gg:


    Gruß


    Sandra

  • Oh Fritz, ich hätte so gern Eure Gesichter gesehen, als Ihr nach der langen Wanderung dort angekommen seid und die Autos gesehen habt.
    Ich musste beim Lesen so schmunzeln :gg: , auch wenn Ihr dies verständlicherweise im ersten Moment nicht konntet.
    Sehr bildhafter Vergleich mit dem Bratwurststand auf dem Mount Everest.


    Ja und die Dino-Tappser sind bestimmt Kuhtritte :!! - bzw. von Kälbchen, wegen dem kleinen Abstand ;)

    • Offizieller Beitrag

    Bratwurststand auf dem Mount Everest


    Bratwurst muß ja nicht sein, eine Burgerschmiede tuts auch oder wenigstens ein Goldener M-Arch. ;)

  • Hallo Fritz,


    so, jetzt bin ich auch mal hinterhergehechelt und hab' alles nachgelesen. Ich muß ja schließlich auch den kompletten Hintergrund der Socken-Geschichte wissen. ;)

    Meine Güte! So viele Ärche!

    Ups, da hab' ich im ersten Moment was anderes gelesen. :schaem:


    Unser letztes Ziel für heute haben wir schon 2006 besucht. Der Hope Arch ist einer der schönsten Steinbögen, die ich kenne

    Der ist wirklich total schön, den muß ich auch noch auf meine Liste setzen...


    Wir fahren mitten durch die Notaufnahme


    Da hättet ihr doch gleich ein bißchen Pflaster mitnehmen können! ;)


    Liebe Grüße, auch an Monika - war schön, euch kennenzulernen! :wink4:

  • Montag
    Kendall in Kansas ist die erste Lokation, an der wir bei einem USA-West-Urlaub Central Time erreichen. Äcker, Felder, Grasland, einige Fabriken und Futterfarmen mit tausenden von Rindviechern, die stinken wie die Pest. Fast die Hälfte hätten wir schon, aber New York ist noch weit und auch nicht unser Ziel.



    Nach 213 Meilen stehen wir mitten in der Pampa, das Land ist flach wie die Racetrack Playa und mitten drin ein paar Gipszacken. Willkommen bei den Monument Rocks. Selbst bei grellem Mittagslicht strahlt das Weiß mit gelb-braunen Streifen einen Kontrast zum Umland und Himmel aus, es ist unglaublich. Steinsäulen, Löcher und ein riesiger Arch, den man ebenerdig wie eine Tür durchschreiten kann. Einfach toll! In den oberen Etagen hausen hunderte von Schwalben und auf den Fotos sieht es fast so aus, wie wenn Staub auf dem Objektiv ist, wenn sie durch das Bild pfeifen. Im Hintergrund geben die Ölpumpen ihre unverwechselbaren Geräusche ab.



    Mit den Flip-Flops - man ist das schön, mal nicht die Wanderschuhe zu tragen - umrunden wir die weißen Gebilde, inspizieren jeden Zentimeter. Abends oder früh am Morgen wäre es natürlich der Hit, aber wer will schon abseits jeglicher Zivilisation und mangels alternativer Sehenswürdigkeiten hier in der Nähe übernachten? Wir jedenfalls nicht und darum nehmen wir gerne ein paar Meilen mehr in Kauf. Der Besuch hat sich gelohnt.


    Nach einigen Meilen erreichen wir die Interstate 70 und es gibt erst einmal eine verdiente Brotzeit im Subway, bevor wir nach Denver durchrauschen. Es sind noch 250 Meilen bis zur Mile-High-City. Kurz vor der Stadt geraten wir in ein Mega-Gewitter. Die schnellste Scheibenwischereinstellung, die der Mitsubishi hergibt, ist zu wenig. Tempo runter! Als wir an einer Tanke stehen, wir der Vorteil klar: Das Auto ist blitz-blank. Waschanlage gespart, aber meine Zigarette brennt irgendwie schlecht.


    Eine Blechlawine schiebt sich hinein, wir sind mitten drin, und der andere Stau kriecht uns entgegen. Wo kommen denn die vielen Autos her? Schlange nicht nur auf der Interstate, sondern auch beim Check-in im Curtis. Irgendwas ist los in dieser Stadt. Wir werden es aber nie erfahren, egal.


    Der ersten Spaziergang tut gut, nachdem wir nach der langen Fahrt doch etwas viereckig sind. Aber weit war es nicht mehr. Am Larimer Square suchen uns ein Restaurant, das Ocean Prime Denver, und warten in der Bar, bis wir Hunger haben. Prost! Das Essen war ganz gut, aber der Ober war nervig.


    Morgen wird ein ruhiger Tag: kein Hike, keine Autofahrt, - die Pause ist seit langem überfällig. Ob wir das überhaupt aushalten? Wir werden sehen.


    Fortsetzung folgt ... Nachdem die Bilder bereits online sind [siehe Updates] - werden sukzessiv und parallel zu diesem Bericht die Wanderungen erstellt. Den Fortschritt könnt Ihr gut über die "Updates" verfolgen!

    • Offizieller Beitrag

    mit tausenden von Rindviechern, die stinken wie die Pest


    und 20 Meilen mit dem Wind, wie ich mal erriechen konnte.


    500 Meilen für diese Location, nicht schlecht, nicht schlecht.

  • Bei dem Anblick der Autos, nachdem man schon so lange gewandert ist, wäre ich ganz schon blas geworden. :traen: Der Arch hat es hoffentlich entschädigt.


    Die Monument Rocks sind grandios. Man könnte fast meinen, dass die an einem Strand stehen. :!!

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