Spencer, Carthage - Clark Gable Was Here
Wir verlassen Paris Springs und fahren weiter westwärts bis nach Spencer. Nach einigen Minuten überqueren wir den Turnback Creek auf einer sogenannten Pony Bridge aus dem Jahr 1923.
Wir sind immer noch auf der 266, die sich nach der Kreuzung mit der 96 als Missouri N fortsetzt. Achtung: hier unbedingt auf die N fahren, also geradeaus, nicht auf die 96. Denn wir wollen ja ein weiteres Highlight nicht verpassen. Dies ist wieder so ein kurzes Stück eines alten 66 Alignments. An der nächsten Ecke geht‘s recht ab in die 2062, es folgt eine weitere kleine Stahlbrücke (1926) über den Johnson Creek und dann stehen wir vor einer weiteren restaurierten Tankstelle, diesmal eine Philipps 66.
Spencer selbst ist längst eine Ghost Town, wenn man so will. Wobei Town kann man nicht wirklich dazu sagen, es steht nur eine kleine Reihe verlassener Gebäude an der Straße, u.a ein aufgegebener Laden für Farmer's Bedarf. Aber es gibt die Tankstelle, die unbedingt einen Stopp wert ist. Verantwortlich für die Restaurierung sind die gegenwärtigen Besitzer, ein Ehepaar aus Salina, Kansas, namens Francis und Marie Lynn Ryan, die die Schilder, Zapfsäulen und andere Memorabilia aus ihrer eigenen Privatsammlung beigesteuert haben.
Die 2062 mündet nach ein paar hundert Metern wieder in die 96, aber auch hier sollte man die Hauptstraße kreuzen und auf der nördlichen Frontage Road namens 2059 weiter nach Westen fahren, denn auch diese ist ein altes Stück der 66. Es ist allerdings nur zwei Meilen lang, dann geht‘s endgültig auf die 96, die jetzt schnurgerade nach Westen verläuft. Man passiert eine Reihe von winzigen Ortschaften: Heatonville, Albatross, Phelps, Plew und Avilla.
Die nächste größere Stadt ist Carthage, unser heutiges Ziel. 15.000 Einwohner zählt America‘s Maple Leaf City, wie sie sich selbst nennt. Die Stadt, die 1842 gegründet wird, hat eine wechselvolle Geschichte auf die wir hier nicht groß eingehen wollen. Interessant vielleicht, dass der Ort gegen Ende des 19. Jahrhunderts im Verhältnis zur Einwohnerzahl die meisten Millionäre in den USA aufzuweisen hatte. Den Reichtum verdankt Carthage den Blei und Zinkminen in dieser Gegend. Außerdem gibt es enorme Vorkommen an grauem Marmor, die ebenfalls zur Blüte des Städtchens beitragen. Die Route 66 bringt dann die übliche Entwicklung: Restaurants, Tankstellen, Motels, Servicebetriebe aller Art.
Carthage ist die Heimat eines der letzten, einstmals so populären Autokinos an der Route 66. Bitte unbedingt hinfahren und anschauen. Die Adresse: 17231 Old 66 Blvd. Euer Navi wird es leicht finden. Normalerweise prangt auf der großen weißen Fläche, auf deren Rückseite die Leinwand angebracht ist, in roter Schrift: 66 DRIVE-IN THEATRE. Als wir dort sind, steht da gar nix. Wir erfahren, dass die Schrift restauriert wird. Schade. Also gibt‘s Fotos ohne Schrift, die hat auch nicht jeder. Das Kino wird 2004 von den jetzigen Besitzern, Mark und Dixie Goodman erworben und wunderschön in Schuss gebracht. Wer zwischen April und September durch Carthage kommt, sollte einen Kinobesuch erwägen. Mit sieben Dollar pro Person seid ihr dabei.
Und wer abends in Kino geht, muss ja auch irgendwo übernachten. Und was liegt da näher, als ein absolut originales Route 66 Motel? Das Boots Court ist einfach nur unique.
Wir haben das Glück, das letzte verfügbare Zimmer zu bekommen. Und das ist der Clark Gable Room, denn hier hat der Hollywood Star auch mal übernachtet, wie auch noch anderswo an der 66 - aber darauf kommen wir dann später zurück.
So schnell wird aus einem Vacancy ein NO Vacancy
Der kleine Gag am Rande: In jedem Zimmer steht ein altes 1940er Jahre Radio und spielt tatsächlich auch die Musik aus dieser Zeit. Denn Carthage verfügt über einen entsprechenden Oldie Sender, auf den die Radios eingestellt sind. Sie sind immer angeschaltet, so dass der Gast schon beim Öffnen der Zimmertür von Patsy Kline oder Frankie Boy begrüßt wird. Das ganze Surrounding macht es einem sehr leicht, den Zeitsprung durch 60 Jahre zurück zu vollziehen und schon wird aus dem modernen Ford oder Jeep vor der Tür ein Rambler oder Hudson oder Studebaker.
Unsere Boots Court Geschichte könnt ihr hier nachlesen. Sie haben nur wenige Zimmer, bei unserem Besuch waren es sechs, inzwischen sind es sieben, also ist eine Vorausbuchung (ein oder zwei Tage) sicher zu empfehlen.
Am nächsten Morgen werden wir von Debbie, der guten Seele des Boots, nach einem längeren Schwätzchen freundlich verabschiedet. Drive safely and come again. We did.
Damit ist unser kurze Fahrt heute schon wieder beendet. Und immer noch sind wir in Missouri ...
Übernachten:
Boots Court
107 S Garrison Ave, Carthage, MO 64836, Vereinigte Staaten
Essen und Trinken:
Sirloin Stockage, Carthage
Pancake Hut, Carthage - direkt neben dem Boots Court - bietet sich für's Frühstück an.
Hier ein Foto von unserer Frühstücksrunde im Pancake Hut vom Oktober 2019.
Und ein weiteres Bild, diesmal aus dem oben erwähnten Sirloin Stockage. Links Debbie Dee vom Boots Court, die beiden anderen sind Barbara Turner und Ehemann George (Gay Parita Service Station).
Update 17. September 2021:
Die beiden Besitzerinnen des Boots Court haben sich vor einiger Zeit entschieden, das Motel zu verkaufen. Jetzt hofft man an der 66, dass sich ein Käufer findet, der es im bisherigen Stil weiter führen wird. Noch ist da aber nichts passiert, das Motel ist weiter "in Operation", leider ohne Debbie Dee, den bisherigen "Guten Geist" des Hauses, die es zurück zu ihrer Familie gezogen hat. Inwieweit das endgültig ist, wissen wir momentan nicht.
Update 19. Oktober 2021:
Das Boots Court ist inzwischen verkauft und wird am 15. November 2021 für ein paar Monate schließen. Die Wiedereröffnung soll dann im März 2022 stattfinden. Wollen wir hoffen, dass es auch dazu kommt.