Wie fängt man an? Man sieht schon am Thread Titel, alles nicht so einfach.
Eins schon vorweg, wenn man nicht den Botanischen Garten besucht, der mit der Geschichte, die nun folgt, nichts am Hut hat, hat man diesen Park in der Geschwindigkeit abgehakt, wie man die folgenden Zeilen lesen kann.
Im 16. Jhd. spielte England an Amerikas Küsten keine Rolle, obwohl sich schon Spanier und Franzose dort fleißig tummelten. Erst in der Regierungszeit von Elisabeths I. erwachte das Interesse an der Besiedlung der amerikanischen Küste. Der Geograph Richard Hakluyt setzte der Queen diesen Floh ins Ohr, die Besiedlung würde die Macht Spaniens schwächen, Geld in die Staatskasse spülen und Millionen armer Seelen der Ureinwohner retten. Er sollte nie einen Fuß auf amerikanischen Boden setzen.
Die ersten Reisen von englischen Schiffen (1576-1578) waren ein voller Misserfolg und führten den Initiator Martin Frobishers in den Bankrott. Der Versuch Humphrey Gilberts Neufundland zu besiedeln endete mit dessen Tod auf See. Einzig die Raubzüge Sir Francis Drakes nach Gold und Silber, die er von Spaniern erbeutete, spülten Geld in die marode Staatskasse, aber eben keine Kolonie in der Neuen Welt.
Der Versuch von
Sir Walter Raleigh Roanoke Island zu besiedeln, war der viel versprechenste Versuch drüben Fuß zu fassen. Sir Walter fuhr nicht selber über den großen Teich, sondern finanzierte das Unternehmen nur, wie auch Expeditionen zwischen 1595 und 1617 zum Orinoko River auf der Suche nach dem sagenhaften El Dorado. Aber das ist eine andere Geschichte der Geschichte.
Eine erste Expedition erreichte am 4. Juli 1584 Roanoke Island und freundete sich mit den Einheimischen an, den Secotans und den Croatans. Sie nahmen zwei von ihnen mit zurück nach England, Manteo und Wanchese, die Raleigh die politischen und geografischen Verhältnisse erklärten. Diese Informationen waren die Basis für die zweite Expedition und eigentliche Koloniegründung. Am 09. April 1585 lief die Flotte unter Führung von Sir Richard Grenville (einem Cousin Raleighs), bestehend aus 5 Schiffen, der Tiger (Grenville's), der Roebuck, der Red Lion, der Dorothy und der Elizabeth, aus Plymouth aus.
Nachbau der Elizabeth in Manteo, NC
In einem schweren Sturm vor der Küste Portugals wurde die Flotte von der Tiger getrennt. Für den Fall der Trennung hatte man Puerto Rico als Treffpunkt vereinbart, wo die Tiger auch am 11. Mai ein traf. Während sie warteten, errichteten sie ein kleines Fort. Das ist von daher bedeutsam, da man davon ausgeht, dass dieses Fort auch dem auf Roanoke Island entsprochen hat, mit dem Unterschied, das es von diesem Fort eine Skizze gibt. Des Wartens müde brach man am 7 Juni wieder auf und gab das Fort auf. Wo es lag, weis heute niemand mehr.
Am 26 Juni lief die Tiger im Ocracoke Inlet auf einer Untiefe auf. Das Schiff konnte zwar gerettet werden, durch den Wassereinbruch wurden aber die meisten Vorräte ruiniert. Anfang Juli trafen sie dann tatsächlich wieder mit den anderen bei den Outer Banks zusammen. Außer der Red Lion, die hatte ihre Passagiere an Land gesetzt und war Richtung Neufundland auf Kaperfahrt gegangen.
Bei einer ersten Erkundung der Küste entwendeten Aquascogocs einen silbernen Kelch. Also machte man sich gleich unbeliebt, plünderte das Dorf und brannte es nieder. Auf Grund dieses Ereignisses und der Havarie, die einen Großteil der Lebensmittel kostete, beschloss Grenville Ralph Lane und 107 Kolonisten zurück zu lassen und die Kolonie am Nordende von Roanoke Island zu gründen. Er versprach mit Nachschub im April 1586 zurück zu kommen. Am 17. August ging man an Land und Lane baute ein kleines Fort.
April 1586 ging vorüber, aber kein Zeichen von Grenvilles Versorgungsflotte. Im Juni erwehrte man sich eines Angriffes, die Antwort auf das Niederbrennen des Dorfes. Kurz darauf machte Drake Station an der Kolonie, auf dem Rückweg nach England nach erfolgreicher Kaperfahrt. Er bot sich an, die Kolonisten mit zurück nach England zu nehmen. Dieses Angebot wurde angenommen. Kurz darauf traf die Versorgungsflotte ein und fand die Kolonie verlassen vor. Nur einen kleinen Teil seiner Leute ließ Grenville zurück, um den Anspruch Raleighs an Virginia zu schützen.
1587 entsandte Raleigh eine weitere Gruppe von 150 Kolonisten unter Führung von John White um eine Kolonie an der Chesapeake Bay(Algonquian Word für Dorf am großen Fluss) zu gründen. Sie sollten zuvor Grenvilles Männer auf Roanoke einsammeln, aber als sie dort am 22. Juli 1587 eintrafen fanden sie nichts und niemanden vor, nicht einmal den Geist eines Skeletts. Dumm gelaufen, denn sie hatten auf diese Männer beim Aufbau gezählt. Der Flottenkommandant Simon Fernandez weigerte sich, die Kolonisten wieder an Bord zu nehmen, warum weis man nicht. Man fügte sich in das Schicksal, versuchte freundschaftliche Beziehungen zu den Stämmen auf zu bauen, insbesondere dem, mit dem sich Lane im Jahr zuvor in den Haaren gelegen hatte. Der Stamm weigerte sich, sich mit White zu treffen. Kurz darauf wurde George Howe beim Krabben suchen getötet.
Die Kolonisten bedrängten nun White, Hilfe aus England zu holen. White segelte zurück nach England und lies 118 Kolonisten zurück, die von der Überfahrt übrig gebliebenen Männer und Frauen und Whites frisch geborene Enkeltochter: Virginia Dare, das erste englische Kind, welches in der Neuen Welt geboren wurde. Noch heute heißt das County, in dem Roanoke liegt Dare County und eine Brücke, die die Insel mit dem Festland verbindet Virginia Dare Memorial Bridge.
White kehrte also nach England zurück. Atlantiküberquerungen war ein Risiko damals, sie schafften es mit Müh und Not, allerdings weigerte sich Fernandez im Winter wieder zurück zu segeln. Das heran nahen der Spanischen Armada, wodurch jedes zum Kämpfen verfügbare Schiff beschlagnahmt wurde, verhinderte, das White mit einem seetauglichen Schiff nach Roanoke zurück kehren konnte. Er trieb zwei kleine Schiffe auf, untauglich für die Verteidigung Englands und machte sich im Frühling 1588 auf, zurück nach Roanoke. Die Schiffe waren klein, die Kapitäne gierig. Während der Überfahrt wollten sie ihren Profit steigern und spanische Schiffe kapern. Dumm gelaufen, sie wurden selber gekapert und ihre Ladung einkassiert. Mit nichts was sie den Kolonisten liefern konnten, kehrten die Schiffe zurück nach England.
Der Krieg mit Spanien dauerte und dauerte, schließlich gewann White eine Passage auf einer Kaperfahrt, die auf den Weg in die Karibik Roanoke anlaufen wollte, um nach den Rechten zu sehen. Am 18. August 1590 , drei Jahre später (!) landete man am Ort der Kolonie, am 3. Geburtstag von Whites Enkelin . Von den 90 Männer, 17 Frauen und 11 Kinder fehlte jede Spur.
Kein Zeichen eines Kampfes. Der einzige Hinweis war das Word Croatan welches in einem Pfosten des Forts geschnitzt war und ein Cro in einem Baum in der Nähe. Die Häuser und Verteidigungsanlagen waren abgebaut, was bedeutet, dass man nicht fluchtartig den Ort verlassen hatte. White hatte obendrein die Kolonisten instruiert, ein Malteser Kreuz in einen Baum in der Nähe zu schnitzen, wenn die Siedler gewaltsam gezwungen würden, den Ort zu verlassen. Aber man fand kein Kreuz. White vermutete daher, dass die Siedler nach Croaton Island übergesiedelt waren, dem heutigen Hatteras Island. White konnte seine Suche nicht fortsetzen, ein Sturm zog auf, man weigerte sich weiter zu suchen und segelte davon.
12 Jahre gingen ins Land bis Raleigh einen letzten Versuch unternahm, die Siedler zu finden. 1602 kehrten sie ohne Erfolg diesbezüglich nach England zurück. Auch die Spanier suchten vergeblich. Ihr Grund war die Vermutung, dass die Engländer Roanoke als Kaperbasis benutzten. 1590 fanden sie sie aus puren Zufall, sahen in ihr aber nur einen verlassenen Außenposten.
Was wirklich geschah weis niemand und ist seit 400 Jahren ein Mysterium. Es gibt folgende Hypothesen:
- sie wurden von den lokalen Stämmen auf Hatteras oder anderen Alginquian Stämmen aufgenommen
- Lee Miller schreibt 2000, das Überlebende der Siedler Schutz beim Stamm der Chowanoke gesucht haben, die wiederum entweder von einem anderen Stamm, den Mandoag oder den Tuscaroa, einem Irokesen Stamm, angegriffen wurden. Mandoag ist ein algonquian Word für Feind. Das könnte also auch die Jamestown Kolonie gewesen sein. Dafür spricht die so genannte Zuniga Karte (nach dem spanischen Botschafter, der eine Kopie davon über die Zeit rettete), die ein Siedler von Jamestown zeichnete, Francis Nelson. Auf der Karte steht das "four men clothed that came from roonock" in einer Siedlung der Irokesen leben. William Strachey, ein Sekretär von Jamestown schreibt, dass in den Indianer Siedlungen Peccarecanick und Ochanah zweistöckige Steinhäuser stehen, deren Bau die Indianer nur von den Roanoke Siedlern gelernt haben können. Ebenso wird von englischen Gefangen bei den Indianern berichtet, darunter 2 Jungen und 1 Mädchen in dem Dorf Ritanoc der Eno. Seit 400 Jahren glauben verschiedene Autoren, dass dieses Mädchen Virginia Dare war, die nach dem Angriff auf die Siedler von Roanoke zum heutigen Chowan River, NC geflohen waren.
- John Lawson schreibt 1709, dass die Croatans auf Hatteras Island behaupten weiße Vorfahren zu haben. Dafür spricht, dass sie lesen können und graue Augen haben.
- Aufzeichnungen von französischen Hugenotten, die am Tar River siedelten, berichten von Tuscaroa mit blonden Haaren und blauen Augen, kurz nach ihrer Ankunft in 1696.
- Als White nach England zurück kehrte überlies er ihnen Beiboote, darunter eine Pinasse. Vielleicht waren sie des Wartens überdrüssig und wollten damit zurück nach England und sind dabei ertrunken oder sonst wohin gesegelt. Zum Festland?
- es gibt archäologische Funde von einem goldenen Ring, einem englischen Siegelring, und Flinten in der ehemaligen Hauptsiedlung der Croatan auf Hatteras, 80km südlich. Genealogen haben herausgefunden, dass das Löwenwappen wohl zu Master Kendall gehört, der nachweislich mit Lane von 1585-1586 auf Roanoke war. Ist dies der Fall, wäre es der erste materielle Beweis zu einer Verbindung der Roanoke Siedler mit den indianischen Stämmen.
- Es wird ferner geglaubt, dass der Grund, warum man so wenig archäologische Beweise findet, in der Küstenerosion begründet ist. Die Nordküste hat zwischen 1851 und 1970 928 feet verloren. Wenn sich dieser Trend bis 1587 fortsetzt, ist es wahrscheinlich das die Siedlung und ihre Überreste heute Unterwasser liegen. Das einzige was man fand war ein rustikales Fort. Eine andere Vermutung warum man keine Relikte finde, das Klima. Die Jahre 1587-1590 waren die trockensten seit 800 Jahren. Der Stamm, der von den Siedlern überfallen wurde, könnte die aufgegebende Siedlung geplündert haben.
Wie auch immer, was sieht man denn nun noch heute, außer dem Nachbau der Elizabeth?
außer der Rekonstruktion von Fort Raleigh von 1950, Bilder siehe oben und das Freilufttheater Waterside Theatre, in dem seit 1937 jeden Sommer das The Lost Colony Drama aufgeführt wird.
Bilder von einem Besuch während eines Dauerregens im Juni 1999.