Green River: Mr. Gamage struck it rich

  • Once upon a time....


    Utah 1880. Green River existiert noch nicht, lediglich eine Handvoll Familien leben am Fluss, dort, wo schon seit jeher die Ute Indianer eine Furt nutzten und später einsame Reisegruppen auf ihrem Weg von New Mexico nach California übersetzten. Old Spanish Trail! Jemand betrieb eine primitive Fähre, der Rest der Bevölkerung lebte vom künstlich bewässerten Ackerbau. Zur Hauptsache für den Eigenbedarf, denn ein Abtransport von landwirtschaftlichen Erzeugnissen war nahezu unmöglich.


    Eines Tages erschien ein Landvermesser mit dem Auftrag, eine Route für die Eisenbahn von Grand Junction nach Salt Lake City zu finden. Nicht gerade ein leichtes Leben! Kein Dach über dem Kopf, ziemlich auf sich allein gestellt. Da traf es sich gut, dass ihm die Gamage - Familie am Green River eine Schlafgelegenheit und Verpflegung bot. Gegen Bezahlung natürlich. Einfache Verhältnisse, aber allemal viel besser, als in dieser Ödnis aus Mancos Shale zu campieren, wo bei feuchtem Wetter alles im Schlamm versank.


    Joseph Gamage hatte offene Augen und Ohren. Hier musste die Route in jedem Fall vorbei kommen, denn es war die einzige Stelle weit und breit, wo ein Brückenschlag ohne allzu grosse Schwierigkeiten möglich schien. Er erwarb für eine geringe Summe ein grosses Stück augenscheinlich wertlosem, weil unfruchtbarem Land auf der Westseite des Rivers. Den Spott seiner Mitmenschen gabs sogar umsonst.


    Seine Kalkulation ging auf. Schnell und sehr gewinnbringend! Hinter der Flussbrücke entstand das Depot mit der Möglichkeit, die Dampflokomotiven mit Wasser und Kohle zu versorgen. Ein Rangierbahnhof und Lokschuppen wurden errichtet. Daneben baute man ein Hotel, das - wie früher in den USA üblich - der Verpflegung der Reisenden auf der langen Strecke diente. Alles auf dem Grund und Boden, den Gamage für wenig Geld erworben hatte. 40 acres - jetzt weitaus wertvoller! - verkaufte er der Rio Grande and Western Railroad.


    Ob Sergio Leone die Geschichte kannte?

  • Toller Einblick in die Geschichte =):!!
    Ich finde sowas klasse, wenn man über einen Ort, den man selbst bisher nur als "Station für Tagestouren" hatte, nun die Hintergründe über dessen Entstehung erfährt. Green River ist ja heute ne gute Ausgangslage für die San Rafael Swell. Aber warum der Ort existiert bzw. entstanden ist, darüber hab ich mir nie Gedanken gemacht :schaem:
    Danke Rolf :!!

  • Aber warum der Ort existiert bzw. entstanden ist, darüber hab ich mir nie Gedanken gemacht ...


    Silke, da wo es im Westen eine Eisenbahn gibt ist sehr häufig das Eröffnungsjahr der Eisenbahn auch das Gründungsjahr der Siedlungen entlang derselben. Das ist entlang der Denver & Rio Grande Western genau so wie zum Beispiel entlang der alten Santa Fe durch Arizona und New Mexico.


    Ich habe nachgelesen, die kurzlebige Schmalspurbahn durch Green River war am 30.März 1883 fertiggestellt. Nachdem bereits am 21.3. die Rio Grande Strecke Salt Lake City - Ogden fertiggestellt war konnte man ab dem 30.3.1883 auf drei Fuß Spurweite von Denver nach Ogden fahren. Und das auf diesem Weg: Denver - Colorado Springs - Pueblo - Salida - Marshall Pass - Gunnison - Cimarron - Montrose - Grand Junction - Green River - Helper - Soldier Summit - Salt Lake City - Ogden.
    Bereits 1890 war die Schmalspur Geschichte. Auf großen Abschnitten wurde die Schmalspurstrecke auf 1435 mm Normalspur einfach umgebaut, so auch der Abschnitt in Green River. Völlig neu trassiert wurde die Bahn im Bereich Westwater / Cisco westlich der Colorado State Line. Wer mag findet die alte Schmalspur mit Google Earth bis heute. Östlich von Grand Junction folgt die Normalspur bis heute dem Colorado River und dem Eagle River bis zum Tennessee Pass, dann dem Arkansas River folgend um in Salida wieder auf die alte Streckenführung zu treffen.

  • Es ist immer so eine Frage, wann und warum ein Ort gegründet wurde. Bei Green River liegen die Ursprünge sicher nicht in der Eisenbahn, diese wurde aber ziemlich wichtig für die Ansiedlung.


    Der Hauptgrund dürfte in der Furt durch den Green River gelegen haben, die von den Natives, dem Old Spanish Trail und der Salina-Ouray(UT) Mail Route genutzt wurde. Natürlich war das Wasser des Flusses wichtig. Es gab ein Postamt in der Wildnis, bevor der Ort entstand. Der Name war Blake oder Blake City, weil der Postmaster Blake hiess. Die Person bleibt etwas nebulös, da nicht mehr als dass er die Poststelle kontrollierte, bekannt ist. Ein Teil des heutigen Green River hiess bis 1895 Blake.


    Erste Siedler, die auf Dauer blieben war die Familie Farrer, die zusammen mit den Wilsons und einem Matthew Hartmann im Frühjahr 1878 ankamen. (Die Wilsons zogen wie einige andere Familien auch später nach Moab weiter). Alle siedelten am Ostufer des Flusses. In 1880 kamen die Familien Brown, Durant, Gamage und Mohr hinzu.


    Im August 1880 besuchte ein ranghoher Mormone den Ort und berichtete von einem Postamt, einem Laden, eine Fähre und 3 Familien, die da lebten.


    Langlebig war die erste Route durch Green Riven auch unter einem anderen Aspekt nicht. Die im März 1883 eröffnete Strecke war nur ganz kurz in Betrieb, wurde im gleichen Jahr durch Flash Floods zerstört, als dabei die Brücke über den Green River zusammenbrach. Es dauerte einige Monate bis der verkehr wieder aufgenommen werden konnte.


    Die Route litt sehr unter Fehleinschätzungen der Landschaft und den klimatischen Verhältnissen. Erst trassierte man mitten durch die Swell über Big Flat und Buckhorn Flat, hatte schon fast das Schlimmste hinter sich, als man die Arbeiten abbrach und sich für eine Routenführung östlich der Swell entschied.


    Dann hielt man auch diese neue Trasse nicht konsequent durch, baute durch den Canyon des Price Rivers südöstlich von Wellington. Dort kann man noch heute bei 12S 0547238, 4354490 einen nur rund 30 Meter langen Tunnel der Schmalspurstrecke finden, die den Erbauern rund 1 Meile Trasse durch den River Canyon ersparte. Dieser Abschnitt konnte ebenfalls nicht auf Normalspur umgebaut werden. Die Trasse wurde daher erneut weiter nach Norden verlegt.


    Gruss


    Rolf

  • Die alte Trasse bei Wellington musste ich doch mal nachverfolgen. Der Price River hat aber ganze Arbeit geleistet und große Stücke sind nicht mehr nachvollziehbar. Zwei Abschnitte sind aber zweifelsfrei zu identifizieren. Kannst Du bitte noch mal schauen, die GPS Daten des Tunnels sind verstümmelt.


    Rio Grande Narrow Gauge Price River auf einer größeren Karte anzeigen

    Rio Grande Narrow Gauge Price River auf einer größeren Karte anzeigen

  • Die Kartenausschnitte liegen nördlich bzw. östlich der Tunnellocation, welche sich ziemlich genau in der Mitte zwischen beiden roten Linien befindet. Von Osten her ist die Trasse noch gut erkennbar, wird heute allerdings als 4WD Trail zum Zugang zu Feldern benutzt. Man kann darauf aber auch den Durchstich erreichen. Auch weiter nördlich gibt es noch eindeutig identifizierbare Abschnitte, bevor die rote Linie der ersten Karte erreicht wird. Ich denke, man darf hier von Google Earth keine Wunder erwarten, so genau ist das nicht.


    Was meinst Du mit "verstümmelten GPS-Daten"? Das oben stehende Datum in die Suchfunktion von DeLorme Topo eingegeben zeigt genau auf die Tunnellocation, wenn man NAD 27 als Grundlage nimmt, was bei den Topomaps Pflicht ist.


    Gruss


    Rolf

  • Hi Rolf,
    da hast du ja wieder ne tolle Story ausgegraben. :!! Ich werde Green River mit anderen Augen betrachten wenn ichdemnächst dort einfalle. :)


    Danke! :wink4:


    (Jetzt warte ich aber auch noch auf die ganz grossen Prügel wg. Irrelevanz, denn die Story ist ja nicht nur 50, sie ist 130 Jahre alt! ;) Nix für ungut!)


    Du fällst in Green River ein? Dann unbedingt ins Museum am Flussufer gehen. Nicht nur wegen der Ausstellung, auch wegen des Shops, der einiges an lokaler Literatur führt. Am Eingang gibts auch noch mehr an kostenloser Information und die "San Rafael Motorized Route Designations" Map. (Wenn sie nicht wieder mal vergriffen ist) Nach der Karte muss man aber - glaube ich - extra fragen. Ansonsten gibts hier noch einige Information zu Sehenswertem rund um die Town.


    Gruss


    Rolf

  • Wenn es am Wege liegt, an der selben Bahnstrecke liegt es auf jeden Fall: Western Mining & Railroad Museum in Helper.


    Dort bekommt man einen schönen Überblick über die regionale Eisenbahn- und Bergbaugeschichte. Die Stadt hat ihren Namen von den dort stationierten Vorspann- und Schiebeloks für die Strecke in Richtung Soldier Summit, in Nordamerika "Helper" genannt.

  • Wenn es am Wege liegt, an der selben Bahnstrecke liegt es auf jeden Fall: Western Mining & Railroad Museum in Helper.


    Dort bekommt man einen schönen Überblick über die regionale Eisenbahn- und Bergbaugeschichte. Die Stadt hat ihren Namen von den dort stationierten Vorspann- und Schiebeloks für die Strecke in Richtung Soldier Summit, in Nordamerika "Helper" genannt.



    Stimmt! :!!


    Helper und sein Museum sind schon seit Jahrehn immer wieder mal unser Ziel. Das letzte Mal waren wir am 29. Juli dort. Derzeit ist es stark im Umbau, da es einen neuen Anbau gibt, der die Ausstellungsfläche erweitert. Die Eisenbahnen stehen daher eher im Hintergrund, was sich aber bis nächstes Jahr wieder ändern soll, wie uns die (neue) Museumsleiterin erzählte.


    Man hat noch viel Arbeit, auch die Website ist momentan völlig veraltet.




    Gruss


    Rolf

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