Reise ohne Titel. Einfach nur Neuengland (Bilder fehlen)

  • Freitag, 25. September



    Und wiedermal wurden wir durch eine Krähe geweckt.
    Wenn es in Dt. Vogelgezwitscher ist, so sind es in den USA krächzende und schreiende Kreaturen, die einen so langsam in den Wahnsinn treiben.
    Der Plan sah für heute vor, den Kancamagus Hwy zu fahren, dann weiter nach Norden an der Fluming Gorge vorbei und im Anschluß daran wieder nach Osten zurück nach North Conway. Sooo hatte ich es mir vorgestellt, aber erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt.



    Nachdem ich mich mal wieder unter Mühen gegen halb 7 aus dem Schlafsack gepult hatte, packte ich mein Waschzeug zusammen und wollte mal nachschauen, ob es auf diesem teuren privaten Campground auch warmes Wasser gibt.


    Wenn man vom Aussehen der Toiletten auf den Rest schließt, dürfte gar kein Wasser laufen…
    Und fast hatte ich Recht. Denn als ich den Warmwasserhahn aufdrehte, kam mir eine Flüssigkeit entgegen, die mehr Ähnlichkeit mit Morgenurin hatte, als mit Wasser. Und damit sollte ich mir jetzt die Zähne putzen ??? Is ja eeeeeklig !!!



    Der ganze Waschraum, der ja der Duschraum war, war ein einziges Dreckloch. Verkeimte Duschen, überall Spinnweben und nen flackerndes Licht, gelbes Wasser und …. baaaaaah.
    Um ehrlich zu sein, nehme ich lieber einen Forest Campground mit Plumpsklo, als noch einmal so einen privaten, für den man über 30$ die Nacht zahlt und sich alle möglichen und unmöglichen Keime einfängt.




    Als wir unsere Morgenhygiene beendet hatten, beschlossen wir einstimmig, keine 2 Nächte hier zu bleiben und uns eine Alternative zu suchen. Ob es ein Motel wird oder ein anderer Campground, wußten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht, denn jetzt mußten wir uns erst einmal eine Strategie zurechtlegen, wie wir das Geld für die 2. Nacht zurückbekommen. Während also Hühnchen fleißig das Zelt abbaute, büffelte ich englisch und lernte Wörter, wie: unreasonable demand und pimpel. Nach 20 min war alles erledigt, wir gingen zum Office und bestellten uns die Dame von der Rezeption her. Sie hat ganz schön lange auf sich warten lassen, sicher wußte sie, was jetzt auf sie zukam.



    Immer wieder ging ich meine grammatikalisch inkorrekten englischen Beschwerdesätze durch und hoffte inständig, daß sie uns nicht abblitzen ließ.
    Endlich kam sie aus dem Bett gekrochen, grüßte freundlich, schloß das Office auf, knipste das Licht an, startete den Computer, verlangte Hühnchens Kreditkarte, stornierte wortlos die 2. Nacht und wünschte uns noch eine schöne Reise.


    Wir schauten uns beide an, als wäre uns grad Elvis erschienen, drehten uns um und verließen auf schnellstem Wege den Campingplatz. Da übt man und lernt englisch, legt sich Wort für Wort zurecht, und dann sowas. Tze…



    Was uns seit nunmehr 14 Tagen durchgehend begleitet, ist die Sonne. Dieses Jahr haben wir wettertechnisch so richtig in die Vollen gegriffen (toi toi toi), denn außer einem Nachmittag mit Niesel, sahen wir nur blauen Himmel und hatten Temperaturen, wie im Spätfrühling. Wenn es jetzt noch eine Woche durchhalten würde, wäre es fast wie nen 6er im Lotto. Ok, nen 4er. Aber mit Zusatzzahl. ;)
    An unserem Stammplatz in Conway gingen wir wieder ins Netz und ich versuchte mich mal wieder mit Priceline, aber unser Gebot war wohl zu schwach gewesen, denn man ließ uns abblitzen.


    Wir befanden uns hier in den White Mountains und da es ja ein National Forest ist, gibt’s hier Campingplätze wie Sand am Meer und so wollten wir uns einen Platz mit Plumpsklo suchen. Außerdem sind diese Plätze nicht so teuer, wie private und liegen meist in sehr schöner Gegend.


    Wo wir grad am Conwaycafe standen und dessen Netz anzapften, beschlossen wir, erst einmal frühstücken zu gehen. Wir beide lieben ja diese urigen Etablissements, in denen sich das gemeine Fußvolk zu Tagesbeginn trifft. Schade, daß es sowas in Dt. nicht gibt. Aber stelle sich mal einer die Deutschen vor, wie sie 4 Uhr morgens vor der Arbeit in einen Diner Rührei mit Speck essen gehen. Unvorstellbar. Lieber schlafen wir länger.



    Der Typ hinter dem Tresen hatte alle Hände voll zu tun, denn seine 2. Hand, was seine Freundin war, STß lieber davor und surfte im Internet.
    Es war lustig ihm dabei zuzusehen, wie er gleichzeitig Bestellungen aufnahm, Eier in die Pfanne schmieß und Bratkartoffeln wendete. Jaaa, sowas in Dt…und die Menschen wären endlich besser drauf.



    Wir zahlten für unser Frühstück incl. 2 Kaffee 18$ und machten uns auf den Weg Richtung Kancamagus Hwy.
    Keine 10 Meilen später kam auch schon der 1. Campground in Sicht und gleich den 1. Stellplatz beschlagnahmten wir. Während Hühnchen das Zeltzubehör aus dem Auto kramte, ging ich an der Self-Service-Station die Campinggebühr bezahlen. Jetzt hatten wir insgesamt nur noch 17$ an Bargeld einstecken und hofften, daß es bis New York ausreichte, denn es kamen mindestens noch 2 Tip und sicher auch Mautstationen auf uns zu.




    Was uns schon seit längerem unschön aufgefallen war, waren Campsites, die nur eine Feuerstelle, aber keine Grillvorrichtung hatten. Jedesmal haben wir dann in mühevoller Bastelarbeit die Randsteine so zusammengebaut, daß man oben drauf eine Aluschale legen konnte und unten drunter kamen dann 1-2 Scheite Holz. Als ich einen Campinghost fragte, wie das mit dem Grillen denn funktionieren soll, meinte er nur, daß sich die Camper ihre eigenen Grills mitbringen.
    Da uns das aber zu doof war, bastelten wir munter weiter. Gott sei Dank blieb uns das diesmal erspart. Schon komisch, die einfachsten Campgrounds sind immer am besten ausgestattet.



    Irgendwann war das Zelt aufgebaut und eingeräumt und unsere Tour konnte beginnen.
    Wir waren noch gar nicht richtig unterwegs, als Hühnchen plötzlich „daaaaa, ein Elch“ brüllte, in die Eisen stieg und den Wagen stoppte. Das Auto stand noch gar nicht richtig, als sie auch schon mit der Kamera bewaffnet auf die Straße sprang. Ich übernahm dann vom Beifahrersitz aus für sie das Einparken ,stieg ebenfalls aus aber bis ich die Videokamera anhatte, war das Tier auch schon verschwunden.




    ICH würde ja an dieser Stelle aufgeben, aber nicht so das Huhn. Es stürmte förmlich dem völlig verstörten und hilflosen Tier hinterher und ich meine, der Elch blieb nur deshalb stehen, weil er von der Dreistigkeit des Touristen völlig geschockt war. Er ergab sich seinem Schicksal und lies sich von ihr 3x ablichten und von mir 5 Sekunden lang filmen.
    Auch andere Autos blieben stehen und deren Insassen liefen in den Wald, viel werden sie aber nicht mehr gesehen haben. Kurze Zeit später löste sich das Chaos am Straßenrand wieder auf und jeder ging weiter seiner Tätigkeit nach.



    Schon bei meiner ersten Reise in die USA war ich begeistert von der Straßenführung im Gebirge oder in Höhenlagen überhaupt.



    Immer führte eine relativ breite Straße an Flußläufen entlang, was herrlich anzusehen war. Die Straße mit dem gelben Mittelstreifen, der Fluß oder Creekmit den darin liegenden großen weißen Steinen, ab und an sah man Stromschnellen und diesmal kamen noch herrlich bunte Bäume hinzu. Man mochte die ganze strecke zu Fuß abgehen, um von jedem cm ein Foto zu machen.


    Schade, daß es sowas nicht in Deutschland gibt, zumindest ist es mir noch nie so krass aufgefallen.



    Und weil fotografieren während der Fahrt nur halb soviel Spaß macht, hielten wir an einer Scenic Area an und stapften Richtung Fluß, wo schon viele Knipser und andere Schaulustige unterwegs waren und sogen die ganze Szenerie förmlich in uns auf.
    Jeder Winkel wurde aus allen möglichen Lagen festgehalten, ob im Stehen, sitzen oder sogar Liegen. Da ein Stein mit Bunt, dort eine Stromschnelle mit Baum oder weiter hinten nur Baum mit Himmel. Es war gigantisch. Ich hätte ewig hier sitzen und gucken können, aber leider lagen noch 150km vor uns und am Ende des Tages wollten wir noch einmal im Outletcenter in North Conway reinschauen.



    Wir fuhren weiter Richtung Norden und hielten ab und an am Straßenrand, um Fotos zu machen. Der nächste große Halt sollte an der Flume Gorge sein, denn ich hatte vor, den Wasserfall zu knipsen.
    Wir kamen im Visitorcenter aber leider hing hinter der Dame am Desk ein Schild, auf dem stand: Adult 13$




    Ja, ich weiß, wir sind im Urlaub und man kommt vielleicht nie wieder hier hin, aber ich möchte keine 9€ für eine Schlucht ausgeben, in der uns 1000 Menschen vor der Linse rumspringen und Krach machen. :neinnein:
    Wir entschieden uns also gegen das Vorhaben und fuhren weiter.




    Bis North Conway bot die Strecke immer wieder herrliche Ausblicke, aber so der Oberburner war nicht dabei, denn für Peak fehlten uns noch ca.2-3 Wochen. Aber wir wollen nicht meckern, immerhin hatten wir furchtbar viel Glück mit dem Wetter.
    Nachdem wir das Outletcenter, in dem wir aber nichts kauften, abgehakt hatten, fuhren wir zum Campground zurück.


    Da sich meine Anzahl der Fotos von heute in Grenzen hielt und der Campingplatz ebenfalls an einem Fluß lag, schnappte ich mir meine Kamera und zog nochmal los. Hühnchen kümmerte sich derweil um die Ordnung im Auto und machte Abendessen.




    Der Name unseres Platzes hieß Covered Bridge Campground und das nicht zu unrecht, denn gleich zu Beginn mußte man über eine solche Brücke fahren. Und genau diese Brücke lichtete ich mal wieder aus allen Positionen heraus ab. Im Fluß, neben dem Fluß, über dem Fluß, die Brücke untendrunter, rechts, links…es hat riesig Spaß gemacht. Endlich mal ausgelassen jeden Stein und jeden Grashalm und jeden Wassertropfen ablichten, ohne sich um anderer Bedürfnisse zu kümmern. Ohne diesem gelangweilten Blick im Nacken.. ;)
    Bis plötzlich ne Horde Touristen um die Ecke kamen.




    Ich zog mich zurück, lief zu unserer Campsite und kam genau im rechten Moment am Zelt an, denn Hühnchen hatte grad das Essen fertig. Das war perfektes Timing und es erinnerte mich an meine Kindheit, wo man ja schließlich auch immer erst nach hause kam, wenn das Essen auf dem Tisch stand. ;)
    Heute Abend war es kälter als die anderen Tage, aber das lag daran, daß wir uns in den Bergen befanden. Unser Thermometer zeigte 10° und ich hatte das Gefühl, daß es diese Nacht frostig werden würde.



    Zum Schlafen gehen war es noch zu früh, und so packten wir uns ins Auto und fuhren nach North Conway, einen Abendspaziergang machen.
    Ein paar Geschäfte waren noch geöffnet, gekauft haben wir aber nichts mehr.
    Die Rückfahrt zog sich dann etwas in die Länge, denn man wußte nie, wann hier ein Elch auf die Straße springen würde. Auch haben wir festgestellt, daß es, im gegensatz zu deutschen Straßen, hier die Katzenaugen nur auf der rechten Straßenseite gibt und es ganz schön verwirrend ist.
    Wir schafften es ohne Schrammen zum Zeltplatz, auf dem die Temperatur seit unserer Abfahrt weiter deutlich gesunken war und verkrochen uns gleich in unsere Schlafsäcke, in denen wir die kommende Nacht so leise vor uns hinbibberten.

  • Sylvia, das war ein so richtig gelungener Tag!
    Leckeres Frühstück, schöne Fahrt durch tolle Landschaft und dann auch mal bissl alleine umherstreifen und nur für sich selber da sein :!!
    Man merkt förmlich, wie Du das genossen hast!

  • Das war landschaftlich ein toller Tag, die Brücken gefallen mir


    Der Campingplatz ist ja der Horror gewesen, grausam :EEK: Gut, ich könnte mir sowieso nicht vorstellen morgens mit Waschzeug Richtung Waschstelle zu laufen, aber dann noch sowas vorzufinden, gruslig


    Wir haben schon oft die 2., 3. oder 4. Nacht in einem Motel storniert, begründen mußte ich das auch noch nie. Das ist in USA nichts besonderes.


    Brrr, das wird ja eine kalte Nacht


    Gruß


    Sandra

  • Sehr schöne Herbstimpressionen :!! :clab:, so etwas gefällt mir sehr.
    Und dass ihr dann auch noch so nah eine Elchkuh gesehen habt: :wow: - das ist richtig klasse!


    Zum Campen: wir haben es uns mittlerweile angewöhnt, grundsätzlich immer erst einmal nur für eine Nacht einzuchecken (man weiß ja vorher nie, was einen während des Aufenthaltes erwartet, wie das Wetter sich entwickelt usw.) und dann am folgenden Morgen bei Bedarf um eine weitere Nacht zu verlängern.


    Gruß
    Gundi

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