Waimea Canyon
Dann geht es aber auch schon los. Ich umrunde die Insel heute an der Südseite, fahre durch Lihue und immer weiter, bis ich zum Abzweig des Waimea Canyon State Parks komme. Von hier führt die Straße kontinuierlich bergan. Unterwegs halte ich an einem Aussichtspunkt, von dem mein Blick weit über die Insel schweift.
Dann ändert sich die Landschaft sehr schnell. Es wird hügeliger. Ich tauche in den zerklüfteten Teil der Insel ein, der an vielen Stellen fast unzugänglich ist. Hier aber wurde ein kleiner Teil mit einer Straße erschlossen. Als ich zu ersten Mal auf Kaua'i war, habe ich hier nur einen Hubschrauberrundflug unternommen.
Plötzlich und unerwartet wechselt sie Szenerie. Das Grün wird weniger und die Rottöne überwiegen. Das rote Gestein ist aus Basalt entstanden, der durch Oxidation diese Farbe annahm. Red Dirt, wie die Hawaiianer diese Gebiete nennen, findet sich überall auf den Inseln in verschiedenen Varianten und Farbtönen.
Das Highlight dieses kleinen Gebiets ist ein Wasserfall, der sich in Kaskaden über das rote Gestein ergießt. Ich parke mein Auto am Straßenrand, um einen genaueren Blick auf diese tolle Landschaft zu werfen.
Ziemlich schnell dominiert dann aber doch wieder das Grün, auch wenn überall noch rotes Gestein zu sehen ist. Es wird weniger, umso weiter ich in Richtung Waimea Canyon fahre.
Kurze Zeit später passiere ich die offizielle Parkgrenze und gelange in den Waimea Canyon State Park. Bisher waren State Parks in Hawaii auch generell kostenlos. Bei meinem Besuch war das noch so, doch inzwischen kostet es für Touristen fünf Dollar im Waimea Canyon State Park oder dem dahinter liegenden Koke'e State Park zu parken.
Der Waimea Canyon ist eine sechzehn Kilometer lange und bis zu 900 Meter tiefe Schlucht im Nordwesten von Kauai. Das hawaiianische Wort Waimea bedeutet so viel wie rötliches Wasser und bezieht sich auf die Erosion des rötliches Gesteins, das durch den Waimea River ausgewaschen wird. Der Canyon wird auch der "Grand Canyon of the Pacific" genannt, eine Aussage, die fälschlicherweise oft Mark Twain zugeordnet wird. Tatsächlich aber stammt sie von John Wesley Powell, der Kaua'i 1869 besuchte. Der amerikanische Entdecker ist vor allem durch seine Touren im Südwesten der USA, unter anderem im Grand Canyon, bekannt.
Ich fahre zum Waimea Canyon Lookout, dem Hauptaussichtspunkt auf den Canyon und laufe zu der großen Aussichtsplattform, die einen fantastischen Blick in den Waimea Canyon erlaubt.
Recht gut zu sehen, auch wenn ich leider etwas Gegenlicht habe, sind auch die Waipo'o Falls, ein fast 250 Meter hoher Wasserfall, der die Canyonwand hinabstürzt.
Auf der anderen Seite des Parkplatzes startet noch ein weiterer kleiner Weg, der zum einem anderen Aussichtspunkt führt. Von hier aus ist die Insel Ni'ihau, die verbotene Insel, zu sehen. Ni'ihau gehört der Familie Robinson und auf der Insel gibt es eine Siedlung mit Hawaiianern, die noch größtenteils wie einst leben und deren Hauptsprache Hawaiianisch ist. Die Insel kann nur extrem eingeschränkt besucht werden.
Ich folge der Straße durch den Waimea Canyon State Park und überquere irgendwann unterwegs die Grenze zum Koke'e State Park. Die Hauptattraktion hier, die man mit dem Auto erreichen kann, ist der Kalakau Lookout und der ist auch mein nächstes Ziel.
Vom Kalalau Lookout hat man einen fantastischen Blick hinunter in das Kalalau Valley, das zum Na Pali Coast State Park gehört. Ein bisschen Glück gehört schon dazu, einen schönen Ausblick zu haben, denn oft sammeln sich Wolken zwischen den steilen Felswänden. Momentan aber ist es klar und ich kann bis hinunter zum Ozean sehen.
Doch während ich noch hier stehe, erahne ich, wie enttäuschend ein Besuch hier sein kann, wenn es zu viele Wolken gibt. Ab und zu schiebt sich plötzlich auch etwas weiß in mein Blickfeld. Zum Glück bleiben die Wolken heute nicht lange hängen.
Am Ende der Aussichtsterrasse befindet sich ein Hinweisschild, das auf den Mount Wai'ale'ale hinweist, einen der regenreichsten Orte der Erde. Der Schildvulkan ist der mit 1569 Metern zweithöchste Berg der Insel und sein Name bedeutet so viel wie überlaufendes Wasser. So richtig zu sehen ist der Berg dann aber nicht, denn er ist fast immer Wolkenverhangen. An unglaublichen 335 Tagen regnet es an seiner Nordflanke und so kommen im Durchschnitt 12.000 Millimeter Niederschlag pro Jahr zusammen. Im Jahr 1982 waren es sogar unglaubliche 17.300 Millimeter, ein Rekord.
Ich folge noch ein Stückchen dem Pfad hinter dem Aussichtspunkt. Hier geht es recht steil bergab und man sieht, wie das Wasser den Boden ausgewaschen hat. Von dieser Stelle starten auch einige Wanderwege, die teilweise bis in den Na Pali Coast State Park hineinreichen.
So weit will ich aber heute nicht und drehe wieder um. Zurück am Auto folge ich der Parkstraße bis zum Koke'e Museum, das eine kleine Ausstellung zum Park und der Gegend beherbergt.
Anschließend verlasse ich den Koke'e Sate Park auch schon wider und komme zurück in den Waimea Canyon State Park. Hier halte ich nochmal an einem View Point. Inzwischen hat sich die Erde auch etwas weitergedreht, sodass da Licht nun etwas günstiger auf den Canyon fällt.
Mit diesen Ausblicken verlasse ich den Park wieder und nehme den Highway zur Küste.