Hi Elmar,
ein Bericht- wenn ich mich denn endlich aufraffen könnte, ich plane schon seit Jahren eine Reise- Website- würde selbst dann noch eine Weile dauern.
Aber ich versuche schon mal vorab Deine bisher gestellten Fragen zu beantworten.
Zur Route: Ich habe die Tour Nord/Süd gemacht, also Everglades City/ Flamingo.
Es handelt sich bei dieser längsten Tour durch die Everglades um eine Hauptroute, die mit sogenannten Milemarkern in gewissen Abständen "beschildert " ist.
Diese Milemarker sieht man natürlich auf jenen seenartig weit ausufernden Gewässerteilen erst dann, wenn man unmittelbar davor herumpaddelt. Selbst das ist aber nicht sicher, weil die auch gerne mal versinken oder versenkt werden (Sturm, Boote, besoffene Alligatoren).
Die Orientierung ist also nicht ganz so einfach, auch die entsprechenden wasserdichten Karten, die man unbedingt mitführen sollte, helfen nicht immer, weil man keine Orientierungspunkte hat. Eine Küstenlinie vom Kanu aus sieht immer gleich aus. Einzige Fixpunkte sind Mangroven- es gibt keine Berge, keine Masten, kein garnichts, nur Mangroven.
Und die sehen immer irgendwie gleich aus.
Ich hatte ein GPS dabei, es erleichtert die Orientierung ungemein. Allerdings bin ich auch ein Karte/ Kompass Freak und habe versucht, mich weitgehend OHNE GPS zurecht zu finden. Dann muss man aber wirklich IMMER wissen, wo man sich gerade befindet.
Die Hauptroute ist natürlich nur das, was es sagt- eine Hauptroute. Es macht Sinn, diese immer wieder mal zu verlassen und in engere Gefilde vorzudringen.
Viele dieser engen Seitenflüsse sind natürlich Sackgassen. Ein sehr interessanter Seitenfluss kann als Verbindung genutzt werden- das Ding ist so eng, dass man sich teilweise an den Wurzeln der Mangroven entlangziehen muss, weil ein paddeln nicht mehr möglich ist. Und es ist so flach, dass man nur bei Flut genügend Wasser unter dem Kiel hat. Bei Ebbe sitzt man trocken und muss warten, bis die nächste Flut kommt- da drinn ist echter Urwald und es führt tief ins Innere der Everglades mit einer Tierwelt (auch die seltsamsten Insekten) wie man sie niemals dort erwartet hätte. Gerade auch für diesen Abstecher muss man somit eine aktuelle Gezeitentabelle dabei haben. Mir hatten die Ranger gesagt, dass der letzte Paddler die Route als frei gemeldet hat. Das war aber schon einige Wochen her. Ich konnte denen dann sagen, dass inzwischen eine fette Mangrove den winzigen Flußlauf versperrt hat, was bedeutet: Ausladen im Modder, alles umtragen, wieder einladen, dabei nicht auf Insekten oder anderes Getier achten, weil das Wasser immer weniger wurde und ich gerade so mit schabendem Kiel noch raus kam.
Ist an sich eine 4 Stunden Umfahrung, bei mir halt etwas länger.
Auch zur Küste hin gibt es immer wieder Auslässe, so dass man einfach mal einen Teil an der Golfküste entlang machen kann- wieder eine andere Erfahrung.
Andere Abstecher wie Turner River sind auch sehr interessant- es macht viel Sinn, die Hauptroute zu verlassen und Abstecher zu machen.
Tide, Strömung, Wind- all das hat mir manchmal sehr zu schaffen gemacht, weil ich der romantisch verklärten Fehlentscheidung verfiel und die Tour in einem Canoe machte. Solo schon mal eine dumme Idee, mit diesen Alu- Badwannen der Vermieter eine eklatant dumme Idee.
Gerade Solo würde ich ein Kajak empfehlen, allerdings muss man da gut planen wegen des geringeren Ladevolumens. In den Flüssen ist es insbesondere im küstennahen Bereich die Gezeitenströmung, auf den teils riesigen Seen kann Wind in dem flachen Wasser hübsche Wellen aufbauen und so eine Aluwanne trotz härtester Paddelei in alle Richtungen und gerne auch quer zu den Wellen drücken...
Kein Kanu für diese Tour, ich sage es nochmal, lach!
Eine Planung unter Berücksichtigung all dieser wechselnden Faktoren wie Wind, Strömung, Tide erschien mir derartig schwierig zu jonglieren, dass ich persönlich keine Rücksicht darauf genommen habe. Ich wollte meine Pläne nicht davon bestimmen lassen.
Somit habe ich meine Badewanne zwar teilweise durch das Wasser prügeln und dies auch mit Muskelschmerzen hier und da bezahlen müssen- aber so schlimm war es nur sehr selten und sehr kurz. Ein Kajak sollte da deutlich weniger Probleme machen.
Ein Ally erfordert halt größere Aufmerksamkeit. Die Wassertiefe liegt meist zwischen maximal 2 Meter bei Flut, bei Ebbe und in flachen Teilen deutlich weniger, oft um 30 bis 60 cm rum. Sandbänke sind oft in den Karten eingezeichnet, TROTZDEM bin ich ein paar mal mit einem kratzendem Schaben stecken geblieben- insbesondere im Norden der Tour. Ich denke aber es geht bei entsprechender Wachsamkeit, die Du sicher eh im Blut hast. Da diese Sandbänke sehr fest sind, kann man ohne Probleme aussteigen und zur Not das Boot sanft zurück in tiefere Gefilde führen. Das Wasser ist meist sehr klar und sauber.
Anlandungen gehen immer mal- oft ist der Grund jedoch extrem moddrig und verkrabbt (überall Löcher von den Viechern, die sind aber extrem scheu). Der Modder ist weich und somit eher kein Problem für ein empfindsames Boot, eher schon mal heraus staksende Mangrovenwurzeln, die aber auch sehr biegsam, weich, elastisch sind. Es macht aber keinen Spass, dort das Boot zu verlassen.
Es gibt auch immer wieder mal richtig hübsche Sandbänke- das sind zwar Muschelbänke, aber so fein gemahlen wie Sand. Die mögen aber auch die Alligatoren gerne, um sich in der Sonne aufzuheizen- in den dahinter liegenden Mangrovensümpfen findet man auch oft die Nester (bitte nur besuchen, wenn die leer sind, zur Brutzeit eine denkbar schlechte Idee- Brutzeit ist aber nicht im Winter, wo die meisten Paddler unterwegs sind). Ich habe sehr gerne auf diesen Sandbänken eine Frühstückspause gemacht. Exakt dort fiel mir dann auch jedesmal der Umstand ein, dass ein Alligator zumindest auf den ersten 10 Metern schneller laufen kann als viele Menschen. Danach bricht er aber röchelnd zusammen.
Es gibt auch einige Inseln, die sich gut besuchen lassen.
Ansonsten ist Anlanden oft nur bei den Chickees sinnvoll, die auf den Karten eingezeichnet sind. Tagsüber sind die ja immer leer. Hier bindet man sein Boot fest und steigt- je nach Tide- einige Zentimeter oder fast einen Meter auf die Plattform.
Ein zu kurz angebundenes Boot- ich spreche aus Erfahrung und es fällt mir auch nicht leicht, dies zuzugeben- steht (bei Wasserhöchststand befestigt) bei Ebbe hochkannt- ein sehr peinlicher Anblick! Wer Gepäck im Boot gelassen hat, kann dieses nun aus dem Wasser fischen und darüber nachdenken, dass Alligatoren auch unter Wasser pfeilschnell sind.
Aber um hier mal zu relativieren: Ein erwachsener Mensch passt definitiv nicht ins Beuteschema eines Allys. Alle, die ich getroffen hatte ( und das waren sehr viele) die wußten das auch!
Was war noch...?
Transfer!
Guuute Frage!!
Es gibt Shuttles, die aber deutlich ins Geld gehen ( ich meine mich an deutlich über 100 Dollar one way for Jahren zu erinnern). Sie kommen meist aus dem Umkreis Miami und lassen sich den langen Weg gut bezahlen. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es m.E. nicht, nutzen ja auch nichts bei der Menge an Equipment
Du wirst also um den Shuttle nicht herumkommen.
Ich hatte Glück und war bei Freunden in Fort Lauterdale zu Besuch, die mich hingebracht und wieder abgeholt haben.
Soweit erst mal,
fühle Dich frei zu fragen, was immer Du willst.
Gruß
Micha