Stan Hywet Hall
Hauptgrund für meine Fahrt nach Akron ist aber der Besuch von Stan Hywet. Schon viele Jahre will ich dieses Anwesen besuchen und heute soll es endlich soweit sein. Nach dem Parken lande ich zuerst im Besucherzentrum. Hier kaufe ich meine Eintrittkarte, dann kann es auch schon losgehen, denn Stan Hywet kann ich auf eigne Faust erkunden.
Stan Hywet Hall gehörte einem gewissen Frank A. Seiberling, seines Zeichen Sohn deutscher Einwanderer. Der Name selbst wird vielen nichts sagen, aber wenn ich sage, welche Firma er gegründet hat, wird auch klar, woher sein Vermögen stammt. Goodyear Tire & Rubber Company dürfte wohl jedem etwas sagen und genau von diesem noch heute weltweit operierenden Konzern war Seiberling einer der Mitbegründer. Benannt wurde die Firma übrigens nach Charles Goodyear, der das Verfahren zum Härten von Naturgummi erfand, aber 40 Jahre zuvor völlig verarmt starb. Aber zurück zum Haus, das aus eben diesen Vermögen entstand, das Seiberling erst sehr spät in seinem Leben verdiente. Mit fast 40 Jahren war er nämlich arbeitslos und gründete die Firma mit seinem letzten Geld. Rund 20 Jahre später stieg er als reicher Mann aus.
Der Landsitz im englischen Stil wurde zwischen 1012 und 1915 erbaut. Frank Seiberling und seine Frau Gertrude nannten ihr Anwesen Stan Hywet, was übersetzt in etwa "Steinbruch" bedeutet. Damit wollten sie auf die Bedeutung des Gebiets vor dem Bau ihres Hauses hinweisen. Bevor die Seiberlings mit dem Hausbau begannen, reisten sie 1912 sogar nach England und sahen sich dort rund 20 Herrenhäuser an, um sich inspirieren zu lassen. Das Motto über dem Eingang "Non nobis solum", was so viel wie "Nicht für uns allein" heißt, ist schon fast sowas wie eine Vorahnung, dass das Haus einst ein Museum werden würde. Schon 1957, nach dem Tod der Eltern, übertrugen die sechs überlebenden Kinder das Haus in eine Stiftung und öffneten es für die Öffentlichkeit.
Auch bei der Innenausstattung überließ Gertrude Seiberling nichts dem Zufall. Zusammen mit dem Innenraumarchitekten Hugo Huber stattete sie das Haus aus. Dazu fuhren die Seiberlings nicht nur nach New York, sondern im Jahr 1915 sogar nochmals nach England, um Möbel einzukaufen. Gertrude Seiberling wollte zuerst das ganze Haus komplett im Tudor Stil einrichten, doch ihr Mann erhob Einspruch, denn er fand, dass eine Familie (die Seiberlings hatten sieben Kinder) es auch bequem haben müsse. So versuchte Hugo Huber beide Wünsche zu verbinden, was im unglaublich gut gelang.
Hinter den Kulissen ist Stan Hywet Hall natürlich mit den modersten Annehmlichkeiten der damaligen Zeit ausgestattet worden. So gab es eine riesige Küche mit Kühlschrank, Eisschrank und anderen modernen Gerätschaften.
In einem Seitenteil des Hauses richtete Frank Seiberling sich ein Büro ein, das einen extra Eingang von draußen hatte, sodass Geschäftskontakte das Haus nicht betreten mussten.
Der absolute Hammer aber ist der Innenpool. Sowas hatte bestimmt kein Herrenhaus im England der Tudor Zeit, doch darauf wollten die Seiberlings nicht verzichten.
Im Haus finde ich auch viele Wandbilder englischer Herrenhäuser, die ich teilweise sogar selbst schon besucht habe. So finde ich u.a. dieses Bild der großen Halle von Knowle, das sich südlich von London befindet.
Im Obergeschoss ist Stan Hywet Hall dann etwas schlichter ausgestattet. Hier befinden sich vor allem die Schlafzimmer der Familie.
Stan Hywet Hall ist von einem sehr schönen Garten umgeben. Das gesamte Anwesen ist 610 Hektar groß und umfasst mehrere verschiedene Gärten.
Zum Anwesen gehört auch ein Gewächshaus. Das heutige ist aber nicht mehr das Original, denn das wurde während eines Sturms im Jahr 1947 schwer beschädigt und später abgerissen. Der Neubau entstand erst im Jahr 2000 und wurde nach den originalen Plänen errichtet.
Ich fand den Besuch von Stan Hywet einfach fantastisch und bin froh, es endlich hierher geschafft zu haben. Für mich gehört das Anwesen zu meinen Top 10 der tollsten Häuser in den USA.