Churchill, Manitoba

    • Offizieller Beitrag

    Ich möchte mal eine etwas andere Gegend vorstellen, mit der Hoffnung, dass jemand neue Fotos beisteuern kann. Denn "heute" ist Oktober 1985.
    Ausserdem wurden meine Video-Kamera und der Fotoapparat später in Winnipeg geklaut, aber Peter hatte Gottseidank eine kleine Snappy dabei. Daher sind die Fotos nicht der Hammer. Dazu noch von analog eingescannt. :schaem:


    Von Winnipeg/Manitoba, Kanada aus führt eine Eisenbahntrasse Richtung Norden, zum 1.500 km entfernten Churchill an der Hudson Bay. Unser Ziel ist die Arktis.



    Abfahrt ist um 18:30 Uhr. Die Fahrt dauert 36 Stunden.


    Wir machen uns mit dem Schlafabteil vertraut und richten es uns gemütlich ein. Gegessen wird im Zugrestaurant.



    Ein gutes Frühstück im Zug, und der Tag kann beginnen.




    Wir haben Aufenthalte in The Pas und Thompson. Das sind typische nordische Städte mit Holzhäusern und Schotterstraßen.
    In The Pas haben wir den ersten Schnee. :EEK:



    Ab Thompson gibt es Richtung Norden keine Wege und Strassen mehr.
    Ein Bummel durch diese Städte bringt aber keine große Euphorie.




    Vom Grasland kommen wir jetzt in die dichten Wälder des Nordens. Die Landschaft ist jedoch sehr eintönig: nur Wald und keine Aussicht.
    Daher sind wir froh, daß die Zeit einigermaßen schnell vorübergeht.



    Die zweite Nacht im Zug geht schnell vorbei, denn um 6:00 Uhr ist sie zu Ende, weil wir um 7:30 Uhr in Churchill ankommen.
    Es ist sehr kalt, ca. -10 Grad C.
    Churchill liegt im Nordosten von Kanada am Westufer der Hudson Bay und wirkt auf den ersten Blick wie jede andere nordkanadische Kleinstadt. Das "Kaff" ist auf jeder Weltkarte und jedem Globus zu finden, hat aber nur 1.100 Einwohner. Keine Straße führt hier hin.



    Wir quartieren uns im vorbestellten Zimmer des "Churchill Motel & Hotel" ein. Auf dem Weg dorthin pfeift uns ein kalter Wind um die Ohren, denn Taxis gibt es hier nicht. Und damals auch kein Shuttle Service. :nw:
    Nur kurz sehen wir uns in der Stadt um, die meist Eskimos und Indianer beheimatet. Die wenigen Weißen haben die Geschäfte und die Hotels.



    Bereits um 9:00 Uhr beginnt die Polar Bear Tour mit Al Chartier von "Churchill Wilderness Encounter". Aus diesem Anlaß sind wir schließlich hierhin gekommen, denn Churchill nennt sich die "Eisbären-Hauptstadt der Welt". Ab Oktober ist hier "der Bär los".


    Mit einer Art Ford Transit fahren wir in die Wildnis und holpern über den kargen Boden.
    Gottseidank fahren wir nicht mit diesen hochhackigen Bussen, :!! die später eingesetzt werden, wenn man grössere Gruppen fährt.
    Die Tundra ist landschaftlich sehr langweilig, denn das sehr flache Land bietet keine Abwechslung. Man verliert als Außenstehender sofort die Orientierung, weil hier alles gleich aussieht. Man käme nur mit Kompaß oder GPS weiter.
    Die eisigen Nordstürme sind so stark, daß bei den Bäumen nur die Äste im Windschatten überleben. Auf der Windseite gibt es keine Äste mehr. Die gebliebenen Äste weisen den Weg nach Süden.
    Obwohl sie mehrere hundert Jahre alt sind, werden sie nur wenige Meter hoch und sind kaum größer als unsere Weihnachtsbäume.



    Churchill ist der letzte große Außenposten der Zivilisation an der Hudson Bay.
    Im Jahre 1717 gründeten englische Pelzjäger der Hudson's Bay Company mit einem Fort den Grundstein für die Ortschaft. Später entstand nach der Verlegung der Eisenbahntrasse aus dem fernen Winnipeg Kanada's nördlichster Getreidehafen. Dann kam das Militär und errichtete seinen Stützpunkt, einen großen Flugplatz und eine Radarstation.
    Damit waren die Eisbären endgültig nicht mehr allein. :P


    Wenn das Eis im Sommer schmilzt, gehen die Eisbären im Norden an Land und ziehen elegant durch das eisige Wasser Richtung Süden. Churchill ist auf dieser Wanderroute der Tiere erbaut worden.
    Seit dieser Zeit knurrt ihnen der Magen, doch sie müssen warten, warten auf das Eis in der Hudson Bay.
    Im Herbst sammeln sie sich rund um Churchill. Bei der ersten Eisscholle springen sie ins Wasser und schwimmen mit den Schollen gen Norden.



    Mittags machen wir Picknick an einer verlassenen Hütte. Al geht zuerst hinein, um unliebsamem Besuch vorzubeugen. Er weist uns an, in der Nähe zu bleiben, aber auch ohne diese Anordnung wäre keiner von uns weiter weggegangen. Bereits nach 20 m Entfernung vom Auto bekommen wir ein mulmiges Gefühl, denn das Unterholz ist unübersichtlich. :EEK:
    Darum hat Al auch immer eine Pistole und ein Jagdgewehr griffbereit.



    Nach etwa drei Stunden haben wir Erfolg: Wir treffen auf den ersten Eisbären!
    Die Eskimos nennen ihn respektvoll "Nannuk - Der große Weiße".
    Erst ist er nur in großer Entfernung zu sehen, aber die Neugierde treibt das unberechenbare Tier zu uns.



    GREAT! Die Tour hat sich also gelohnt. ;ws108;



    Ein ausgewachsener Polarbär ist schon ein riesiger Brocken. Er erreicht eine Höhe von ca. 3,50 m und wird bis zu 700 kg schwer.



    Auf glattem Untergrund kann er bis zu 50 km/h schnell laufen, denn die rauhen Sohlen der Tatzen geben einen guten Halt auf dem Eis und wirken wie Sandpapier.



    Der "Ursus Maritimus" richtet sich auf und legt seine Pranken auf das Dach des Wagens. Man könnte sagen: "Hier steppt der Bär!"
    Das Dach des Wagens wird aufgemacht und wir sehen das Tier keinen Meter vor uns, ohne irgendwas dazwischen. :clab:



    Wir können aus kürzester Distanz ins Gesicht des "Königs der Arktis" sehen und den heißen Atem des weißen Tieres spüren.



    Es ist ein unvergessliches Erlebnis, denn hier ist kein Zoo, sondern die freie Wildbahn. Wir haben einen Riesenrespekt vor ihm.
    Dann hat er genug von uns und trollt sich wieder.



    Später sehen wir noch zwei dieser Tiere, aber in größerer Entfernung.
    Das Ende der Tour ist gegen 16:00 Uhr. :traen:


    In der Stadt kommt uns ein Eskimo auf einem Vierrad-Moped, einem Quad, im T-Shirt froh gelaunt entgegen. Kälte scheint ihm anscheinend erst ab ca. minus 20 Grad etwas auszumachen. :EEK:



    Churchill hat ein sehr gutes Museum, wo Kunst und Handwerk der Inuit, der Menschen, wie sie selbst sich nennen, zu besichtigen sind. Der Name Eskimo bedeutet "Rohfleischfresser", und den hören sie verständlicherweise nicht so gerne. Man nennt sie besser Inuit.
    Dort sind ausgestopfte arktische Tiere, wie Seelöwen, Moschusochsen und natürlich Eisbären zu bestaunen.



    Außerdem sind eine vollständige Kollektion von Kajaks, Schnitzereien in Holz, Gehörn und Walroßbein, sowie Eskimokleidung ausgestellt.
    Gemälde zeigen den Alltag der Inuit. :!!


    Abends essen wir guten Fisch rustikal im Restaurant "Trader's Table" am Kaminfeuer.


    Morgens, nach einem guten Frühstück, bummeln wir nochmal durch die sogenannte "Stadt".
    Am brausenden Meer können sich zwischen den Felsbrocken Eisbären verstecken und unsichtbar herum liegen.



    Seit 1973 sind die Eisbären unter internationalem Schutz und dürfen nicht getötet werden. :neinnein:
    Über die Anwesenheit der Polarbären sind die Einwohner von Churchill zwar nicht glücklich, aber man hat sich an die Präsenz des großen Raubtieres gewöhnt. Wie bei uns schaut man nach links und rechts, wenn man aus dem Haus geht. Könnte ja ein Bär kommen! ;;NiCKi;:
    Eine Bärenpatrouille stellt Schilder zu ihrem und unserem Schutz auf. Und das ist auch gut so.


    In der "Arctic Trading Post", dem arktischen Souvenirladen, wird fast alles angeboten, von der Pelzmütze über Bücher bis zum Bärenfell. Aber alles ist sehr teuer, daher kaufen wir nichts.


    Nachmittags beenden wir unseren Arktis-Aufenthalt und fliegen zurück nach Winnipeg.


    :wink4:

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!