Samstag, 19.9.15: Vom Monument Valley nach Moab
Obwohl die Anstrengungen der Wave- und White-Pocket-Tage immer noch in mir stecken, erwache ich früh. Natürlich, der Sonnenaufgang lockt. Schnell in die Kleider gestiegen, Kamera und Stativ geschnappt und ab nach draussen. Obwohl es noch recht dunkel ist, bin ich ganz und gar nicht allein auf der Plattform neben dem Hotel. Zahlreiche andere Stativträger und -innen warten gespannt auf die Sonne. Getreu meinem Motto, zwischendurch etwas ruhiger zu treten, beschränke ich mich auch heute Morgen darauf, ein paar wenige attraktive MV-Ansichten heimzubringen.
Langsam wird es heller hinter den drei Buttes, doch es dauert noch eine geraume Weile, bis die Sonne auftaucht. Einmal mehr erlebe ich auf dieser Reise den Beginn eines wunderschönen Tages. Majestätisch erheben sich die dunkeln Felsriesen über das umliegende Land.
Auch heute verzichte ich auf ein Frühstück im Hotel. Statt dessen will ich bei gutem Morgenlicht den bekannten «Forrest-Gump»-Point aufsuchen. In Kürze ist mein Gepäck im Patriot verstaut, kurz darauf fahre ich bereits die Strasse zur grossen Kreuzung an der 163 hinunter. Meiner Meinung nach liegt der Viewpoint zwischen der Kreuzung und Kayenta, und ich habe ihn gestern nur nicht entdeckt, weil ich ja in der Gegenrichtung unterwegs gewesen bin. Also biege ich unten nach links ab. Ich fahre einige Minuten lang die schnurgerade Strasse entlang. Nach einer Weile führt sie direkt auf eine grosse Felsenkette zu. Auf einmal stoppe ich. Hier muss es sein. Der Blick nach vorn mit der Strasse und dem Felsmassiv. Ja! Nur komisch, dass sich an so einem bekannten Viewpoint keine anderen Fotografen aufhalten. Egal. Ich fotografiere während einigen Minuten, bin aber von der Ansicht etwas enttäuscht. Auf Fotos ist mir der Ausblick nach vorne interessanter vorgekommen. So sieht es hier aus:
Nun wende ich und fahre nach Nordosten. Wieder bei der grossen Kreuzung angelangt, biege ich nach links ab in der Hoffnung, einige Meilen weiter bei der Gouldings Lodge ein Restaurant zu finden, denn mittlerweile habe ich Hunger bekommen. Aber nirgends deutet etwas darauf hin, dass ein Breakfast angeboten würde. Ich mache eine Aufnahme von der Tankstelle, die sich samt Hintergrund gut als Drehort für ein Western-Movie eignen würde.
Dann fahre ich zur Kreuzung zurück und schlage die Richtung nach Mexican Hat ein. Vor mir liegen 230 Kilometer bis zum Adventure-Städtchen Moab. Allerdings ist mir bewusst, dass nun für längere Zeit kein Ort mit Frühstücksgelegenheit an der Strecke liegt. Sehr ärgerlich, findet mein Magen. Und ausgerechnet heute habe ich nichts Essbares ins Auto gepackt.
Dafür gibt es unterwegs bald eine grosse Überraschung: Nachdem ich bereits einige Meilen abgespult habe, stelle ich fest, dass sich um mich herum eine höchst bekannte Landschaftsszenerie aufgebaut hat. Und ja, diesmal befinde ich mich tatsächlich am «Forrest-Gump»-Point. Und hier bin ich auch nicht allein. Alle wollen das eine Bild schiessen.
Vielleicht so:
Oder so:
Nun hat es doch noch geklappt mit dem Wunschbild, wenn auch nicht ganz zur optimalen Zeit. Zufrieden fahre ich weiter. Ich hoffe auf eine Essensgelegenheit in Mexican Hat. Aber der winzige Ort am San Juan River verfügt über kein Restaurant, das Frühstück anbietet. Bleibt Bluff, denn in Blanding wäre ich wohl bereits verhungert. In Bluff liegt das Twin Rocks Cafe, das ich kenne und das Frühstück anbietet.
Schon lässt sich in der Ferne die Stadt ausmachen. Doch halt, was ist das? Kurz vor dem Ortseingang hat sich auf dem sonst so verkehrsarmen U.S. Highway 191 ein langer Stau gebildet, der offensichtlich bis in die Stadt hineinreicht. Keine Chance, daran vorbeizufahren, es gibt keine Seitenstrasse! Und das Twin Rocks Cafe liegt ausgerechnet am anderen Ende von Bluff. Ich denke an einen Unfall, warte, warte. Nur keine Unruhe zeigen, die Amis sind solche Vorbilder an Geduld beim Schlange stehen.
Eine endlose Weile später erfahre ich von einem Einheimischen, dass an diesem Samstag das Utah Navajo Fair and Rodeo stattfindet, ein grosses Volksfest mit Parade, die gerade jetzt abgehalten wird. Fassen wir uns also weiter in Geduld.
Nach einer gefühlten Ewigkeit geht es zwei Autolängen weiter, ein paar Minuten später wieder zwei. So kriecht mein Patriot im Schneckentempo durch die überfüllte Stadt. Immer wieder kann ich interessant und wunderschön gekleidete Indianer und Indianerinnen am Strassenrand beobachten. Dass sie den Verkehr behindern, stört sie nicht im Geringsten. Nach anderthalb Stunden erkenne ich endlich auf der linken Seite weit vor mir die beiden Felsentürme, welche dem Cafe den Namen gegeben haben. Noch einige Minuten, und ich biege in den Parkplatz ein. Das Cafe ist heute natürlich gut gefüllt, aber mir wird doch innert nützlicher Frist ein freier Platz draussen auf der Terrasse zugewiesen.
Es scheint mein unvermeidliches Schicksal zu sein, dass hier gerade heute Volunteers bedienen, welche wohl zum ersten Mal im Service stehen und von nichts eine Ahnung haben. Es ist zum Verzweifeln. Endlich – nachdem sich der Chef der Sache angenommen hat – kann ich bestellen. Er ist es auch, der in der Folge schaut, dass mein Essen wenigstens zügig gebracht wird. Allerdings ist aus meinem Frühstück längst ein Mittagessen geworden. So kräftig zugelangt habe ich bei einer Mahlzeit wohl schon lange nicht mehr, wie dies nun der Fall ist.
Die weitere Fahrt verläuft ohne zusätzliche Störungen. Ich liebe es, auf der 191 zu fahren. Immer wieder bieten sich interessante Ausblicke, auch nach vorn.
Am späten Nachmittag treffe ich in der Freizeitoase Moab ein. Das stattliche «Moab Valley Inn» liegt nahe beim Stadteinang auf der rechten Strassenseite. Hier werde ich die nächsten Nächte verbringen, denn nach zwei Verschiebungstagen ist wieder einmal Stationäres angesagt.
Zum Nachtessen habe ich mich telefonisch mit Sohn und Schwiegertochter im Peace Tree im Ortszentrum verabredet. Sie sind nach dem gemeinsamen Flug noch einige Tage in LV geblieben und erreichten vorgestern Moab über die I-70. Morgen werden sie die Gegend Richtung Monument Valley bereits verlassen. Wir haben uns beim Dinner natürlich viel zu erzählen und die Zeit vergeht im Nu.
Spät kehre ich zum «Moab Valley Inn» zurück. Ein Tag mit Licht und Schatten liegt hinter mir.
Für die fleissigen Mitleser: Der nächste Tagesbericht wird wieder mehr Bilder enthalten.