Freitag, 25.9.15: Dead Horse Point Overlook – Sand Flats Recreation Area
Mein letzter Moab-Tag ist angebrochen. Ein letztes Vorhaben gilt es heute noch zu verwirklichen: den Sonnenaufgang am Dead Horse Point Overlook zu erleben und fotografisch zu dokumentieren.
Ich verlasse die Stadt gegen fünf Uhr in der Früh. Da ich den etwas abgelegenen State Park länger nicht mehr besucht habe, weiss ich heute nicht genau, wie sich die Situation besuchermässig vor Ort darstellt. Deshalb fahre ich lieber frühzeitig los.
Gegen sechs Uhr erreiche ich den State Park Entrance. Natürlich ist das Häuschen noch unbesetzt. Deshalb schiebe ich die day-use fee von 10 $ in ein Couvert und stecke dieses in den dazu bestimmten Kasten. Wenige Minuten später erreiche ich den Parkplatz ganz vorne auf der Hochfläche. Ich bin etwas überrascht: Kaum ein anderer Besucher weit und breit! Mit der Zeit erscheint zwar noch der eine oder andere, insgesamt aber sind sie an einer Hand abzuzählen. Auch mal schön, kein Gerangel zum Sonnenaufgang! Bei der Plattform am Overlook stelle ich mein Stativ auf und geniesse in der Stille und mit einem atemberaubenden Ausblick den Anfang eines neuen Tages.
Bis zum Sonnenaufgang dauert es zwar noch eine Weile, aber wie gewohnt beginne ich schon früh zu fotografieren. Und in der Tat: Die schönsten Farben finden sich später auf den ersten Aufnahmen, bei denen sich die Sonne noch weit unter dem Horizont befindet.
Hier folgt nun eine weitere fotografische Dokumentierung eines unvergesslichen Sonnenaufganges :
Sunrise – 28 Min. Die erste Aufnahme
Sunrise – 18 Min. Der Farbton der Landschaft hat sich innert 10 Minuten gegenüber dem ersten Bild deutlich verändert.
Sunrise – 8 Min. Der Sonnenaufgang steht unmittelbar bevor; die Farbsättigung hat sich nun verringert.
Sunrise – 2 Min. Zur Abwechslung mal ein leicht verschobener Blickwinkel
Nominelle Zeit für den Sonnenaufgang beim Canyonlands NP ist 07.10 Uhr.
Sunrise + 4 Min. Jetzt werden erste Felsen im Hintergrund von der Sonne beschienen.
Sunrise + 14 Min. Nur langsam wandert die Schattenkante den Felswänden entlang nach unten.
Sunrise + 31 Min. Die ersten Felskuppen auf meiner Seite erstrahlen im Licht.
Sunrise + 42 Min. Grösserer Blickwinkel. Der beleuchtete Baum dient wunderschön als Blickfang.
Sunrise + 64 Min. Wieder mal ein etwas grösserer Zeitschritt. Mittlerweile wird bereits ein grosser Teil der Landschaft um die Coloradoschleife von der Sonne beschienen.
Sunrise + 89 Min. Die Bedingungen für das Fotografieren verschlechtern sich nun rapide durch das zunehmende Gegenlicht. Ich drücke ein letztes Mal auf den Auslöser.
Zufrieden packe ich meine Sachen zusammen und verlasse den Dead Horse Point State Park. Mit reicher Ausbeute fahre ich nach Moab zurück.
Auf dieser Reise kann ich – besser als auch schon – durchziehen, dass ich zu den Tagesrandzeiten unterwegs bin. Das bedeutet nebst optimalem Licht fürs Fotografieren, dass ich reichlich Mussestunden über die Mittagszeit geniessen kann. Und das ist keine schlechte Sache.
Der Nachmittag bringt Unerwartetes. Aber der Reihe nach: Nach dem Relaxen im und rund ums Hotel setze ich mich am späten Nachmittag in den Patriot. Ich will zum Abschluss meines Aufenthaltes noch einige Aufnahmen von Moab tätigen. Irgendwie bin ich in all den Jahren noch nie dazugekommen, einigermassen informative Bilder von der Stadt hinzukriegen.
Ich wende mich gegen Osten und finde nach einigen Fehlversuchen eine Strasse, die in die angrenzenden Berge hinaufführt. Von dort, so hoffe ich, bietet sich eine schöne Aussicht auf Moab. Eine Hinweistafel meldet, dass die Strasse zur Sand Flats Recreation Area führt. Aha. Da war ich bisher noch nie, habe aber schon einiges über die Area gelesen. Das Gebiet ist bekannt als Tummelplatz für Freizeitsportler mit zwei oder vier Rädern. Mal sehen, was da läuft. Durch die kommenden Erlebnisse vergesse ich dann meinen ursprünglichen Plan, Aufnahmen von Moab zu schiessen, total.
Ich kurve gerade die angenehme Panoramastrasse hinauf. Bei einer scharfen Rechtskurve entdecke ich links der Strasse eine Felsformation, die ich von Bildern aus dem Internet kenne und die mich fast vergessen lässt, dass ich am Steuer eines Autos sitze: der Lions Back.
An der nächsten Haltebucht stelle ich den Patriot ab und laufe bis zu einem Zaun, wo ich dem hohen Steinrücken nahe bin. Den berühmt-berüchtigten Felsen kenne ich auch aus Youtube-Videos. Während Jahren wurde er von Wagemutigen mit Gefährten aller Art befahren. Hinauf, oben wenden, hinunter. Krass! Vermutlich wegen zahlreicher Abstürze ist die Area heute geschlossen und der Höllenritt über den Löwenrücken nicht mehr möglich. Gib mal bei YT die Stichworte «Lions Back Utah» ein. Du wirst einige unterhaltsame und spannende Minuten erleben.
Jetzt ist meine Neugierde auf die Sand Flats erst recht erwacht. Zwei Meilen oberhalb der letzten Häuser von Moab gelange ich an die unbediente Sand Flats Entrance Station und entrichte die verlangte Fee von 5 $. Die Dirtroad führt nun etliche Meilen in die weite, interessante Fels- und Buschlandschaft hinein. Über allem thronen majestätisch die La Sal Mountains.
Links und rechts der Strasse erkenne ich im offenen Gelände einige belegte Campgrounds. Auf und neben den markanten Felsen sind Trails zu erkennen, mal für Zweiräder, mal für ATVs oder sonstige Fahrzeuge: Fins `N` Things 4x4 Trail, Slickrock Bike Trail, Hell`s Revenge 4x4 Trail und wie sie alle heissen. Gegenwärtig ist einiges los hier oben. Da muss ich doch etwas zuschauen.
Gerade befinde ich mich auf dem grossen Parkplatz zum Hell`s Revenge 4x4 Trail, wo ich die vom Trail zurückkehrenden Fahrzeuge aller Art beobachte.
Plötzlich stoppt ein Fahrer mit seinem Off-Road-Jeep direkt neben mir: «Hey, ich bin Steve. Lust auf ein Fährtchen über die Felsen?» – Mir bleibt vor Überraschung fast der Mund offen. – «Hey, ich bin Daniel. Ist das dein Ernst?» – «Natürlich. Steig ein.» Ich stelle zur Sicherheit noch einige Fragen zu seinen Fahrkünsten. Schnell erkenne ich jedoch, dass ich es mit einem durchaus verantwortungsbewussten Menschen zu tun habe. So nehme ich die überraschende Einladung an und steige in den Jeep. Das ist nun wirklich Neuland für mich.
Steve setzt sein gasbetriebenes Kraftpaket in Bewegung und wir klimmen den ersten Felsrücken hoch. Obwohl der Felsen rechts und links steil abfällt, ist meine Unsicherheit schnell verflogen, und ich kann die Fahrt wirklich geniessen. Der Jeep-Motor scheint Power ohne Ende zu haben.
Steve stammt aus Denver und verbringt mit seinem Gefährt einige Wochen hier in den Sand Flats von Moab. Er scheint viel Erfahrung mit solchen Trails zu besitzen. Unterwegs zeigt er mir, wozu sein Gefährt alles in der Lage ist. Langsam begreife ich, warum viele Amerikaner das Offroaden so lieben.
Auf dem Trail kommen uns hin und wieder Fahrzeug entgegen. Darunter sind auch grosse Hummer mit Fahrgästen, die eine Off-Road-Tour gebucht haben.
Wo der Trail durchführt, ist wegen der grauen Gummispuren auf den Felsen recht gut zu erkennen.
Immer wieder schalten wir Fotostopps ein, wie hier oben auf einem Felsrücken.
Von hier aus lässt sich auch die felsige Landschaft zwischen der Sand Flats Area und dem Colorado River gut überblicken.
Wieder einmal auf einem Steinrücken angelangt, bitte ich Steve, die Räder des Jeeps dem Fotografen zuliebe quer zu stellen. Erst zeigt er leichte Bedenken. Kein Wunder: Falls das Teil plötzlich zu rollen beginnt, findet er sich Augenblicke später in der Tiefe wieder. Aber schliesslich entspricht er meinem Wunsch. Der Mann hat Mut.
Viel zu schnell neigt sich der Ritt auf dem Hell`s Revenge Trail dem Ende entgegen. Schon sind vom letzten Rücken aus der Parkplatz und mein Patriot zu erkennen.
Unversehrt und total happy kommen wir unten an. Steve posiert noch für eine abschliessende Aufnahme.
Dann frage ich ihn, was ich ihm für die tolle Fahrt geben könne. Darauf lacht er nur, springt in den Jeep und braust schnell davon. – So ein netter Mensch! Der Colorado-Mann hat mir eine grosse Freude bereitet. Herzlichen Dank, Steve!
Langsam nähert sich der Sonnenuntergang und ich fahre nach Moab hinunter. Ein letztes Mal esse ich im Mandarin Szechuan. Mir ist wehmütig zumute. Auch nach sieben Nächten und vielen schönen Erlebnissen verlasse ich das Adventure-Städtchen nur ungerne. Wie immer. Und nie bin ich sicher, dass ich nochmals hierher komme.