Alpenüberquerung Garmisch - Brixen

  • Alpenüberquerung Garmisch - Brixen




    Als ich letztes Jahr Lust auf eine Hüttentour in den Alpen bekam, fiel mir glücklicherweise folgendes, gerade neu erschienenes Büchlein in die Hände:




    Andrea und Andreas Strauß: Garmisch - Brixen, Alpenüberquerung, 12 Etappen mit Varianten und Gipfeln am Weg, Bergverlag Rother GmbH, München, 2018.




    Die Autoren beschreiben darin eine Wanderroute über die Alpen, die in Garmisch-Partenkirchen in Bayern beginnt und in Brixen in Südtirol endet. Auch Alternativwege und Gipfelabstecher werden beschrieben. Ich habe diese Tour in 2 Etappenabsolviert. Letztes Jahr unterbrach ich wegen schlechten Wetters und dringenden Terminangelegenheiten in den Stubaier Alpen, dieses Jahr setzte ich genau da fort und ging dann bis nach Brixen. Ich fasse hier mal meine Eindrücke und Erfahrungen zusammen.




    Beginnen wir mit dem Wichtigsten, der Wegführung. Die ist ganz einfach nur großartig! Das Wettersteingebirge, die Mieminger Berge, die Stubaier Alpen und die Sarntaler Alpen werden durchwandert. Jeder Tag bringt neue, phantastische Eindrücke der Bergwelt, kein Tag ist langweilig.




    Die Wege sind durchweg gut gekennzeichnet und ein erfahrener, trittsicherer und schwindelfreier Bergwanderer sollte damit keinerlei Probleme haben. Gelegentlich gibt es einfache, kurze Klettersteigeinlagen oder z. T. recht steile Altschneefelder müssen gequert werden.




    Für die Berghütten ist die vorherige Reservierung leider eine absolute Notwendigkeit geworden. Ich habe das immer für die nächsten 2 bis 3 Übernachtungen getan. Mehr macht wegen der sich in den Bergen schnell ändernden Wetterlage meist nicht viel Sinn. Eine kleine Entschädigung dafür ist, dass die Hütten heute viel luxuriöser sind als früher. Es gibt viel mehr Betten anstelle von Matratzenlagern und warme Duschen sind heute eigentlich Standard. Eine Mitgliedschaft im Alpenverein spart 10 Euro pro Übernachtung und schon mit dieser Tour hat man den Jahresbeitrag wieder mehr als raus. Außerdem unterstützt man damit den Erhalt von Hütten und Wegen.




    Bei den Gehzeiten geben die Autoren nicht ihre eigenen Zeiten an, auch nicht die auf den Wegweisern aufgeführten, sondern berechnen diese nach einer Formel und halten fest (Seite 9): “Für die meisten Wanderer ergibt diese Berechnung einen guten Orientierungswert.” Dem möchte ich widersprechen. Ich habe nicht nur meine eigenen Zeiten gestoppt, sondern mich auch mit vielen anderen Wanderern unterhalten. Für die meisten sind die angegebenen Zeiten, insbesondere in den Stubaier und Sarntaler Alpen, zu kurz. Ich empfehle daher, sich an den auf den Wegweisern angegebenen Gehzeiten zu orientieren.




    Die Einteilung der Tagesetappen ist teilweise sehr ambitioniert. Für die Etappen 3, V 5.1, 7, 10 und 11 werden Gehzeiten von 7,5 bis 8,5 Stunden angegeben. Wohlgemerkt reine Gehzeit, ohne Pausen. Wenn man berücksichtigt, dass die meisten Wanderer etwa ein viertel länger brauchen, dann ergeben sich sehr lange Tagesetappen. Zu bedenken ist weiterhin, dass es in den Bergen am Nachmittag häufig zu Wärmegewittern kommt. Dann ist es schön, schon in der warmen, trockenen Hütte zu sitzen. Wer schon mal ein Gewitter mit Donner, Blitz, Hagel, Starkregen und Temperatursturz miterlebt hat, wird auf eine Wiederholung nicht gerade erpicht sein.




    Für drei Gruppen von Wanderern möchte ich daher eine andere Etappeneinteilung vorschlagen, nämlich für Genusswanderer, für die die Freude an der Natur im Vordergrund steht und nicht die sportliche Leistung, für Oldtimer, die merken, dass man trotz guter Wartung mit 60 Jahren nicht mehr so fit ist wie mit 30 Jahren und für Puristen, die Busfahrten im Tal (Etappen 5, 7 und 10) ablehnen und lieber auf Alternativrouten wandern. Ich gehöre allen drei Gruppen gleichzeitig an und so wurden für mich aus 12 Etappen mal eben 20. Na und? Ich habe diese Alpenüberquerung dafür aber an jedem einzelnen Tag genossen!




    1. Garmisch - Knorrhütte


    2. Knorrhütte - Coburger Hütte


    3. Coburger Hütte - Obsteig


    4. Obsteig - Rietz


    5. Rietz - Peter-Anich-Hütte


    6. Peter-Anich-Hütte - Zirmbachalm


    7. Zirmbachalm - Neue Pforzheimer Hütte


    8. Neue Pforzheimer Hütte - Alpengasthof Lüsens


    9. Alpengasthof Lüsens - Franz-Senn-Hütte


    10. Franz-Senn-Hütte - Ranalt (Gasthof Falbesoner)


    11. Ranalt (Gasthof Falbesoner) - Sulzenauhütte


    12. Sulzenauhütte - Mairspitze - Nürnberger Hütte


    13. Nürnberger Hütte - Bremer Hütte


    14. Bremer Hütte - Ital. Tribulaunhütte


    15. Ital. Tribulaunhütte - St. Anton


    16. St. Anton - Edelweißhütte - Rosskopfbahn Bergstation - Sterzing


    17. Sterzing - Penser Joch


    18. Penser Joch - Flaggerschartenhütte


    19. Flaggerschartenhütte - Radlseehütte


    20. Radlseehütte - Brixen




    Wenn man, so wie ich, die Wanderung allein und nicht in einer Gruppe macht, dann ist es leicht, Kontakte zu knüpfen. Auch dieses Mal wieder habe ich viele nette und interessante Menschen kennen gelernt. Das ist ein anderer, schöner Aspekt einer Weitwanderung, der häufig unerwähnt bleibt.


    Die Tier- und Pflanzenwelt der Alpen ist ebenfalls interessant. An Tag 13 habe ich ein Rudel Steinböcke gesehen, an Tag 14 ein Rudel Gemsen. Murmeltiere habe ich an vielen Tagen pfeifen gehört und / oder gesehen. Bunte Blumenwiesen sind auf dieser Alpenüberquerung eher selten zu sehen. Für Hobbybotaniker sind die Dolomiten das bessere Ziel.




    Fazit: Andrea und Andreas Strauß gebührt großer Dank, diese Alpenüberquerung ausgekundschaftet und publiziert zu haben. Ihren Wanderführer empfehle ich uneingeschränkt zum Kauf und zur (kritischen) Lektüre. Man sollte ihn als Grundlage für eine den eigenen Fähigkeiten, Interessen und Bedürfnissen angepasste Planung ansehen. Nach ca. 200 km und 12.000 Höhenmetern hat man etwas erlebt, woran man sich noch lange und sehr gerne erinnern wird!

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