Auch wenn es eigentlich keine grosse Reise gewesen ist, will ich doch ein paar Worte darüber schreiben.
Wie in meinem Bericht aus dem letzten Jahr erwähnt, hatten wir einen sehr konkreten Grund, uns jetzt im März wieder auf den langen Weg nach Argentinien zu machen.
Orcas gucken. Am Ende war dann aber einiges etwas anders als gedacht.
Aber der Reihe nach.
Einen grossen Teil Reiseplanung haben wir auch dieses Jahr wieder der freundlichen Agentur Argentina-Travels aus Leipzig überlassen - nachdem das beim letzten Mal schon so super war, sahen wir keinen Grund, das jetzt anders zu machen.
Geflogen sind wir mit British Airways - Iberia mag auf der Strecke zwar immer günstiger sein, aber wir wollten mal sehen, obs nicht auch etwas bequemer geht. Und BA hat eine neue Klasse "World Traveller Plus" eingerichtet, das ist Economy mit grösseren Sitzen. Der Flug von London nach Buenos Aires (mit Zwischenstopp in Sao Paulo) dauert 13 Stunden - da lohnt sich das auf jeden Fall. Das ist zwar immernoch kein Kuraufenthalt, aber man übersteht so eine lange Strecke etwas besser als in normaler Economy. Besonders wenn man so wie ich etwas längere Beine hat ...
Auf dieser Tour gab es nur zwei nennenswerte Stationen - La Ernestina/Punta Norte auf der Peninsula Valdes an der Atlantikküste und das Hotel Rio Hermoso im Siete-Lagos-Distrikt nördlich von Bariloche in den Bergen.
1. La Ernestina:
Hier gab es nur ein Ziel - die Orcas. In einer rein ergebnisorientierten Betrachtung war das ein Reinfall, die Tiere haben sich trotz idealer Rahmenbedingungen nicht gezeigt. Aber so ist das nun mal mit der Natur, sie macht einfach nicht, was sie soll und hält sich an keinen Zeitplan. Insgesamt waren wir knapp fünf Tage dort und trotz des Ausbleibens der Hauptdarsteller bereuen wir keine Minute davon.
Das Leben auf der Estancia folgt in der Saison sehr einfachen Regeln - um halb sieben gibts Frühstück und um sieben gehts los zum Ausguckspunkt, wo man dann darauf wartet, dass die Orcas kommen. Je nach Wetterlage gibts Mittagessen auf der Estancia (alternativ hat man seine Lunchbox dabei) und mit Sonnenuntergang ist die Wartezeit am Leuchtturm vorbei. Abendessen gegen acht/halb neun, ein bisschen Small-Talk mit den anderen Gästen und dann ab ins Bett für einen neuen Versuch am nächsten Tag.
Es gibt keine Ablenkung durch Fernsehen, Handy, Internet - im letzten Grunde ist man völlig aus der Welt herausgetreten. Und genau das macht den eigentlichen Reiz eines Aufenthalts dort aus - jedenfalls für uns. Es ist eine beinahe meditative Erfahrung, es bleibt einem gewissermassen nichts anderes übrig, als sich mit sich selbst zu beschäftigen. Wann hat man schon mal Zeit und Gelegenheit, mehrere Tage einfach nur da zu sitzen, nichts zu tun und den Gedanken freien Lauf zu lassen ?
Ich finde das sehr entspannend, kann mir aber gut vorstellen, dass viele Andere so etwas entsetzlich langweilig finden - was macht man, wenn man in sich geht und dort nichts Nennenswertes vorfindet?
Ausserdem haben wir ein paar ausgesprochen freundliche und interessante Menschen kennen gelernt. Sehr abseits aller touristischen Pfade gelegen zieht so ein Ort natürlich Leute an, die auch sonst ihre eigenen Wege gehen. Spannend war es, aufschlussreiche und den Horizont erweiternde Gespräche und obendrein viel Spass haben wir gehabt. Wenn alles klappt, treffen wir ein paar davon nächstes Jahr dort wieder.
Ein paar ergänzende Worte noch - das Ganze da ist keine touristische Spassveranstaltung, eigentlich ist es eher eine wissenschaftliche Expedition, bei der zahlende Gäste unter bestimmten Voraussetzungen willkommen sind. Andere Gäste auf der Estancia während der Saison sind internationale Filmteams (BBC, Discovery Channel, National Geographic sind regelmässige Besucher). Und die durchaus gesalzenen Übernachtungspreise dienen auch dem Unterhalt des Projekts. Betrieben wird die Forschung von Orca Research aus Neuseeland - die Leiterin des Projekts (Ingrid Visser - Bericht der ARD) war während unserer Zeit auch da und wir hatten viel Gelegenheit, um von ihr vielerlei Informationen rund um Orcas - aber auch Reisen in die Antarktis und dergleichen zu bekommen.
2. Rio Hermoso
Für den Transfer einmal quer durchs Land hatten wir uns für eine Busfahrt entschieden - fliegen würde auch gehen, alle Inlandsflüge gehen aber über Buenos Aires und wir hätten damit einen ganzen Tag verbraucht. Ausserdem ist es tatsächlich ziemlich billig so zu Reisen, so eine Fahrt kostet gerade mal EUR 50.
Die Busse fahren über Nacht, so dass man damit weniger Zeit verliert. Und sie sind ziemlich bequem - wie man hier sehen kann. Wir waren erst nicht ganz sicher, ob das wirklich eine gute Idee war, rückblickend kann ich aber berichten, dass so eine Fahrt eine sehr angenehme Art ist, um von A nach B zu kommen.
Ab Bariloche hatten wir dann wieder einen Mietwagen - 4x4 Pick-Up (ein Ford Ranger ists geworden) - wir wussten, dass die Strassen in der Gegend eher ungeteert sind und so ein Kleinlaster ist dann einfach bequemer. Nicht unbedingt notwendig - da sind alle möglichen Autos unterwegs und es ist erstaunlich, was z.B. ein Opel Corsa alles mitmacht. Aber Allrad, grosse Reifen und lange Federwege machen das Fahren deutlich entspannter.
Wir mussten dann aber feststellen, dass wir bei der Planung eine Kleinigkeit übersehen hatten - wir hatten überhaupt nicht bedacht, dass man auch einfach mal nichts machen kann, anstatt dauernd durch die Gegend zu düsen. In 5 Tagen 650 Kilometer mit einem Mietwagen - ein absoluter Negativrekord für mich, weniger bin ich noch nie gefahren.
Die Hauptschuld daran liegt eindeutig bei dem Hotel, das ist derartig schön dort, dass wir kaum Grund gesehen haben, es für Ausflüge zu verlassen.
Wir waren einmal in San Martin und ich habe eine Rundfahrt um ein paar der sieben Seen gemacht - das wars dann aber auch. Den Rest der Zeit haben wir den perfekten Service des Hotels genossen und es uns gut gehen lassen.
Die Gegend um Bariloche ist Bergland, je nach Blickwinkel habe ich die Schweiz, British Columbia oder Colorado wieder erkannt. Je nach Jahreszeit fährt man dort hin, um Ski zu fahren, zu wandern, zum Boot fahren oder was einem sonst so zum Thema Outdoor einfällt. Ausserdem haben wir gelernt, dass die argentinischen Schüler und Studenten zweimal im Jahr zu sowas ähnlichem wie Spring-Break in Bariloche einfallen. Gut zu wissen.
So verging auch der zweite Teil der Reise wie im Flug und viel zu früh mussten wir uns wieder auf den Heimweg machen.
Am vorletzten Tag zurück nach Buenos Aires und dann wieder mit British Airways nach Hause. Von Tür zu Tür hat die Rückreise 22 Stunden gebraucht - wenn man bedenkt, welche Strecke dabei zurückgelegt wird, gar nicht mal schlecht.
Ein paar Bilder habe ich hier zusammen gestellt: KLICK
Da wir ja nicht wirklich viel erlebt haben, sind es auch nur ein paar wenige geworden.
Aber wie das so ist - nach dem Ende kommt noch was.
Ein Nebenaspekt dieser Reise war auch so eine Art Generalprobe. Denn mit Argentinien war das für uns nur der Anfang. Wir werden sehr bald Europa hinter uns lassen und mal schauen, wie uns das Leben in Argentinien, genauer in Buenos Aires, bekommt.
Und "sehr bald" bedeutet, dass meine Frau bereits in der ersten Aprilwoche umziehen wird, ich bleibe noch ein paar Wochen in Irland, ich bin mit der wichtigen Aufgabe betraut, unser Hab und Gut sicher auf den Weg zu bringen und werde voraussichtlich im Juni folgen.
Wie kommts? Meine Frau hat ihren Arbeitgeber erfolgreich davon überzeugt, dass sie eine interne Versetzung in das Büro in Buenos Aires bekommen soll. Auf diese Weise kriegen wir sehr elegant einen solchen transkontinentalen Umzug organisiert und viel einfacher kann man sowas nicht haben. Alle Formalitäten - Visum, Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen und was man sonst noch so alles an Papierkram braucht - werden für uns erledigt und wir müssen uns um kaum mehr kümmern als alles zu unterschreiben, was man uns vorlegt.
Wenn ich dann auch da bin, werde ich meine Zeit erst einmal damit verbringen, ordentlich spanisch zu lernen, so dass ich dann irgendwann auch am öffentlichen Leben teilnehmen kann und vielleicht sogar eines Tages einen Job finden werde. Aber über solche Details mache ich mir erstmal keine Sorgen, wenn die Zeit reif ist, wird sich schon was finden.
Das heisst natürlich auch, dass meine Reisen in die USA erstmal beendet sind - da unten gibt es so viel zu sehen, so dass wir damit für eine Weile ausreichend beschäftigt sein werden.
Und so sehen wir voller Erwartungen einer neuen und aufregenden Zukunft entgegen. Wenn Interesse besteht, werde ich ab und zu darüber berichten, was wir da so erleben. Schliesslich heisst das Forum hier ja "Discover America" - und Buenos Aires ist nun mal eine der grössten Städte in Amerika
Danke fürs Gucken und Viele Grüsse
Björn