Bis zum Ende der Welt - Patagonien/Argentinien Februar 2010

  • es gibt hier ja schon einige Berichte von Reisen durch Argentinien/Patagonien - trotzdem will ich unseren nicht vorenthalten.
    Als begeisterter USA-Reisender muss ich nämlich gestehen, dass ich mit Argentinien etwas gefunden habe, dass die USA in vielen Punkten übertrifft.


    Unser Dank gilt Argentina Travels in Leipzig ( http://www.argentinatravels.de), ohne deren Hilfe hätten wir die Tour in dieser Form nicht realisieren können.
    Unsere Reise ging vom 31.01.10 bis zum 01.03.10 - wenn man schon mal so weit fliegt, sollte man die Zeit auch nutzen.
    Der Flug war mit Iberia über Madrid nach Buenos Aires (dazu fällt mir grad nur ein, dass uns wichtig war, so wenig wie möglich umzusteigen - das hat ja geklappt. Knapp 12 Stunden Flug am Stück sind aber trotzdem einfach nur unbequem lang).
    In Buenos Aires hatten wir erstmal nur den Nachmittag und Abend, der wegen akuter Müdigkeit sehr kurz ausfiel - am nächsten Morgen ging es mit Inlandflug direkt weiter nach Ushuaia. Ab hier beginnt dann die eigentliche Tour.
    Wir übernehmen unseren Mietwagen von Alamo/National, den wir in Trelew wieder abgeben werden. Gebucht war ein 4x4 mit 6000km frei und alles relevanten Versicherungen. Die Selbstbeteiligung bei Überschlag des Fahrzeugs liegt bei 12.000 argentinischen Pesos (etwas mehr als EUR 2000). Na gut, wenn wir die Kiste aufs Dach legen sollten, haben wir wahrscheinlich dringendere Sorgen, als nur die Selbstbeteiligung. Spannend aber, dass das ein eigener Punkt im Vertrag ist.
    Das Auto ist ein weisser Toyota Hilux PickUp in dem, was man wohl Basisausstattung nennt, 3-Liter Turbodiesel und ca. 70.000km auf der Uhr. Als der da so stand, hatte ich anfangs Zweifel, ob das so das richtige ist - rückblickend hätten wir kaum ein besseres Auto haben können. Am Ende werden wir mit diesem Auto 5200km gefahren haben, davon etwa die Hälfte auf Schotter, Sand, Steinen und sonstigem, was nicht geteerte Strasse ist. Der Toyota hat alles klaglos mitgemacht, was wir versucht haben und es wäre mit Sicherheit erheblich mehr möglich gewesen. Da ich mit Fahren off-road nicht viel Erfahrung habe, war in diesem Fall der Mensch hinterm Steuer mal wieder der begrenzende Faktor. Ich hatte im letzten Sommer in den USA einen Chevy Trailblazer, im Vergleich zum Toyota war der um Klassen schlechter - Ledersitze und Klimaautomatik im Chevy reissen es dann auch nicht mehr raus.
    Ich hatte mein Nüvi dabei, Karten gibt es offiziell von Garmin so weit ich weiss nicht, bei http://www.proyectomapear.com.ar kann man aber gutes Material runterladen. An sich braucht man natürlich kein Navi, weil die Entscheidung zwischen den Strassen normalerweise nicht sehr kompliziert ist - es gibt meistens nur eine - für die paar Städte, durch die wir gekommen sind, war es aber ganz hilfreich. Einige von den Unterkünften haben wir so ohne viel Drama gefunden, ebenso war das Verzeichnis mit den Tankstellen recht brauchbar.
    Folgende Orte haben wir dann in den nächsten ca. drei Wochen besucht: Punta Arenas, Torres del Paine National Park, El Calafate (mit Perito Moreno Gletscher), Chalten (mit Fitz Roy), Lago Posadas, Sarmiento (wegen des Bosque Petrificado), Bahia Bustamante, Gaiman und Punta Norte auf der Peninsula Valdes. Die Tour endet in Trelew, von da fliegen wir über Buenos Aires nach Salta. Dort haben wir nochmal vier Tage Zeit für eine kleine Rundfahrt. Am Ende stehen zwei Tage zum Abschluss in Buenos Aires, bevor es wieder zurück nach Hause geht / gehen muss.


    Ich will jetzt gar nicht jeden einzelnen Ort besprechen, das würde diesen Post noch länger machen als er ohnehin schon ist, einige allgemeine Bemerkungen sowie ein paar Highlights sollen genügen.


    Drei Orte möchte ich nennen - diejenigen, die uns am meisten berührt haben.
    Der erste ist Bahia Bustamante. Der Ort liegt sehr abseits an der Küste und ist vor ca. 50 Jahren ursprünglich als eine Art Fabrikdorf gegründet worden, weil in der Bucht Seetang für die industrielle Verarbeitung geerntet wurde. In kleinem Umfang wird das immer noch gemacht, der grösste Teil des Ortes ist aber eigentlich eine Geisterstadt. Einige Häuser direkt am Strand sind renoviert und für Touristen bewohnbar gemacht worden - sehr einfach aber mit viel Geschmack und Liebe zum Detail. Ausserdem gibt es zwei öffentliche Räume, sozusagen Wohn- und Esszimmer. Verpflegung ist Vollpension (gibt ja auch sonst nichts in der Gegend), die Küche ist hervorragend, es gibt regelmässig Speisen, die mit Seetang zubereitet werden (sogar Kuchen!!), sehr lecker.
    Telefon, Internet, Fernsehen - alles Fehlanzeige. Auch Strom gibt es nur zwischen 18 und 23 Uhr. Es werden tägliche Touren angeboten, direkt nebenan ist ein Naturschutzgebiet, durch das man entweder mit Land Rover oder im Boot gefahren wird. Die Guides haben viel Erfahrung und können jede Menge zeigen und erklären. Man kann aber auch einfach nichts tun, vor seiner Hütte sitzen und aufs Meer gucken.
    Die ganze Atmosphäre dort ist so angenehm und ruhig, dass wir innerhalb weniger Stunden einen Zustand der Tiefentspannung erreicht haben, für den man sonst viele Tage Urlaub benötigt. Unglaublich schön.
    Highlight Nummer 2 liegt am Punta Norte auf der Peninsula Valdes. Wir hatten diesen Ort ausgesucht, weil wir wussten, dass wir in etwa rechtzeitig für die Zeit dort sein würden, in der die Orcas auf Jagd nach jungen Seelöwen sind. Falls das niemand kennt, dort ist der einzige Ort auf der Welt, wo die Orcas gelernt haben, sich quasi auf den Strand zu werfen und die Seelöwen dort zu erwischen. Aktuell gibt es wohl nur acht Tiere, die diese Technik beherrschen.
    Als wird dort ankamen, wurde uns sehr schnell klar, wie privilegiert wir waren. Die Strände, an denen die Orcas jagen, sind in Privatbesitz und ausschliesslich Gäste der Estancia haben Zugang dazu. Alle anderen "normalen" Touristen können nur an einen Aussichtspunkt an der Rangerstation, mehr nicht. Ums kurz zu machen, wir waren etwa zwei Wochen zu früh für die Jagdsaison, die Seelöwen waren noch nicht gross genug und hatten noch nicht begonnen, ins Wasser zu gehen. Orcas haben wir trotzdem kurz gesehen, pünktlich zu unserem Besuch sind sie zu einer ersten Erkundungsmission erschienen. Dieser kurze Moment - es hat kaum mehr als ein paar Minuten gedauert, in denen die Tiere an der Uferlinie entlang geschwommen sind - hat uns genügt, um bereits jetzt zu entscheiden, unseren Urlaub nächstes Jahr darauf zu verwenden, die Jagdsaison voll mitzuerleben.
    Als letztes dann Lago Posadas. Auf dem Weg dorthin war uns nicht so recht klar, warum genau wir da jetzt hinfahren. Wir wussten nur, dass dort ein Bett auf uns wartet - immerhin schon mal was. Aber keiner der Reiseführer, die wir so gelesen hatten, hatte viel zu diesem Ort zu sagen. Wir kamen von Süden, hatten also schon mal fast 400km einsame Schotterpiste auf der Ruta 40 hinter uns. In einem Minidorf, das eigentlich nur eine Tankstelle mit ein paar Häusern ist, biegt man nach Westen ab und fährt nochmal 80km auf die Berge zu. Am Ende der Piste liegt dann Lago Posadas. Unser erster Eindruck war, dass wir in einer neu gebauten Geisterstadt angekommen waren, viele neue Häuser, zwei (!!) Polizeistationen, ein kleines Krankenhaus, ein Hotel, ein hübscher Dorfplatz und sogar eine Touristeninformation - nur kaum Menschen und schon mal gar keine Touristen. Ausser uns. Immer noch etwas ratlos fragen wir zum Glück am nächsten Morgen beim Frühstück, wie man denn zu den Seen kommt (die irgendwo sein sollten, von denen wir bis dahin noch nichts gesehen hatten). Und gut das wir gefragt haben, ansonsten wäre uns glatt eine atemberaubende Landschaft durch die Lappen gegangen.
    Man kann sich das in etwa so vorstellen wie das Death Valley als da noch Wasser drin war. Es sind zwei Seen, einer türkis, einer tiefblau, beide nur durch eine schmale Landzunge voneinander getrennt. Die Landschaft aussenrum erstrahlt in den unglaublichsten Farben - daher mein Vergleich zum Death Valley, insbesondere zu der Artists Palette. Nur eben ein paar Nummern grösser, die Artists Palette so, dass man mehrere Stunden drin herumfahren und -laufen kann. Wir hatten bestes Wetter und konnten gar nicht genug kriegen von den Formen und Farben.
    Am Ende hatten wir einen wunderbaren Tag dort.


    Die paar Tage rund um Salta sind nicht ganz so verlaufen, wie gedacht - das lag zum einen an unseren (nicht ganz passenden) Erwartungen und zum anderen schlicht am Wetter.
    Wir waren von den Bildern, die wir vorher gesehen haben, ein bisschen auf so etwas wie auf Wüste, Canyons und bunte Steine eingestellt, die direkte Umgebung von Salta ist aber eher Regenwald. Das mit der Wüste ist aber schon richtig, nur muss man dafür ein bisschen weiter und höher in die Berge fahren, dann stimmt das auch. Man kommt dann in Gebiete, die JEDEN Nationalpark in den USA in Formen und Farben in die Tasche stecken. Eine solche Vielfalt und Intensität an Farben habe ich noch nicht gesehen.
    Leider hatten wir recht unfreundliches Wetter, es hat viel geregnet und war bewölkt - das hat das Farbenspiel deutlich beeinträchtigt. Bei Sonne wäre das nochmal eine ganz andere Nummer geworden, aber es war auch so schön. Wegen des Wetters mussten wir unsere Tour auch etwas abkürzen. Eigentlich wollten wir bis Iruya kommen, die Fahrt dorthin geht aber durch ein normalerweise trockenes Flussbett, das bei Regen aber nicht mehr ganz so trocken ist.


    Ein paar mehr allgemeine Sachen noch:
    Das Land ist riesig und es ist unglaublich leer. Da muss man sich als Mitteleuropäer erstmal dran gewöhnen, dass da tatsächlich niemand ist. Das birgt auch Gefahren, wenn man irgendwo liegen bleibt, wo bestenfalls einmal am Tag einer vorbei kommt - aber dafür hatten wir ja den Toyota, der geht einfach nicht kaputt.
    Die Hauptverkehrswege sind of nur ungeteerte Strassen, je nach Zustand kann man einen Schnitt von 60 bis 80 fahren. Mit der notwendigen Vorsicht vor allem wegen der Guanacos. Die stehen gerne mal doof auf der Strasse rum. Den Instruktionen des Autovermieters folgend sollte man nur bei den Guanacos versuchen, irgendwie auszuweichen - über alles andere (Hasen, Füchse usw.) fährt man drüber, weil der Versuch auszuweichen, meistens gefährlicher ist (siehe Selbstbeteiligung bei Überschlag). Zum Glück kam ich nie in die Verlegenheit, eine solche Entscheidung treffen zu müssen.
    An das Fahren auf den Pisten gewöhnt man sich schnell und irgendwann geht einem das Geratter auch nicht mehr auf die Nerven. Spannend wirds nur bei Regen. Das ist dann eine regelrechte Schlammschlacht und man fährt ein bisschen wie auf Seife - erstaunlich, in wie viele Richtungen so ein Auto gleichzeitig fahren kann ...


    Die Menschen sind wahnsinnig nett und freundlich - und es ist nicht diese "wir sind nett zu Touristen" Freundlichkeit, sondern die sind einfach so. Bis auf die Polizisten an den regelmässigen und völlig sinnlosen Strassenkontrollen - die sind etwas lästig. Und auch ein bisschen doof (wenn ich das mal so ehrlich sagen darf ...)
    Das Essen ist von einer Qualität, die ich so noch nicht erlebt habe. Wir sind inzwischen der Ansicht, dass es in Argentinien per Gesetz verboten ist, schlechtes Essen zu servieren. Es war uns nicht möglich, auch nur einmal eine schlechte oder wenigstens mittelmässige Mahlzeit zu bekommen. Selbst an eher schrubbeligen Orten war das, was aus der Küche kam, immer noch ausgezeichnet. Besondere Erwähnung muss natürlich das Fleisch finden, der gute Ruf ist berechtigt und das Vorurteil stimmt, die Steaks dort sind um Klassen besser als an jedem anderen Ort der Welt. Aber auch Pizza und Pasta sind exzellent (manchmal ist ein bisschen arg viel Käse auf den Pizzen) und das Eis in Buenos Aires ist ebenfalls eine Klasse für sich.
    Kurz gesagt, wer eine Diät macht und will, dass die Hosen auch nach dem Urlaub noch passen, sollte Argentinien weiträumig meiden.
    Kleine Anekdote am Rande - Inlandflüge machen da fast schon richtig Spass. Nix mit Schuhe ausziehen oder sich sonstwie entblössen, man darf sogar sein eigenes Wasser mit an Bord nehmen. Diese ganze Passagierbelästigung im Namen der Sicherheit, die wir inzwischen klaglos über uns ergehen lassen, findet dort kaum statt. Und Koffer werden zwar gewogen, aber was immer auf der Waage angezeigt wird, hat anscheinend keine Konsequenzen. Wir hatten jeweils 15 Kilo frei - mein Koffer kam einmal auf fast 25 Kilo. Völlig unbeeindruckt hat der bei der Annahme da den Sticker drangeklebt und den Koffer aufs Band gerollt. Als Ryanairgeschädigter hatte ich fast Tränen in den Augen ...


    Fazit?
    Das war wohl die beste Reise, den wir bisher gemacht haben und jede zukünftige Reise wird sich daran messen lassen müssen und wird es sehr schwer haben. Es gab keinen einzigen Tag, der nicht sein besonderes Highlight hatte - und wenn es "nur" das Abendessen war. Meistens waren es aber grandiose Landschaften, Gletscher, Tiere oder auch die Erfahrung von unendlicher Weite und Grösse bei der Fahrt durch Patagonien.
    Ursprünglich war für 2011 eine grössere USA Tour auf dem Plan, das haben wir jetzt bereits zugunsten von Argentinien gestrichen. Primär werden wir dann wegen der Orcas reisen, aber wenn man schon mal in der Gegend ist, werden wir mit Sicherheit noch einige andere Ziele ansteuern.


    Ach so - das Ende der Welt haben wir im Tierra del Fuego National Park bei Ushuaia erreicht. Ist viel weniger spektakulär, als man sich das Ende der Welt so vorstellt :MG:


    Zum Schluss noch eine kleine slideshow:
    http://picasaweb.google.com/10…OS28Xg8QE&feat=directlink


    Danke fürs Lesen
    littlenick

  • Zitat

    Original von littlenick
    Folgende Orte haben wir dann in den nächsten ca. drei Wochen besucht: Punta Arenas, Torres del Paine National Park, El Calafate (mit Perito Moreno Gletscher), Chalten (mit Fitz Roy),
    Danke fürs Lesen
    littlenick


    Schade das Du nichts über die oben genannten Orte schreibst. Wir waren im Feb.09 dort und ich hätte gerne Deine Meinung und Erlebnisse erfahren --- auch über Buenos Aires.


    Doe Orcas hätte ich auch gerne mal in Natura gesehen. Ansonsten scheint es ein toller Urlaub gewesen zu sein. Patagonien hat uns auch super gefallen :clab:


    Gruß
    Volker

  • Hallo littlenick,


    ich freu mich für dich, dass du das erleben durftest. Irgendwann will ich mir das südliche Patagonien wieder einmal geben. Diese Weite und die faszinierenden Landschaften machen süchtig - und natürlich auch das Essen (wenn man Steaks mag).
    Auch der Nordwesten Argentiniens (und der Norden von Chile) sind auf jeden Fall eine Reise wert. Ich glaube, dass diese Region nicht sehr bekannt sein dürfte. Wer weiß, wofür das gut ist. :D


    Zitat

    Original von littlenick
    ... Man kommt dann in Gebiete, die JEDEN Nationalpark in den USA in Formen und Farben in die Tasche stecken. Eine solche Vielfalt und Intensität an Farben habe ich noch nicht gesehen.


    Nicht umsonst ist die Quebrada de Humahuaca [hier: Paleta del Pintor] Weltnaturerbe.


    Ach ja: ich habe vor 3 Jahren auch im La Comarca in Purmamarca genächtigt.


    Zitat

    Original von WeiZen
    ... Könnte schwach werden.


    Hab ich schon hinter mir. :pfeiff:

  • es freut mich, dass der Bericht so gut ankommt - dann will ich doch noch mal ein paar Dinge ergänzen - wobei, ich habe den Eindruck, dass ich jetzt schon zu viel geschrieben habe. Es scheint ja, dass viele sich hier extra frei nehmen müssen, um das zu lesen ;)


    Zu Buenos Aires kann ich wenig sagen - wir hatten ja letztendlich nur sehr wenig Zeit dort. Die Tage am Ende waren ja schon mehr Vorbereitung auf den Rückflug und wir waren so voll mit den Erlebnissen von den Wochen davor, dass die Stadt selber keinen nachhaltigen Eindruck mehr hinterlassen hat. Wir waren aber auch ein bisschen faul und haben uns nicht so sehr um die Frage geschert, was man nu noch alles sehen muss. Deswegen sind wir mehr so herumgestreunt und haben uns das angesehen, was halt grad da war. Der Friedhof z.B. war eher Zufall, dass wir den gefunden haben - den hatten wir gar nicht auf dem Plan. Ein grossartigen Buchladen haben wir auch entdeckt, der war schon einmalig - guckst du hier: http://en.wikipedia.org/wiki/El_Ateneo
    Ich denke mal, für so eine grosse Stadt muss man sich deutlich mehr Zeit nehmen - und ich persönlich will eigentlich nicht so weit fliegen, um eine europäisch geprägte Riesenstadt zu besuchen, das kann ich auch zuhause haben. Das mag anders sein, wenn man jemanden dort kennt, der einen hinter die Kulissen bringen kann oder auch wenn man sich sehr für Tango interessiert.


    Die drei Orte, die ich da beschrieben habe, waren mit Bedacht gewählt, weil etwa Lago Posadas oder Bahia Bustamante aus meiner Sicht noch eher Geheimtippstatus haben. Und weil wir es dort aussergewöhnlich schön fanden. Was nicht heissen soll, dass es an den anderen Orten nicht schön war - nur z.B. der Perito Moreno Gletscher ist für Argentinien so etwas wie der Dom für Köln. Pflichttermin gewissermassen.


    Ok, dann doch noch ein paar Eindrücke zu anderen Orten:
    El Calafate war aus unserer Sicht der touristisch am besten erschlossene Ort, alles da, was das Herz des Reisenden begehrt. Hauptattraktion ist natürlich der Gletscher und es gibt jede Menge Angebote dafür. Wir hatten allerdings etwas seltsames Wetter an dem Tag unseres Besuchs. In Calafate war strahlender Sonnenschein mit dem für Patagonien typischen starken Wind, der einem die Haare vom Kopf weht. Ziemlich genau mit Erreichen des Parks ändert sich das zu Windstille und dafür leichter Regen - zum Glück hatten wir die regenfeste Kleidung immer griffbereit im Auto, ansonsten wäre das ein kurzer Besuch am Gletscher geworden. Letztendlich war ich über den Regen gar nicht so unglücklich - das Fotografieren war zwar etwas komplizierter, weil ich die Kamera irgendwie trocken halten musste, aber ansonsten war das ganz gut. Denn die blauen Farben, die ich da auf den Bildern habe, kommt nur bei diesem Wetter raus.
    Auf dem Weg zurück wechselt das Wetter ziemlich genau auf der Nationalparkgrenze von Regen auf Sonne. Sehr seltsam.


    Chalten ist ein bisschen ein "freak of nature". Gegründet vor 20 oder 25 Jahren, um den Chilenen in irgendwelchen Grenzstreitigkeiten eins auszuwischen. Und so richtig fertig ist der Ort immer noch nicht. Laut Lonely Planet gibt es noch nicht mal einen Geldautomaten - die Info ist überholt, es gibt einen. Als wir da Geld abheben wollten, war er allerdings out of order - insofern hatte Lonely Planet dann doch recht. Man sollte immer genügend Bargeld dabei haben.
    Grandios gelegen unterhalb des Fitz Roy ist es Basissation für alle möglichen Touren ins Gebirge. Beim Fitz Roy habe ich auch zum ersten Mal verstanden, warum man das Bedürfnis haben kann, auf einen Berg zu klettern. Bisher war mir nie klar, warum Menschen auf so eine Idee kommen können - am Fitz Roy habe ich das endlich begriffen. Der ist einfach so schön, da muss man rauf !!
    Niedlich fand ich die abendliche Karawane der Wanderer, die aus dem Park ins Dorf geströmt ist - und wenn man erstmal drauf achtet, man kann anhand der Kleidung mit ziemlicher Sicherheit sagen, wo die Leute jeweils herkommen. Denn bis auf die low-budget hitchhiker waren fast alle anderen vor der Reise in ihrem örtlichen Outdoorladen und haben sich da mit den richtigen Markenklamotten (man könnte auch sagen "Wanderuniform") versorgt. Vor allem die Gruppenreisenden.


    Am Torres del Paine war unsere Unterkunft schon mal etwas speziell. Die Hosteria hat zwar einen grossartigen Blick auf die Berge, liegt aber doch reichlich abseits. Bei der ersten Fahrt dorthin hatten wir auch durchaus Zweifel, ob wir da noch auf dem richtigen Weg waren - besonders als wir nach einer halben Stunde Fahrt durchs Niemandsland an einer verfallenen Brücke standen und statt über die Brücke durch einen Bach fahren sollten. Andere Länder, andere Sitten.
    Ich fand den Park recht gross und man muss doch immer relativ weit fahren, um zu den jeweiligen interessanten Punkten zu kommen. Eine gute Vorbereitung ist da wichtig (und genug Sprit im Tank) - so mal eben irgendwo vorbei fahren ist da nix.


    Punta Arenas war eigentlich nur Etappenziel auf dem Weg zwischen Feuerland und dem Torres del Paine - war ein schöner Nachmittag/Abend dort und wir konnten unsere Vorräte an Essbarem für tagsüber auch wieder auffüllen. Das meiste, das wir vorher hatten, war von der chilenischen Grenzpolizei einkassiert worden. Äpfel dürfen die Grenze nicht passieren!! Immerhin das Wasser haben sie uns gelassen.
    In der Nähe haben wir auch die erste Pinguinkolonie auf dieser Reise besucht, lustige kleine Gesellen - nur überhaupt kein Sinn für Hygiene (da riecht es etwas streng) und sie sind reichlich laut. Diese Pinguinart heisst auf englisch nicht umsonst jackass-penguin.


    Ich hatte vorher so vom Essen geschwärmt - mir ist grad aufgefallen, eine Einschränkung muss ich machen. Das Frühstück. Ich verstehe, dass die Ressourcen an vielen Orten begrenzt sind, insofern beklage ich mich da auch nicht. Trotzdem hätte ich gerne mal was anderes als Toast, Marmelade, Nescafe und Orangensaftersatz gehabt. Immerhin war die Marmelade oft hausgemacht - also superlecker - und zum Glück mag ich auch Dulce de Leche, aber trotzdem. Das Rührei in Buenos Aires war dann schon eine kleine Erlösung.


    Das ist ja doch noch wieder ein ordentlicher Absatz geworden - ab jetzt fasse ich mich kürzer. Vielleicht =)


    Danke nochmal
    littlenick

  • Vielen Dank für Deinen Bericht. Wir haben Chile / Argentinien 2008 bereist, es hat Spaß gemacht, mit Deinem Bericht Erinnerungen aufzufrischen.


    Wir sind damals nur bis El Chalten gekommen, insofern kenne ich Lago Posadas nicht. Ich finde Deine Bilder hierzu gut, aber die totale Begeisterung aus dem Text kann ich nicht so richtig nachvollziehen. Lohnt sich der Weg bis dort wirklich? Hast Du noch weitere Bilder?

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